ZWS Erfurt - Still einführen und laut zuschlagen

Ra2000 @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen)

Hallo liebe Forumgemeinde,

leider haben wir aktuell mit folgendem Fall zu kämpfen... vielleicht weiß jemand ob es da Möglichkeiten gibt>

Sie zieht im Jahr 2000 in meine Stadt um. Das Zimmer bei den Eltern hatte sie als Zweitwohnsitz angemeldet, sie wollte damals nur ein halbes Jahr hierher. Gut, mittlerweile sind wir verheiratet, leben hier und sie hatte diese Anmeldung einfach vergessen.

Erst als sie den Ausweis 2006 verlängern mußte, wird sie darauf aufmerksam gemacht, daß da noch die ZW angemeldet ist, ob sie denn nicht abgemeldet werden soll> Na klar... also Abmeldung durchgeführt. Jetzt plötzlich Post aus Erfurt. Die haben stillschweigend ab 2003 eine Steuer eingeführt und verweisen auf das Amtsblatt Erfurt wo es ja ausgeschrieben worden wäre (toll, wann kommt man da schon mal vorbei).

Ärgerlich, daß kein Sterbenswörtchen oder irgendein Jahressteuerbescheid bisher eingetroffen ist, sonst hätte man ihren Fehler ja mühelos beheben können, oder zumindest nur für 1 Jahr zahlen müssen.

Ziel der Stadt scheint es hier wirklich zu sein, die Verjährungsfrist abzuwarten und dann gesammelt an alle offenen ZW einen Bescheid über mehrer Jahre einzufordern.
Was wäre gewesen wenn sie den Ausweis erst 2010 verlängert hätte>

Wie hoch ist die Verjährungsfrist eigentlich> Bis zu welchem Zeitrahmen kann die Stadt einfach rückwirkend Steuern einfordern ohne jemals einen Bescheid abgegeben zu haben>

Der Betrag von 3,5 Jahren * 16% der Jahreskaltmiete steht doch in keinem Verhältnis zu einer vergessenen Abmeldung>
Diese Wohnung wurde ja gar nicht mehr verwendet! Gibt es da Möglichkeiten>

Viele Grüße und Dank im voraus
Ra2000

ZWS Erfurt - Still einführen dun laut zuschlagen

Christian @, Montag, 05.02.2007 (vor 6313 Tagen) @ Ra2000

»Hallo,

Also: Um- oder Abmelden (>) vergessen, Amtsblatt und Zeitung nicht gelesen.

Was mir nicht so ganz klar ist, und ich möchte nicht rumspekulieren. Für einen Rat, was man da machen kann, ist die Beantwortung der folgenden Fragen unerlässlich.

1. Wo/in welcher Stadt hat „sie“ seit wann die aktuelle Hauptwohnung> (Müsste seit Heirat die „eheliche Wohnung“ sein.)
2. Habe ich das richtig verstanden: Die Nebenwohnung war ab 2000 in der elterlichen Wohnung> Wo/in welcher Stadt war zu diesem Zeitpunkt - bis zur Heirat - die Hauptwohnung>
3. Hat die Stadt eine „Erklärung zur Zweitwohnungssteuer“ oder einen Steuerbescheid geschickt>
4. Hat „sie“ nach der Heirat die elterliche Wohnung/die Eltern nicht mehr besucht>

Für die Sache eher belanglos:

» Ziel der Stadt scheint es hier wirklich zu sein, die Verjährungsfrist
» abzuwarten und dann gesammelt an alle offenen ZW einen Bescheid über
» mehrere Jahre einzufordern.

Ohne der Stadt in die Seite treten zu wollen. Das war ganz bestimmt nicht ihr Ziel. Die paar Kröten, die eine Zweitwohnungsteuer bringt, da pfeift die Stadt drauf. Da ist der Verwaltungsaufwand höher als der Ertrag. Allenfalls kann man daraus folgern, wie lange die Stadtverwaltung gebraucht, um etwas zu merken.

» Wie lang ist die Verjährungsfrist eigentlich> Bis zu welchem Zeitrahmen
» kann die Stadt einfach rückwirkend Steuern einfordern ohne jemals einen
» Bescheid abgegeben zu haben>

Vier Jahre sind nichts vor den Augen des Herren. Wegen 2003 könnte man da schon mal nachschauen.

