Schweriner Urteil - Gammelkamellen

Christian @, Donnerstag, 23.11.2006 (vor 6356 Tagen)

Hier eine alte Kamelle - sozusagen eine Gammelkamelle -, die ich beim Suchen rund um das „Schweriner Urteil“ ausgegraben habe: Die Stellungnahme des OB Rostock vom 2.3.05 zu einer Anfrage der FDP-Stadtratsfraktion.

Da führt der OB aus:
[blockquote] „Bei allen Steuerpflichtigen, also auch bei den Studenten, die angeben, über keine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu verfügen, wird das Vorliegen der Voraussetzungen auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme (Erlass, Stundung, abweichende Steuerfestsetzung) entsprechend den Vorschriften der Abgabenordnung geprüft. Im Jahr 2004 wurden z. B. 66 Stundungen gewährt und 104 Steuerpflichtigen auf Grund mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit die Steuern erlassen.“ [/blockquote]

Interessant finde ich das schon.
1. Da wird eine Steuer erhoben, deren Steuergegenstand ein Zustand sein soll, der Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist.
2. Dieser Zustand wird mit der Rostocker ZWStS vorgeblich objektiv festgestellt.
3. Dann wird 104 so ermittelten Steuerpflichtigen auf Grund mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (die ja gerade Ursache der Steuerpflicht sein soll) diese Steuer erlassen.

Der Fall der Auszubildenden/Studierenden kann kein Fall einer sachlichen Unbilligkeit sein, stellte das VG Schwerin erst jüngst fest. Bleibt also die subjektive Unbilligkeit, die - so ebenfalls VG Schwerin -, bei BAföG-Beziehern durchaus vorliegen mag.
Vor einem vorschnellen Urteil muss ich mich hüten, denn ich kenne weder übrigen Zahlen, noch weiß ich, wie sich diese 104 „Erlassfälle“ zusammensetzen. Aber die Zahl erscheint mir doch so hoch, dass man als Verantwortlicher (hier OB Rostock) eigentlich ins Grübeln kommen und sich die Fragen stellen sollte:
Gewähre ich den Billigkeitserlass zu großzügig und entziehe der Hansestadt somit dringend benötigte Steuergelder>
oder
Könnte eine derart hohe subjektive Erlassquote ein Hinweis darauf sein, dass meine „objektive“ Feststellung - und damit die Satzung -, von Grund auf fehlerhaft ist>