Berechnungsgrundlage für die Befreiung

barcardi @, Sonntag, 04.02.2007 (vor 6314 Tagen)

Hi Leute,

ich studiere in Magdeburg und bin auch von der Zweitwohnungssteuer betroffen. Nachdem ich einen Bescheid erhalten hab, habe ich die Befreiung wegen besonderer Härte beantragt (Ist in einem kommunalen Gesetz geregelt das die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft werden muss).

Die Stadt hat daraufhin eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben, sowie die Kontoauszüge der letzten 3 Monate gefordert.

Dabei ist mir aufgefallen, das dass Bafög (50% ist ein Darlehen und somit eine Verbindlichkeit) und auch Studienkredite als Einnahmen bzw. Einkommen berechnet werden und auch dann, wenn sich das Privatvermögen kontinuierlich verringert die Stadt eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit feststellt.
Nach Konsultation eines Steuerberaters ist es aber nicht zulässig Kredit- oder Darlehensauszahlungen als Einnahme in die Berechnung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit einzubeziehen. Schließlich sagt der Zahlungsmittelbestand alleine nichts über das Vernögen aus und das Geld muss ja wieder zurückgezahlt werden. Die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei Banken und Finanzamt berücksichtigt das schließlich auch und nach Einkommenssteuergesetz ist das auch kein Einkommen. Damit hätte ich entgegen der Berechnung der Stadt Magdeburg einen monatlichen Fehlbetrag und wohl fast jeder Bafög-Empfänger auch und müsste damit quasi befreit werden.

Hat irgendjemand hier schon mal ähnlich argumentiert>

Muss sich die Stadt bei der Berechnung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an die Einkünfte gemäß Einkommenssteuergesetz halten oder dürfen die sich was eigens ausdenken auch wenn es sinnfrei ist>

Berechnungsgrundlage für die Befreiung

Christian @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ barcardi

Hallo,

1. Wer eine Zweitwohnung innehat, ist per Definition wirtschaftlich leistungsfähig. Da braucht die Stadt Magdeburg sich eigentlich gar keine Mühe machen. Warum das so ist, bitte im Forum nachlesen.
2. Die Zweitwohnungsteuer ist eine Aufwandsteuer und hat mit dem „Vermögen und Einkommen“ nur am Rande und mit der einkommenstuer überhaupt nichts zu tun. Das sollte ein Steuerberater eigentlich wissen. Oder empfiehlt er Dir auch, die Befreiung von der Mehrwert-, Mineralölstuer usw. zu beantragen>
3. Die Idee mit der Befreiung ist nicht originell. Argumentiert und geklagt haben schon viele so - und immer verloren. Warum> Siehe 1.
4. Empfehlung: Widerspruch einlegen (wenn es nicht schon zu spät ist) wegen Rechtswidrigkeit der Satzung, abwarten bis Widerspruch abgelehnt, dann klagen.
5. Ansonsten und/odr bis zu einer Klage: Ratenzahlung (z.B. monatlich 8% des geforderten Betrages) anbieten und in Raten zahlen. Ändert zwar nicht viel, beschäftigt aber die Stadtverwaltung, die anscheinend nicht ausgelastet ist und kann später vor Gericht helfen.
6. Weitere Empfehlung: Bevor es zur Klage kommt, prüfen, ob der Meldestatus stimmt.
7. Eine Satzung ist nie sinnfrei - allenfalls rechtswidrig.:-P

Noch Fragen

Berechnungsgrundlage für die Befreiung

barcardi @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ Christian

@Christian

Danke für deine Antwort, allerdings ist die Antwort auf meine Frage nicht dabei. Der Punkt in diesem Fall ist folgendes:

Die Stadt Magdeburg prüft die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufgrund des § 13a Kommunalabgabengesetz LSA und hat dafür bestimmte Kriterien festgelegt. D.h. wenn man einen bestimmten Prozentsatz des Zweitwohnungssteuerbetrags jeden Monat als Überschuss hat, dann ist man wirtschaftlich leistungsfähig, ansonsten bedeutet die Zahlung eine besondere Härte bzw. ist unbillig. Wobei die Stadt Magdeburg argumentiert, das nur eine Stundung in Betracht kommt, weil damit zu rechnen ist, das nach dem Studium sich die Finanzsituation verbessert. (Was bei 20% Arbeitslosigkeit auch sehr plausibel klingt:-D )

Was ich mich frage ist wenn die Stadt Magdeburg schon in einer Einnahmen/Ausgabenrechnung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit prüft, kann die Stadt dann die Methodik frei wählen und Begriffe wie Einnahme/Ausgabe neu definieren>>> Schließlich sind diese Begriffe im Rechnungswesen definiert.

Wenn man mal jetzt meinen konkreten Fall nimmt. Ich arbeite nebenbei verdiene 400€ und gebe 500€ aus. Habe also einen Fehlbetrag von 100€. Den decke ich durch einen Studienkredit. Zusätzlich lasse ich mir mehr als die 100€ als Kredit auszahlen um den entstandenen Dispo auf meinem Konto umzuschulden (ist einfach billliger).

Die Stadt Magdeburg rechnet jetzt folgendermaßen. Einnahmen aus Arbeit + Kreditauszahlungen abzüglich der Ausgaben ohne Tilgung des Dispos. Damit ergibt sich logischerweise ein imenser Überschuss auch wenn mir das Geld nicht zur Verfügung steht.

