ZWS Befreiung Verheiratete Nürnberg

AdiZwo, Montag, 04.10.2021 (vor 907 Tagen)
bearbeitet von AdiZwo, Montag, 04.10.2021

Hallo,

weiß jemand mehr Details zum Folgenden Sachverhalt?:
Laut der Zweitwohnungssteuersatzung von Nürnberg sind Verheiratete, die aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung in Nürnberg innehaben, von der Zweiwohnsitzsteuer befreit.
Dies scheint jedoch unter der Einschränkung zu laufen, dass die Zweitwohnung überwiegend genutzt werden muss:
"Keine Zweitwohnungen im Sinne dieser Satzung sind: Wohnungen, die verheiratete [..] Personen aus beruflichen Gründen [..] in Nürnberg innehaben und die sie überwiegend nutzen, [..]"
Auszug aus: Zweitwohnsitzsteuersatzung Nürnberg 2018

Gibt es hierzu Richtlinien, oder Erfahrungswerte, was in diesem Fall eine überwiegende Nutzung ist? Mir erschließt sich nicht so ganz, weshalb eine rein beruflich genutzte Zweitwohnung, die z.b. nur zwei Tage die Woche genutzt wird, da man z.b. die restlichen Tage aus dem Homeoffice arbeitet anders behandelt werden sollte, als bei häufigerer Nutzung. Die Kosten für die Miete bleiben ja gleich.

Ist diese Einschränkung überhaupt mit der Rechtsprechung vereinbar?
Laut Bundesverfassungsgericht sind ja Verheiratete, die sich einen gemeinsamen Hauptwohnsitz teilen und, die aus beruflichen Gründen einen Zweitwohnsitz unterhalten von der Zweitwohnsitzsteuer befreit. Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 11. Oktober 2015, Az. 1 BvR 1232/00

Vom Bundesfinanzhof gibt es sogar ein Urteil, welches die Befreiung von der Zweitwohnungssteuer eines Verheirateten, unabhängig vom Umfang der Nutzung der Zweitwohnung bestätigt:
Bundesfinanzhof Urteil vom 30. September 2015, II R 13/14
Die Hauptfrage hierzu ist jetzt natürlich wie allgemeingültig dieses Urteil ist und ob es auch auf Zweitwohnungssteuersatzungen anderer Städte übertragbar wäre.


Vielen Dank schonmal für die Antworten!

ZWS Befreiung Verheiratete Nürnberg

Alfred @, Montag, 04.10.2021 (vor 907 Tagen) @ AdiZwo

"Keine Zweitwohnungen im Sinne dieser Satzung sind: Wohnungen, die verheiratete [..] Personen aus beruflichen Gründen [..] in Nürnberg innehaben und die sie überwiegend nutzen, [..]" Gibt es hierzu Richtlinien, oder Erfahrungswerte, was in diesem Fall eine überwiegende Nutzung ist?

Gemeint ist hier wohl - in Bezug auf das Bundesmelderecht - die vorwiegend benutzte Wohnung, also die Wohnung, die rein quantitativ zeitlich vorwiegend benutzt wird.
Derartige Einschränkungen enthalten viele Satzungen und von einigen VG/OVG wurde das bisher toleriert. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es dazu noch nicht.

Laut Bundesverfassungsgericht sind ja Verheiratete, die sich einen gemeinsamen Hauptwohnsitz teilen und, die aus beruflichen Gründen einen Zweitwohnsitz unterhalten von der Zweitwohnsitzsteuer befreit.

Das BVerfG begründet das u.a. wie folgt:
„Die Verweisung in den Satzungen auf die melderechtlichen Regelungen über die Definition der "Hauptwohnung" bewirkt, dass verheiratete Personen anders als nicht Verheiratete zur Zweitwohnungsteuer für die von ihnen vorwiegend benutzte Wohnung herangezogen werden, soweit die Familie im Übrigen eine andere Wohnung vorwiegend nutzt. Die melderechtlichen Regelungen, die eigentlich auf Besonderheiten familiären Zusammenlebens Rücksicht nehmen wollen, wirken sich durch ihre Inbezugnahme in den Satzungen nunmehr als eine Benachteiligung Verheirateter aus. Während nicht verheiratete Personen keine Zweitwohnungsteuer für die vorwiegend benutzte Wohnung zu entrichten haben, können Verheiratete die Besteuerung nicht vermeiden, wenn die Familie, von der sie nicht dauernd getrennt leben, die andere Wohnung vorwiegend benutzt.“


Darauf bezieht sich wohl auch die Nürnberger Satzung.

Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 11. Oktober 2015, Az. 1 BvR 1232/00

Der Beschluss ist vom 11. Oktober 2005

ZWS Befreiung Verheiratete Nürnberg

AdiZwo, Freitag, 08.10.2021 (vor 903 Tagen) @ Alfred

Hallo Alfred,

Danke für die schnelle Antwort!
Diese macht mir zumindest den Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zur Zweitwohnsitzsteuerbefreiung von Verheirateten klarer.

Falls sich das Nürnberger Amt bei einer nicht überwiegend genutzten, beruflich benötigten Zweitwohnung bzgl. der Befreiung von der Zweitwohnsitzsteuer querstellen sollte:
Gibt es da eine Chance dem, mit Verweis auf die nicht eindeutige Rechtslage zu widersprechen, oder würde das dann gleich auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinauslaufen?

ZWS Befreiung Verheiratete Nürnberg

Alfred @, Freitag, 08.10.2021 (vor 903 Tagen) @ AdiZwo

Für die Nürnberger dürfte die Rechtslage eindeutig sein - steht schließlich in ihrer Satzung. Es läuft ziemlich sicher auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinaus - vermutlich über mehrere Instanzen und mit unerfreulichem Ergebnis.

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Rebell @, Freitag, 08.10.2021 (vor 903 Tagen) @ Alfred

Für die Nürnberger dürfte die Rechtslage eindeutig sein - steht schließlich in ihrer Satzung. Es läuft ziemlich sicher auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinaus - vermutlich über mehrere Instanzen und mit unerfreulichem Ergebnis.

Sehr zutreffend formuliert ABER wer nicht klagt kann auch nicht gewinnen- dazu einige Beispiele bezüglich Zweitwohnungssteuer - erfolgreiche Klagen - eine Klage wurde nach 9 Jahren zu Gunsten des Klägers entschieden wegen rechtswidriger Satzung - obwohl schon mehrere Instanzen den Kläger abgewiesen hatten.
Zwst ist eigentlich nur Landesrecht und kein Bundesrecht - folglich entscheiden Verwaltungsgerichte je nach dem Willen der landesregierung - Bundesverwaltungsgericht oder Bundesverfassungsgericht stehen über den Landesrechten

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AdiZwo, Dienstag, 12.10.2021 (vor 899 Tagen) @ Rebell

Vielen Dank für die klaren Antworten!