Erstwohnsitz / Zweitwohnsitz / Steuererklärung

TT-1990, Donnerstag, 01.06.2017 (vor 2493 Tagen)

Hallo zusammen,

ich habe grundsätzliche Fragen bzgl. Erstwohnsitz, Zweitwohnsitz, Lebensmittelpunkt,...
Ich wohne derzeit im Haus meiner Eltern (Ort "A") - mein Arbeitgeber befindet sich ebenfalls an Ort "A".
Ab 01.07. werde ich mit meiner Freundin eine gemeinsame Wohnung an Ort "B" beziehen - da es etwa auf halber Entfernung (je 25km) unserer beiden Arbeitgebern ist. Da ich am Wochenende immer zu meinen Eltern heimfahre und dort auch meine meisten Freunde sind, sowie der Einfachheit bzgl. bestehenden Verträgen würde ich sehr gerne meinen Erstwohnsitz an Ort "A" weiterlaufen lassen. Mein Arbeitgeber bezahlt ab 10km Entfernung einen gewissen Betrag pro Monat (welchen ich bisher natürlich nicht erhalte...)

Für mich stellt sich nun folgende Fagen: Wenn ich nun am Ort "B" einen Zweitwohnsitz anmelde, kann ich dann meine täglichen Fahrtkosten zum Arbeitgeber an Ort "A" geltend machen? An an welches Finanzamt muss ich die künftigen Steuererklärungen schicken? Soll ich meinem Arbeitgeber die neue Adresse an Ort "B" mitteilen, damit es auch auf der Lohnsteuerbescheinigung als Adresse steht?


Für Hilfe und einen Rat bei meinen bisher unklaren Fragen, wäre ich euch sehr dankbar!

Gruß Ben

Haupt-/Nebenwohnung /Einkommensteuererklärung

Alfred @, Freitag, 02.06.2017 (vor 2492 Tagen) @ TT-1990

Grundsätzlich: Wohnsitz und Lebensmittelpunkt spielen für ZWSt und Melderecht keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle.

Der Bezug der Wohnung ist bei der Meldebehörde von B anzuzeigen. Die Hauptwohnung ist dort, wo Du Dich vorwiegend aufhältst. Daraus ergeben sich rechtliche Folgen auch für die Einkommensteuer. Ein Wahlrecht gibt es nicht. Welche melderechtliche Registrierung die Richtige ist, kann ich Dir nicht sagen, dazu sind Deine Angaben zu unpräzise.

Dir übrigen Fragen beziehen sich auf die Einkommensteuer. Dazu müssen sich andere und an anderer Stelle äußern.

Erstwohnsitz / Zweitwohnsitz / Steuererklärung

Daniel.85, Mittwoch, 07.06.2017 (vor 2487 Tagen) @ TT-1990

Bzgl. der melderechtlichen Fragen bin ich derzeit auch noch überfragt, aber dazu hast du ja bereits eine Antwort erhalten.

Unabhängig von der Anmeldung der Wohnsitze kannst du doppelte Haushaltsführung nur geltend machen, wenn der zweite Haushalt am Arbeitsort berufsbedingt ist. Das kann prinzipiell auch der Fall sein, wenn du aus privaten Gründen deinen ersten Haushalt vom Arbeitsort weg verlegst.

Allerdings wird die doppelte Haushaltsführung nur anerkannt, wenn du deine Arbeitsstelle vom ersten Haushalt aus nicht mit üblichem Zeitaufwand erreichen kannst. Ein Arbeitsweg von ca. 25km ist in der Regel in einer halben Stunde zu schaffen und liegt wohl im Bereich des Üblichen. Deswegen wird dir das Finanzamt die doppelte Haushaltsführung meines Erachtens nicht anerkennen.

Vielleicht hast du eine Chance zu argumentieren, dass du auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen bist und die Arbeitsstelle vom Heimatort so dermaßen schlecht zu erreichen ist, dass du trotz der kurzen Entfernung weit mehr als eine Stunde benötigst. Wenn du aber Familienheimfahrten mit dem Auto unternimmst, wird man wahrscheinlich unterstellen dass du auch mit den Auto zur Arbeit fährst.

