Ab- und neu anmelden statt ummelden?

picture-imp @, Donnerstag, 20.09.2007 (vor 6086 Tagen)

Hallo an alle,

seitdem ich nun die Aufforderung zur Zweitwohnungssteuererklärung bekommen habe, überlege ich mir natürlich auch, wie ich diese Steuer am besten umgehen kann.

Mein Nebenwohnsitz liegt derzeit in Berlin, wo man Zweitwohnungssteuer zahlen muss, wenn man länger als ein Jahr mit einem Nebenwohnsitz dort gemeldet ist.

Was wäre nun, wenn ich meinen Nebenwohnsitz dort ganz abmelden würde und kurz darauf wieder neu anmelden würde> Fängt dann die Einjahresfrist wieder von neuem an> Oder muss man eine bestimmte Zeit abgemeldet sein, damit das wieder greift>

Da ich demnächst ohnehin innerhalb der Stadt umziehen möchte und mich damit sowieso ummelden müsste, wäre das eine gute Gelegenheit, statt einer Ummeldung eine Ab- und Anmeldung durchzuführen. Meint ihr, ich kann damit durchkommen> ;-)

Danke für alle Hinweise!

Patrick

Ab- und neu anmelden statt ummelden?

Christian @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6086 Tagen) @ picture-imp

Hallo Patrick
auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Es geht hier nicht um Nebenwohnsitze sondern um Nebenwohnungen.
Berlin besteuert Nebenwohnungen nur dann, wenn es sich um eine „Gesamtheit von Räumen handelt, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird und den Anforderungen der Bauordnung für Berlin genügt.
Zu den Fristen: Fällt der Zeitpunkt, mit dem die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung beginnt, nicht auf den ersten Tag eines Monats, beginnt die Steuerpflicht am ersten Tag des folgenden Monats. Fällt der Zeitpunkt, mit dem die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung endet, nicht auf den letzten Tag eines Monats, endet die Steuerpflicht am letzten Tag des vorangegangenen Monats. Wenn Du also die alte Nebenwohnung im Laufe eines Monats abmeldest, denn nächsten Monat keine Wohnung in Berlin benutzt und im Laufe des dann folgenden Monats die neue Wohnung beziehst und anmeldest, müsstest Du auf der sicheren Seite sein.
Formal ist das nicht zu beanstanden - aus einer Wohnung ausziehen, abmelden, eine andere Wohnung beziehen und wieder anmelden. Kann aber sein, dass die Berliner das anders sehen und dennoch Geld wollen - die Stadt braucht schließlich Geld und vor Behördenwillkür ist man nirgends gefeit.
Gruß
Christian

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picture-imp @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6086 Tagen) @ Christian

Hallo Christian,

nun ja, es handelt sich bei mir jedenfalls um eine Nebenwohnung, die steuerpflichtig ist.

Was ist eigentlich entscheidend für die Zweitwohnungssteuer, das Bezugsdatum der Wohnung, der Mietbeginn laut Mietvertrag oder das Anmeldedatum beim Bürgeramt> Mein Mietvertrag begann nämlich zum 15. eines Monats, angemeldet habe ich mich aber schon zum Monatsanfang. Ich konnte auch schon zum 1. in die Wohnung einziehen, obwohl mein Vertag erst zum 15. ausgestellt war. Muss ich nun den 1. oder den 15. angeben>

Zum Ummelden habe ich mir das so gedacht: Ich melde mich ein paar Tage vor Monatsende ab und ein paar Tage nach dem Monatsanfang des darauffolgenden Monats unter der neuen Adresse nach dem Umzug dann neu an. Es lägen dann eben nur ein paar Tage wohnungsfreie Zeit in Berlin vor.

Danke schon mal für die Auskunft.