» Der Betrag von 3,5 Jahren * 16% der Jahreskaltmiete steht doch in keinem
» Verhältnis zu einer vergessenen Abmeldung>

Nein für die „vergessene Abmeldung“ oder Ummeldung (>) steht eigentlich ein Bußgeld ins Haus. Aber 16% sind nach Ansicht der Stadt angemessen für das Nutzen einen Nebenwohnung.

» Diese Wohnung wurde ja gar nicht mehr verwendet! Gibt es da Möglichkeiten>

Es geht nicht um die tatsächliche Nutzung, sondern um die Meldung als solche. Würde ich übrigens zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht so laut sagen, u. U. ist es besser, wenn die Nebenwohnung bis zur Abmeldung „genutzt“ wurde. Kann ich aber erst beantworten, wenn: s.o.

Gruß

ZWS Erfurt - Still einführen dun laut zuschlagen

Yvonne Winkler @, Dienstag, 06.02.2007 (vor 6312 Tagen) @ Ra2000

Warum wurde nicht zu dem Zeitpunkt rückwirkend abgemeldet, in dem die Zweitwohnung tatsächlich nicht mehr genutzt wurde>
So bildet ein falscher Abmeldezeitpunkt die Grundlage für den ZWS-Bescheid, wenn ich das richtig verstanden habe.
Ich habe mich auch vier Jahre rückwirkend abgemeldet, weil ich die Abmeldung der ZW vergessen hatte und sie wirklich nicht mehr nutzte, ohne eine Konsequenz hinsichtlich eines Bußgeldes im übrigen.
:-)
Zur Desinformation: Unkenntnis schützt vor Strafe nicht. Wenn man Zeitung liest, hätte man auch das mit der ZWS mitbekommen, da bin ich sicher.

Gruß
Yvonne

ZWS Erfurt - Still einführen dun laut zuschlagen

Christian @, Dienstag, 06.02.2007 (vor 6312 Tagen) @ Yvonne Winkler

Hallo Yvonne,

Unkenntnis schützt vor Strafe und Zweitwohnungsteuer nicht. Und das liebe Melderecht gibt es noch dazu schon länger als die Erfurter Satzung.

Ein paar Gedanken dazu.

Vom Grundsatz her ist der Meldezeitpunkt gekoppelt an den Tag des „Auszugs“. Auch bei Nebenwohnungen. Es gibt zum Glück bei Behörden aber immer solche und solche. Manche sehen es prinzipiell, manche eher der Situation angepasst. Kann man aber nicht einklagen/verlangen/fordern.

Das An-/Abmelden einer Nebenwohnung hat ja üblicherweise keine bzw. kaum eine rechtliche Bedeutung - es sei denn, es erfolgt in einer Stadt, die eine dieser rechtswidrigen Zweitwohnungsteuersatzungen errichtet hat, die an das Melderecht anknüpfen. Da kann es verheerend wirken. Da werden die Nebenwohnung und deren Nutzer natürlich gebraucht, um daraus eine Zweitwohnung und deren Inhaber zu machen. Das ganze natürlich völlig losgelöst von rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten - wenn es denn doch der Verwaltungsvereinfachung dient. In solchen Städten machen die Meldebehörden dann mit - oder auch nicht.

Es ist aber müßig, darüber nachzudenken, wenn die Abmeldung schon erfolgt und das Kind in den Brunnen gefallen ist. Es sieht doch vermutlich so aus (ich lese mal im Kaffeesatz):
Die als „sie“ bezeichnete war irgendwo, vielleicht sogar in Erfurt, mit Hauptwohnung und mit Nebenwohnung in Erfurt bei ihren Eltern mit gemeldet. Dagegen ist melderechtlich erst mal nichts zu sagen. Auch dann nicht, wenn „sie“ inzwischen verheiratet ist und vielleicht sogar in einer neuen Hauptwohnung lebt. Nun hat sie, weil sie ausgezogen ist, die Nebenwohnung abgemeldet. Was melderechtlich auch nicht zu beanstanden wäre. War aber anscheinend ein Fehler, weil diese Abmeldung der Nebenwohnung bei Erfurter Steueramt etwas ausgelöst zu haben scheint. Zumindest das Versenden einer „Erklärung zur Zweitwohnungsteuer“.