Bei Anerkennung könntest du die Wohnkosten (idR Miete, Betriebskosten, Strom...) im elterlichen Haushalt absetzen die du auch nachweislich bezahlst. Kosten eurer gemiensamen Wohnung spielen keine Rolle. Dafür müsstest du evtl. einen Mietvertrag mit deinen Eltern schließen und sie müssten die Einnahmen entsprechend versteuern. Familienheimfahrten könntest du zusätzlich 1x wöchentlich zusätzlich absetzen. Alternativ alle tatsächlich gefahrenen Heimfahrten aber keine Wohnkosten - dieses Modell lohnt aufgrund der kurzen Entfernung aber nicht, da du 1000 EUR Werbungskosten pauschal geltend machen kannst und sich nur auswirkt, was darüber liegt.

Rechenbeispiel 1 (Wohnkosten sind nachweisbar):
1 Familienheimfahrt pro Woche außer im Urlaub:
48 * 25km * 0,30 EUR = 360 EUR
Wohnkosten (Annahme 250 EUR Pauschalmiete fürs Zimmer):
250 EUR * 12 = 3000 EUR
Werbungskosten: 3360 EUR
Steuerersparnis p.a. bei Grenzsteuersatz von 42%: (3360-1000)EUR*0,42 = 991 EUR

Rechenbeispiel 2 (Wohnkosten sind nicht nachweisbar, du fährst tatsächlich öfter):
3 Familienheimfahrten pro Woche außer im Urlaub:
3* 48 * 25km * 0,30 EUR = 1080 EUR
Werbungskosten: 1080 EUR
Steuerersparnis p.a. bei Grenzsteuersatz von 42%: (1080-1000)EUR*0,42 = 34 EUR

Beste Grüße
Daniel

Erstwohnsitz / Zweitwohnsitz / Steuererklärung

Daniel.85, Mittwoch, 07.06.2017 (vor 2487 Tagen) @ Daniel.85

Ich habe nochmal nachgelesen. Ich bin so sehr mir meiner Situation beschäftigt, dass ich übersehen habe, dass es dir gar nicht um die doppelte Haushaltführung geht.

Wenn du unter der Woche regelmäßig von B zur Arbeit fährst, kannst du diese Kosten absetzen. Natürlich aber nur den Teil, den dir der Arbeitgeber nicht erstattet. Heimfahrten am Wochenende kannst du nur bei doppelter Haushaltsführung geltend machen.

Wenn du an 5 Tagen die Woche den Arbeitsweg fährst entstehen pauschal folgende Werbungskosten:
5 * 48 * 25km * 0,30 EUR = 1800 EUR
Abziehen musst du hiervon den Zuschuss des Arbeitgebers. Wahrscheinlich bleibt dann nicht mehr viel mehr als die Werbungskostenpauschale von 1000 EUR. Dementsprechend bringt es dir wahrscheinlich nichts.

Übrigens darf der Fahrkostenzuschuss des AG deine Werbungskosten nicht überschreiten. Dir darf also nicht mehr als 1800 EUR p.a. gezahlt werden. Die Fahrtkostenzuschüsse sind steuerbegünstig und werden mit nur 15% versteuert.

Ich hoffe ich konnte deine Fragen hiermit beantworten.

Erstwohnsitz / Zweitwohnsitz / Steuererklärung

TT-1990, Mittwoch, 07.06.2017 (vor 2487 Tagen) @ Daniel.85

Vielen Dank für deine ausführliche Erläuterungen, war sehr hilfreich!
Somit prüft also das Finanzamt nicht, ob Erst oder Zweitwohnsitz...
Eine Frage hätte ich noch: Wo reiche ich dann künftig meine Steuererklärung ein - wie bisher am Zuständigen Finanzamt des Ortes A oder am neuen zuständige Finanzamt an Zweitwohnsitz (Ort B) - sind nämlich unterschiedliche Bundesländer?

Danke und Gruss
Benjamin

Hauptwohnung/Nebenwohnung

Alfred @, Mittwoch, 07.06.2017 (vor 2486 Tagen) @ TT-1990

Somit prüft also das Finanzamt nicht, ob Erst oder Zweitwohnsitz...

Wie soll das Finanzamt etwas prüfen, was es rechtlich nicht gibt?
Die melderechtliche Registrierung erfolgt mit Haupt- und Nebenwohnung - und da prüft ggf. das EMA die Plausibilität der Angaben.