Patrick

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Christian @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6086 Tagen) @ picture-imp

Halo Patrick,
na gut, die Wohnungseigenschaft wäre damit geklärt.
Nach dem Berliner ZWStG ist entscheidend für eine „Zweitwohnung“, dass sie „als Nebenwohnung“ im Sinne des Melderechts dient - d.h. entscheidend ist das Anmeldedatum. Der Mietvertrag spielt im Prinzip überhaupt keine Rolle - entscheidend ist ausschließlich, dass die Wohnung im Sinne des Melderechts genutzt wird. Das ist ja der Widersinn bei dieser Art von Gesetzen/Satzungen, man kann so viele Wohnungen besitzen/mieten wie man will, sie dürfen nur nicht im Sinne des Melderechts als Nebenwohnung genutzt werden. Artikel 3 Absatz 1 GG lässt grüßen!
Eine Anmeldung zum 1. eines Monats ist allerdings genauso ungeschickt wie eine Abmeldung zum Monatsletzten, denn nach dem Berliner ZWStG rechnet in solchen Fällen jeweils der komplette Monat auf die Zweitwohnungsteuer an.
Was Deine Ideen zum Ummelden angeht, würde ich sicherheitshalber 1 Monat Karenzzeit einschieben - wäre durchaus möglich, wenn z.B. die Wohnung noch renoviert werden muss und Du in der Zeit auswärts wohnst und schläfst. Auf diese Weise hättest Du 3 Monate keine „Zweitwohnung“ in Berlin
Hinweis für andere, die in Berlin (mit anderen Fristen natürlich überall, wo Satzungen an das Melderecht anknüpfen) einen bestandskräftigen Steuerbescheid an der Backe haben, der nicht ganz koscher ist: Dieses Verfahren beendet jeden Steuerbescheid, man hat 1 Jahr Pause und kann dann ggf. bei der neuen Veranlagung den Rechtsweg beschreiten.
Gruß
Christian

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picture-imp @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ Christian

Hallo Christian,

danke für deine Tipps!

Was heißt eigentlich "sie dürfen nur nicht im Sinne des Melderechts als Nebenwohnung genutzt werden"> Sobald die Wohnung bestimmte Voraussetzungen erfüllt (im Normalfall Küche, Bad und Toilette hat), ist doch eigentlich unerheblich, ob ich sie auch zum Wohnen oder Schlafen tatsächlich auch benutze. Sonst könnte ja jeder einfach beaupten, was er will, hinsichtlich der Nutzung.

Okay, die Anmeldung zum 1. ist nun mal schon gemacht. Damals wusste ich von alldem noch nichts. Du meinst also, ich sollte die neue Wohnung dann erst einen Monat (und ein paar Tage) nach Mietbeginn anmelden (bei Rückfrage mit Hinweis auf Renovierung)> Hmm, wird das kontrolliert, ob man schon früher eingezogen ist> ;-)

Nochmal nachgehakt: Man kann "ggf. bei der neuen Veranlagung den Rechtsweg beschreiten." Was genau soll das bringen>

Viele Grüße
Patrick

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Christian @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ picture-imp

»Hallo Patrick,

bitte nicht verwechseln.
- Was eine Wohnung ist, wird durch das Berliner ZWStG definiert - auch eine leer stehende Wohnung entspricht dieser Definition.
- Eine Nebenwohnung muss nicht mehr sein, als „ein umschlossener Raum, der zum Wohnen oder Schlafen genutzt wird.
- Eine Zweitwohnung muss nach dem Berliner ZWStG eine Wohnung im Sinne der obigen Definition sein UND zudem als Nebenwohnung genutzt wird.