Der Steuerberater meinte dazu, das a) die Tilgung des Dispos als AUsgabe mindestens zu berücksichtigen sei und b) eine Kreditauszahlung keine Einnahme, weder im Rechnungswesen noch nach Einkommenssteuergesetz darstelle. Auch wenn das Einkommenssteuergesetz nicht greift, so gibt es doch eine Definition der Einnahme, nänlich das diese zu einer Mehrung des Geldvermögens führt. Bei einem Kredit entsteht eine Auszahlung von z.B. 1000€ und eine Verbindlichleit von 1000€ womit das Geldvermögen 0 ist.
Das müsste laut Steuerberater bei der Berechnung durch die Stadt berücksichtigt werden.
Insbesondere ist von einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht auszugehen, weil sich ja mein Geldvermögen jeden Monat verringert (bzw. die Schulden steigen). Das gleiche gilt für Bafög-Empfänger weil die hälfte ein Darlehen ist.
Würde das Finanzamt so rechnen, dann müsste man beim Ratenkauf eines Autos die doppelte Einkommenssteuer zahlen.

Meine Frage ist ganz einfach, darf die Stadt Magdeburg selbst entscheiden wie sie was in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit einbezieht und muss sich die Stadt nicht an irgendwelche Vorgaben halten (wie z.B. Definitionen von Einnahmen und Ausgaben)>

Berechnungsgrundlage für die Befreiung

Christian @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ barcardi

Hallo,

» Danke für deine Antwort, allerdings ist die Antwort auf meine Frage nicht dabei.

Das betrübt mich. Mit dem Hinweis auf die Aufwandsteuer und dass wir uns nicht im Einkommensteuerrecht bewegen, hatte ich eigentlich alles gesagt, was es diesbezüglich zu sagen gibt. Aber es geht natürlich ausführlicher.

Deine konkrete Frage:
» …, darf die Stadt Magdeburg selbst entscheiden
» wie sie was in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit einbezieht und
» muss sich die Stadt nicht an irgendwelche Vorgaben halten (wie z.B.
» Definitionen von Einnahmen und Ausgaben)>

Die Frage ist ziemlich einfach zu beantworten: Sie stellt sich nicht.

Eine Stadt, die auf der Grundlage einer Satzung, die sich nicht an höchstrichterliche Vorgaben hält, eine Steuer erhebt, muss sich beim Vollzug derselben auch an nichts halten, was Recht, Vernunft, Moral usw. eigentlich gebieten. Sie nimmt sich ganz einfach die Freiheit, ihre Maßstäbe selbst zu stricken, wenn sie in § 9 als Billigkeitsmaßnahme schon großzügig (> und völlig überflüssig festlegt, dass „nach Lage des Einzelfalles“ „die für einen bestimmten Zeitraum geschuldete Steuer ganz oder teilweise erlassen“ werden kann. Da kann ein Steuerberater meinen, was er will. Der Stadt geht das am A… vorbei, denn sie ist der (Orts-)Gesetzgeber und bestimmt, wo's längs geht. Darf sie zwar nicht willkürklich, tut sie aber trotzdem.

Und was „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ im Zusammenhang mit einer Aufwandsteuer bedeutet, hat mit dem, was „die Stadt“, wie Magdeburg sich selbst nennt, da mit ihrer „Billigkeitsmaßnahmen“ veranstaltet, auch nichts zu tun.

Überdenke einfach mal folgende beiden Sätze:
Der Aufwand (hier: die Innehabung einer Zweitwohnung) ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich.

Was mich allerdings interessieren würde: Kennst Du einen einzigen Fall, bei dem die Stadt die Steuer aus Billigkeitsgründen erlassen hat>

Anstelle eines Steuerberaters würde ich mir einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht nehmen. Das ist sachgerechter, denn auf diesem Gebiet bewegen wir uns. Ob der Rechtsweg dann weniger kostet als ein Steuerberater, weiß ich nicht, aber er ist auf jeden Fall billiger. Sollte der Anwalt allerdings dann auch wegen „fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit“ klagen wollen, würde ich mir ganz schnell einen anderen suchen.

Oder nach Altötting fahren.:-D

Noch Fragen>

Gruß

Berechnungsgrundlage für die Befreiung

barcardi @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ Christian

Die Zweitwohnungssteuer ist wohl der legalste Trickbetrug den ich kenne.

Was meinst du mit Überprüfung des Meldestatus>

Berechnungsgrundlage für die Befreiung

Christian @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ barcardi

Hallo.

» Die Zweitwohnungssteuer ist wohl der legalste Trickbetrug den ich kenne.
Streiche „legalste“ setze „dreisteste“, wenn es um ZWSt vom Typ Magdeburger geht - die ist nicht mal legal, schon gar nicht legaler und am wenigstens legalst.
Ansonsten ist die Zweitwohnungsteuer bei entsprechender Ausgestaltung durchaus legal und nicht „tricky“. Hat nur von Anfang an den faschen Namen, die arme Steuer.:-)

» Was meinst du mit Überprüfung des Meldestatus>

Nun, Ziel und Zweck der Magdeburger Satzung dürfte es wohl sein, Einwohner mit „Hauptwohnung oder alleiniger Wohnung nach Magdeburg zu pressen. Bei einem Rechtsstreit kommt dann häufig der „Meldestatus“ aufs zur Sprache. Und wenn der nicht stimmt, ist es immer blöd. Wenn die Meldung mit Nebenwohnung nicht richtig ist, wird die Zweitwohnungsteuer schnell zum „Bußgeld für falsch gemeldete Einwohner“. Zum Thema „Melderecht“ bei Bedarf im Forum nachlesen.

Gruß