Zweitwohnungsteuerrechtlich (tolles Wort) hat „sie“ - nur nach der Erfurter Satzung - seit 2000 eine Zweitwohnung inne, die seit 2003 steuerpflichtig ist. Dadurch entsteht, weil Erfurt offensichtlich das Gelsenkirchener „Kinderzimmerurteil“ nicht auf seine andersartige (nein, ich habe nicht geschrieben „abartige“) Satzung angewendet wissen will. Sie werden, so vermute ich, so rückwirkend wie eben möglich einen Zweitwohnungsteuerbescheid erlassen und jeden Widerspruch kostenpflichtig zurückweisen. Der weitere Rechtsweg führt dann nach Weimar. Die dortige Kammer teilt aber bisher die Erfurter Meinung nicht. Wenn die Stadtverwaltung Erfurt es bei dieser Rechtslage dann trotzdem auf einen Prozess ankommen lässt, ist es eigentlich nur mutwillige Verschwendung von Steuergeldern.

Ich wage die Prognose: Erfurt wird es trotzdem tun.
Begründung:-) :
Wer Zweitwohnungsteuer heute immer noch mit „ss“ in der Mitte schreibt und von wahrheitsgemäßen Angaben zu einem „in Erfurt angemeldeten Nebenwohnsitz“ spricht, dem ist alles zuzutrauen.:-P

Was mich in dem Zusammenhang eher bewegt, ist die Frage: Welchen Wortlaut hatte die Erfurter so genannte „Zweitwohnungsteuersatzung“ bis zum 31.12.2005> Die gegenwärtig „gültige“ ist erst zum 1.1.2006 in Kraft getreten worden.

War das jetzt zu lang>

Gruß

ZWS Erfurt - Still einführen dun laut zuschlagen

Ra2000 @, Dienstag, 06.02.2007 (vor 6312 Tagen) @ Christian

Hallo Christian
Hallo Yvonne

Erstmal vielen Dank für Eure Antworten.

Zu Christian:

1. In Heilbronn liegt die aktuelle Hauptwohnung, seit sie vom Elternhaus ausgezogen ist. Bis dahin gab es keine anderen Anmeldungen. Seit 2001 sind wir verheiratet und leben hier auch zusammen.

2. Ja, die Nebenwohnung war die Wohnung der Eltern in Erfurt. In Heilbronn hat sie schon 2000 gewohnt, auch bis zur Heirat war Heilbronn der Hauptsitz.

3. Erstmal hat Erfurt eine „Erklärung zur Zweitwohnungssteuer“ verschickt.

4. Besucht hat sie die Wohnung der Eltern ab und zu am Wochenende.

Zu den paar Kröten... immerhin knapp eine halbe Million Euro pro Jahr, soooooooo wenig ist das nun auch wieder nicht :-| (Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik) und reagiert haben sie schon recht schnell nach der Abmeldung, hat gerade mal drei Wochen gedauert.

Zu Yvonne:
Tja, sie war halt einfach nur beim Amt um den neuen Ausweis zu beantragen, wurde dabei von der Dame aufmerksam gemacht, daß die ZW noch läuft, ob sie die denn noch brauche> "Ach so> Die läuft noch> Klar, können wir abmelden". Hat sich dabei nichts Böses gedacht. Mit der jetzigen Kenntnisstufe, würde das natürlich anders laufen. :-) Natürlich bildet ein falscher Abmeldezeitpunkt die Grundlage für den ZWS-Bescheid, nur… wie Christian schon treffend bemerkt hat… das Kind liegt schon im Brunnen. :-(

Über ein Bußgeld hätten wir uns ja noch nicht einmal so aufgeregt, schließlich hat sie es ja auch vergessen. Ich hätte auch nicht so ein Gefühl über den Tisch gezogen worden zu sein, wenn es wenigstens einen Jahressteuerbescheid gegeben hätte. Städte wie Augsburg haben es sogar geschafft die Betroffenen in einem Anschreiben zu informieren.

Nein Christian… war nicht zu lang. :-)

Ein Zwei-Instanzen-Prozess bis Weimar wäre also das minimum... beunruhigend

Ich glaube mit der gegenwärtig „gültigen“ Satzung hat Erfurt nur auf das Urteil gegen die Diskriminierung der Ehe (BVerfG, Okt 2005) reagiert.

Gruß
Ralf

ZWS Erfurt - Still einführen dun laut zuschlagen

Christian @, Dienstag, 06.02.2007 (vor 6312 Tagen) @ Ra2000

Hallo Ralf,

das Kind liegt zwar im Brunnen, aber es kann schwimmen.