Beispiel:
Eine Bekannte von mir hat neben ihrer Eigentumswohnung in München eine voll eingerichtete Eigentumswohnung in Berlin (Geschenk der völlig verarmten Eltern). Sie selbst hat diese Wohnung noch nie betreten, nutzt sie also nicht und ist dort richtigerweise auch nicht gemeldet. Verwandte, Freunde und Bekannte nutzen diese Wohnung gerne, um in Berlin Urlaub zu machen - das ist bis zu einem bestimmten Zeitraum auch nicht meldepflichtig. Diese - im rechtlichen Sinne durchaus echte Zweitwohnung ist nach dem Berliner Gesetz eben keine und damit auch nicht steuerpflichtig. Und das alles ganz legal.

Ja, Abmelden vor dem Monatsletzten - ein Kalendermonat Pause - Anmelden nach dem Monatsersten. Und was die Kontrolle angeht: Wie will das Einwohnermeldeamt etwas kontrollieren, wenn nach dem Mietbeginn überhaupt nicht gefragt wird> Bloß nicht zu viel Gedanken machen - muss nur stimmen.;-)

Zu Deinem „Nachhaken“ - diese Bemerkung war nicht für Dich gemeint. Es gibt z.B. in Berlin viele, die zur ZWSt veranlagt sind, obwohl sie in Wirklichkeit keine zwei Wohnungen innehaben (z.B. Hauptwohnung bei den Eltern). Weil sie keinen Einspruch eingelegt haben, hat der Steuerbescheid Bestandskraft und kann nicht mehr angegriffen werden. Wenn sie so verfahren, wie Du es vorhast, wird ein neuer Steuerbescheid fällig, und das Spiel kann neu beginnen - aussichtslos ist es nicht. In manchen Städten zahlen sogar noch nicht dauernd getrennt lebende Verheiratete für ihre Erwerbszweitwohnung. Die können genau so verfahren.

Gruß

Christian

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picture-imp @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ Christian

Hallo nochmal,

was mich irritiert ist, wenn niemand die tatsächliche Nutzung kontrolliert, dann kann doch im Prinzip jeder sagen, er nutze die Zweitwohnung nicht zum Wohnen oder Schlafen. Nehmen die Ämter dann alles hin, was man ihnen erzählt> Irgendwie glaub ich das nicht so recht.

Aber du hast noch etwas anderes Interessantes erwähnt. Wenn die Hauptwohnung bei den Eltern ist, dann muss man keine Zweitwohnungsstuer zahlen> Bei mir ist das nämlich der Fall. Aber ich nutze die Nebenwohnung hier doch trotzdem zum Wohnen und Schlafen.

Wenn das wirklich so ist, dann kann ich mir die ganze Aktion mit Ab- und Anmelden ja sparen. Gut, dass ich die Erklärung noch nicht weggeschickt habe! Muss ich das dann unter "sonstige Gründe (Bitte auf gesondertem Blatt erläutern)" anführen>

Wie ich so Formalitäten hasse! Danke für die Hilfe!

Patrick

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Christian @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ picture-imp

Hallo Patrick
es ist allgemein bekannt und in der Rechtsprechung anerkannt, dass Meldebehörden kaum in der Lage sind, die Angaben des Einwohners zu prüfen. Deswegen werden diese Angaben hingenommen, so lange sie mehr oder weniger plausibel klingen. Natürlich finden Kontrollen statt, besonders durch die Steuerämter (!) - in manchen Städten sogar in einem schon fast rechtswidrigen Ausmaß. Aber trotzdem gibt es mehr als genug Schwarzwohner.
Wenn Du die Erklärung abschickst und darauf hinweist, dass Du die Hauptwohnung nicht innehast, sondern dort Wohnraum bei Deinen Eltern nutzt, über den Du nicht berechtigt und tatsächlich verfügen kannst, bekommst Du trotzdem einen Steuerbescheid. Dein Einspruch wird abgelehnt werden, und Du musst beim Finanzgericht Berlin klagen - Erfolgschancen >>>>. Berlin glaubt nämlich, die melderechtliche Hauptwohnung als „Innehaben einer Erstwohnung“ (ungeachtet der eigenen Wohnungsdefinition) betrachten zu dürfen und besteuert in Wirklichkeit das Nutzen einer Nebenwohnung. Ich persönlich halte dies, in Übereinstimmung mit vielen Gerichten für verfassungswidrig - aber dazu gibt es eben noch keine Entscheidung eines Bundesgerichts. Und so lange es die nicht gibt, wird in jedem Bundesland anders entschieden - so wie die Gerichte es eben „für Recht erkennen“ - oft mit logischen und rechtlichen Fehlern. Für die Betroffenen ist das unbefriedigend, aber einstweilen nicht zu ändern. Wenn Du dich in die Schar der Kläger einreihen willst, kannst Du darauf abheben.
Aber eigentlich hattest Du geschrieben, die ZWSt „umgehen“ zu wollen.
Gruß
Christian