1. Die melderechtliche Situation ist dann doch so, wie ich es in meinem Morgenkaffee gelesen habe. Da gibt es nicht viel daran zu rütteln, die ist (rechtlich) in Ordnung. Wichtig ist nur, dass Deine Frau klar sagt, dass sie „mit der Abmeldung der Nebenwohnung auch endgültig ausgezogen ist“. Was sie nicht daran hindern soll und kann, ihre Eltern auch weiterhin zu besuchen - ohne sich deswegen mit Nebenwohnung melden zu müssen.. Ein Bußgeld ist nicht zu befürchten, wenn sich jemand mit einer Nebenwohnung meldet, die er nur selten nutzt oder nicht meldet, weil er sich nur besuchsweise aufhält - das hat sich halt so ergeben. Von „vergessen“ kann keine Rede sein.
Alleinige Wohnung ist jetzt Heilbronn.

2. Eine halbe Million ist auch nichts - weder vor den Augen des Herrn, noch vor dem Erfurter Defizit.

3. Zweitwohnungsteuerrechtlich ist das Problem, dass Erfurt nicht wahrhaben will, das „innehaben“ und „verfügen“ rechtliche Begriffe sind, die sich mit „nutzen“ nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Der Vordruck ist bösartig.

4. Was also tun> Mein Vorschlag:
- Vordruck 1., 2. (wenn ihr wollt) und 3. ausfüllen, 4. ankreuzen und hinter „weil“ handschriftlich ergänzen: „s. Anlage“ (4a bis 4g bleiben offen).
Bei 5. „allein“ durchstreichen, 2. Kästchen ankreuzen und die Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen, Eltern + > eintragen (so viel wie möglich, also z.B. alle Geschwister usw., die werden die Eltern ja auch mal ab und an besucht haben.
Bei 6a und 6 b jeweils „0,00“ eintragen.
Bei 7 alle Angaben „wahrheitsgemäß sowie nach besten Wissen und Gewissen“ machen - was nicht gewusst wird bleibt offen. Bei 7c würde mir das Wissen und Gewissen gebieten „0“ einzutragen, denn Deine Frau dürfte kaum einen Anteil an der Wohnung innegehabt haben oder über einen verfügt haben. Erfurt kann ja nachfragen.
Bei 8 auf jeden Fall die Anschrift der Hauptwohnung (jetzt alleinigen Wohnung) eintragen.
Bei 9. Unterschrift (allenfalls aus purer Bosheit :-P handschriftlich ergänzen: „Erfurt war für mich nie Nebenwohnsitz“).

Dazu ein Anschreiben, etwa wie folgt:
[blockquote]
„Der Erklärungsvordruck ist für meine Lebens- und Wohnverhältnisse nicht zutreffend. Ich habe mich in der Nebenwohnung in Erfurt sozusagen nur besuchsweise bei meinen Eltern aufgehalten. Über die gemeldete Nebenwohnung hatte ich zu keinem Zeitpunkt eine wie immer geartete rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt. Ich habe demzufolge in Erfurt weder über die Nebenwohnung verfügt noch dort eine Zweitwohnung innegehabt. Somit kann ich selbst auf der Grundlage ihrer Satzung nicht zweitwohnungsteuerpflichtig sein.“ [/blockquote]

5. Das Ganze in die Post und dann heißt es warten. Kommt wirklich ein Bescheid, heißt es binnen vier Wochen Widerspruch einlegen. Über den entscheidet die Stadt selbst (wie sinnig!). Erst wenn der Widerspruch abgelehnt wurde, geht es zu Gericht (das ist dann die 1. Instanz; Erfurt zählt da nicht, das ist Formsache). Bis dahin wird aber noch einige Zeit vergehen. Wenn es dann so weit ist, hier im Forum oder per Mail wieder melden - dann wird gemeinsam der Widerspruchsbescheid formuliert.

» Städte wie Augsburg haben es sogar geschafft die Betroffenen in einem Anschreiben zu informieren.
Die Erfurter hatten Deine Frau wohl schlicht übersehen (ein echter Grund, ihnen böse :-D zu sein, finde ich) und sind erst durch die Abmeldung aufmerksam geworden.

Ist das so klar oder gibt es noch Fragen> Und immer daran denken: Frau Müller liest bestimmt mit.

Gruß