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picture-imp @, Freitag, 21.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ Christian

Hallo Christian,

also, wenn ich soweit gehen muss, vor dem Finanzgericht zu klagen, dann zahle ich womöglich am Ende mehr Gerichtskosten als Zweitwohnungssteuer, zumal es noch nicht sicher ist, wie lange ich hier bleibe.

Was mich noch etwas irritiert, ist Zeile 27 auf der Zweitwohnungssteuererklärung:

Keine Steuerpflicht, weil
[] die Wohnung nicht mit [] Küche/Kochnische, [] Waschraum oder [] Toilette ausgestattet ist.

Wenn das Voraussetzungen für die Nebenwohnung sind, müssten sie doch eigentlich auch für die Hauptwohnung gelten, was bei einem Zimmer im elterlichen Haus ja nicht gegeben ist, da dieser Teil ja nicht zum eigenen Wohnraum gehört.

Okay, aber so wie du das schreibst, zieht diese Argumentation in Berlin ja wohl nicht. Dann muss ich doch wieder Plan A versuchen mit ab- und anmelden. Eine Dauerlösung ist das zwar auch nicht, aber es wäre wenigstens ein weiteres Jahr Ruhe, wenn es klappt.

Trotzdem nochmal zu Recht und Gesetz:

BlnZwStG §1 Wer im Land Berlin länger als ein Jahr eine Zweitwohnung innehat, unterliegt der Zweitwohnungsteuer.

Komisch, die Zweitwohnung muss man inne haben, aber die Erstwohnung nicht>

BVerfGE 65, 325 vom 6. Dezember 1983 (2 BvR 1275/79), Absatz 39:
Der durch die Zweitwohnungssteuer erfaßte Sachverhalt werde [...] durch das Innehaben von mehr als einer Wohnung, durch die Gesamtheit von Erst- und Zweitwohnung gebildet. Erst und Zweitwohnung zusammen bildeten den überdurchschnittlichen Wohnraumaufwand. Das Charakteristikum der Zweitwohnungssteuer liege darin, daß Wohnraum deshalb besteuert werde, weil der Inhaber des Wohnraums auswärts weiteren Wohnraum unterhalte.

Wann genau "unterhält" man denn Wohnraum>

OVG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 6 B 11579/06.OVG) vom 29. Januar 2007:
a) Denn wenn nach der Vorstellung des Satzungsgebers Gegenstand der Steuererhebung das Innehaben einer Zweitwohnung ist, dann gehört schon aus Gründen der begrifflichen Logik zum Steuertatbestand hinzu, dass der Abgabenpflichtige sich zugleich eine Erstwohnung leistet.

"Leistet", das ist ja auch mal wieder wischiwaschi ausgedrückt. Heißt das nun, dass man die Erstwohnung bezahlt> Dass sich Juristen aber auch nicht verständlich ausdrücken können! :-(

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Christian @, Samstag, 22.09.2007 (vor 6085 Tagen) @ picture-imp

Hallo Patrick,

mehr Gerichtskosten als ZWSt zahlst Du nur, wen Du am Ende verlierst. Was ja nicht sein muss.

BVerfGE 65, 325 vom 6. Dezember 1983 (2 BvR 1275/79), Absatz 39:
Das Zitat ist zwar richtig, aber nicht die Entscheidung des BVerfG, sondern das Vorbringen des Beschwerdeführers. Der kann sagen, was er für richtig hält, entscheidend ist, was das BVerfG beschließt. Und das sagt zur Zweitwohnung und dem danach entstehenden Steueranspruch:
„Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt.“
Das ignorieren die Städte beharrlich, indem sie das „Nutzen einer Hauptwohnung“ mit dem „Innehaben einer Hauptwohnung (= Erstwohnung)“ gleichsetzen und auf diese Weise glauben, sich um die Hauptwohnung nicht mehr kümmern zu müssen. In diesem Glauben werden sie durch die Gerichte in BY und NRW derzeit bestärkt - ob auf Dauer und wie lange noch, muss sich zeigen. Seit dem von Dir zitierten Beschluss des OVG RLP vom 29. Januar 2007 - 6 B 11579/06.OVG):
ist da eine Menge ins Rutschen geraten, und die Luft wird etwas dünner für die Kommunen. Aber sie wehren sich natürlich mit allen Mitteln und werden von der Landespolitik aus offensichtlichen Gründen gnadenlos unterstützt.
Warum in BY und NRW die Gerichte anders entscheiden und die Vorgaben des BVerfG zur Zweitwohnung beharrlich ignorieren, ist für mich und viele andere nicht nachvollziehbar und ruft - auch und gerade bei Juristen - Kopfschütteln hervor. Zur Entschuldigung kann man allenfalls darauf hinweisen, dass sie der von den Kommunen verursachten Sprachverwirrung auf den Leim gekrochen sind. Das dürfte zwar auch nicht sein - aber Richter sind auch Menschen. Und manchmal werden sie auch derb getadelt:
„Die Verfassungsbeschwerde ist nicht unzulässig und auch nicht offensichtlich unbegründet. Vielmehr spricht vieles dafür, dass das OLG gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen und damit willkürlich das Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter verletzt hat. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt unter anderem dann vor, wenn sich eine Entscheidung bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen, also willkürlich ist.“
Das ist wohl deutlich genug.
Auch eine Bemerkung wie:
Die im Verfahren 1 BvR 2627/03 angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Verwaltungsgerichts und der Stadt Dortmund … beruht auf der verfassungswidrigen Satzung
sollte dem betroffenen OVG, das die Verfassungswidrigkeit der Satzung nicht erkennt, mehr zu denken geben, als es offensichtlich der Fall ist.
Kleine Randbemerkung: Die verfassungswidrige Satzung der Stadt Dortmund ist heute noch unverändert in Kraft und Dortmund verhängt ungeniert Zweitwohnungsteuerbescheide. Maßnahmen der kommunalen Dienstaufsicht: Keine!
Und noch eins: Inzwischen gibt es eine Stadt, die sogar behauptet, das BVerfG habe 2005 „herausgearbeitet“, dass es auf das Innehaben einer Erstwohnung nicht ankomme. Da die Stadt in NRW liegt, steht zu erwarten, dass sie damit beim OVG sogar durchkommt. Da wird man dann halt das BVerfG selbst befragen müssen, was es denn eigentlich herausgearbeitet hat.

Manches muss man auch in Zusammenhang lesen, die Formulierung
„dass der Abgabenpflichtige sich zugleich eine Erstwohnung leistet“
wird z.B. von Prof. Dr. H.-W. Bayer (Erfinder der Ferienwohnungsteuer) gerne verwendet und besagt nichts anderes, als „dass der Abgabenpflichtige zugleich eine Erstwohnung innehat“. Also das, was der BVerfG 1983 auch vorgegeben hat. So Wischiwaschi ist das also nicht, was das OVG RLP da von sich gibt - nur abgekupfert.

Zur vertiefenden Information lese Dir mal den Artikel von Yvonne Winkler „Problemfragen bei der Erhebung der Zweitwohnungsteuer aus der Sicht Studierender“ durch. Findest Du im Netz problemlos. Beachte beim googeln aber, dass in dem Artikel „Zweitwohnungsteuer“ richtig geschrieben ist - nämlich mit 1 ‚s’ in der Mitte. Da ist allerdings vieles noch als Frage/Meinung formuliert, was seit Erscheinen des Artikels durch die OVGs von RLP und M-V in der Rechtsprechung (erneut) bestätigt wurde.
Wenn Du den Gang vor Gericht scheust - was verständlich ist, denn solche Leute werden von Kommunen gerne als Querulanten wenn nicht bezeichnet so doch als solche angesehen - „ziehe um“ - jährlich.

Gruß

Christian

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picture-imp @, Samstag, 22.09.2007 (vor 6084 Tagen) @ Christian

Hallo Christian,

ich glaube, das Problem bei den meisten Urteilen dieser Art ist, dass fast ausschließlich vom Innehaben der Zweitwohnung die Rede ist. Die Logik gebietet natürlich denselben Grundsatz, also das Innehaben, auch für die Hauptwohnung, aber gerichtlich erwähnt wird das nicht - zumindest nicht von den Bundesgerichten.

Neben dem OVG Rheinland-Pfalz habe ich noch ein Urteil vom Bayerischen VGH vom 14. Februar 2007 (Aktenzeichen 4 N 06.367) gefunden, das besagt:
Das "Innehaben" setzt in diesem Zusammenhang die - alleinige oder gemeinschaftliche - tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis an der betreffenden Zweitwohnung zumindest für einen gewissen Zeitraum voraus. Dieses Merkmal muss nach Wortlaut und Zweck des § 4 ZWStS eigenständig und unabhängig von den melderechtlichen Verhältnissen bestimmt werden.

Aber auch hier wird wieder nur Bezug auf die Zweitwohnung genommen.

Viele Grüße
Patrick

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Christian @, Samstag, 22.09.2007 (vor 6084 Tagen) @ picture-imp

Hallo Patrick,

ganz so ist es nicht. Das Bundesverfassungsgericht und das -verwaltungsgericht sagen das oft genug, es ist mehr als deutlich. Außerdem muss man das nicht immer dazu sagen - das ist Definitionssache. Wenn jemand eine Nebenwohnung nutzt, muss ich auch nicht ausdrücklich immer sagen, dass er auch eine Hauptwohnung nutzt (auch wenn mindestens 1 Stadt das für nötig hält). Einen Zweitwagen kann man auch nur haben, wenn man einen Erstwagen hat usw. Nur, besonders intelligente Verwaltungsjuristen haben den semantischen Dreh gefunden, die Zweitwohnung von der Erstwohnung abzukoppeln und manche Spruchkörper dazu gebracht, das auch zu glauben. Wäre fast ein Thema für eine Doktorarbeit: „Die Glaubensstärke in der Justiz unter besonderer Berücksichtigung der einzelnen Stämme des deutschen Volkes“. Vielleicht findet sich der eine oder andere Rechtsdirektor einer deutschen Großstadt, der sich dieser Aufgabe unterzieht - ich helfe ihm gerne dabei (natürlich im Rahmen des akademisch Zulässigen).

Das BVerfG hat 1983 u.a. festgelegt:
1. „Sie [die Aufwandsteuern] sind Steuern, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpfen.“
2. „Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern, ist die erkennbare Absicht des Satzungsgebers
3. „Steuergegenstand der Zweitwohnungssteuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung, somit ein Zustand, der die Verwendung von Einkommen ausdrückt.“ …“ (1. bis 3. können auch als „Axiom der Zweitwohnungsteuer“ bezeichnet werden.)
4. „Bei der Zweitwohnungssteuer kann der Inhaber Eigentümer, Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter sein.“ Oder. wie das BVerwG sinngemäß formuliert: „Inhaber ist, wer berechtigt die tatsächliche Verfügungsgewalt ausübt.“

Das alles ist eigentlich ziemlich eindeutig und sollte auch verständlich sein. Satzungen, die diesen Zusammenhang nicht berücksichtigen und das „Nutzen einer Nebenwohnung“ mit dem „Innehaben einer Zweitwohnung“ gleichsetzen, sind schlicht verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen Art 3 Abs. 1, Art. 6 Ab. 1 und meist wohl auch gegen Art 105 Abs. 2a GG. Gibt bestimmt noch mehr relevante Artikel, aber die drei genügen und sind fast schon juristischer Overkill.

Man könnte auch darüber nachdenken, ob die Wohnungsdefinition des Melderechts auf eine „Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf, die typischerweise wirtschaftliche Leistungsfähigkeit demonstriert“ überhaupt Anwendung finden darf. Gezielt danach gefragt, haben das bisher alle Gerichte verneint - trotzdem steht es unverdrossen weiter in vielen Satzungen.

Wenn Du jetzt alle gerichtlichen Entscheidungen zur ZWSt durchlesen willst, hast Du eine Menge zu tun. Im Prinzip genügt der o.a. Beschluss des BVerfG - der Rest verdirbt (bei Nichtjuristen) nur den Charakter.

Gruß

Christian

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picture-imp @, Samstag, 22.09.2007 (vor 6084 Tagen) @ Christian

Hallo nochmal,

okay, soweit ist alles klar. Ich setze gerade ein Schreiben an das FA Mitte/Tiergarten auf. Es geht zwar nur um zwei Monate vor dem Abmelden, aber was soll's. Man braucht es den Behörden ja nicht unnötig leicht zu machen. :-D

Wie wäre eigentlich der Sachverhalt beim Hauptwohnsitz in Berlin und Nebenwohnsitz anderswo> Wird dann die Berliner Wohnung automatisch zur Erstwohnung> Wer legt eigentlich fest, was Erst- und was Zweitwohnung ist, wenn die Definitionen von Wohnung und Wohnsitz voneinander unabhängig sind>

Viele Grüße
Patrick

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Christian @, Sonntag, 23.09.2007 (vor 6084 Tagen) @ picture-imp

Hallo Patrick
eine interessante Frage - aber praktisch nicht von Bedeutung.
In den wenigsten Satzungen kommt das Wort „Wohnsitz“ vor, in den Meldegesetzen überhaupt nicht. Auch im Berliner ZWStG taucht es nicht auf. Von den Normen her dürfte der Wohnsitz im ZWSt-Recht also keine Rolle zu spielen.
Wohnung und Wohnsitz sind von der Definition her was anders.
Es geht im Melderecht um Haupt- und Nebenwohnung, und die meisten ZWStS greifen auf diese Regelung zurück, indem sie beim Innehaben mehrerer Wohnungen die Haupt- als Erstwohnung und alle weiteren Wohnungen als Zweitwohnungen festlegen. Das hatte besonders der BFH immer als „mit der Verfassung vereinbar/verfassungsgemäß“ propagiert. Das dürfte sich so kategorisch heute aber nicht mehr halten lassen, denn dieser Rückgriff ist mit dem Grundgesetz eben nicht vereinbar.
Entsprechende Satzungsregelungen vorausgesetzt, wäre es also durchaus möglich, für zwei innegehabte Wohnungen in zwei verschiedenen Orten dort jeweils zur ZWSt herangezogen zu werden. Zurzeit nicht denkbar, weil (fast) alle Satzungen über das Melderecht gehen, aber eben auch nicht ausgeschlossen. In so einem Fall wird man dann wohl den alten Salomo exhuminieren und wiederbeleben müssen.
Gruß
Christian