Tipp 3 gegen Satzungen, die an das Melderecht anküpfen
Abgestimmt auf die jüngste Entscheidung des BVerwG.
Wenn die städtische Satzung das Innehaben der Erstwohnung nicht ausdrücklich fordert, sollten alle, die keine Erstwohnung innehaben, und sich gegen einen Zweitwohnungsteuerbescheid wehren müssen, für Widerspruch und/oder Klage folgende Formulierung verwenden:
„Die Zweitwohnungsteuersatzung der … vom …, [in der Form der ..
Änderungssatzung vom ... ... ....] ist weder ist formell noch materiell rechtmäßig und verfassungsrechtlich zu beanstanden, da nach ihr keine Aufwandssteuer i. S. des Art. 105 Abs. 2 a GG erhoben wird. Der angefochtene Zweitwohnungsteuerbescheid vom … … ….ist rechtwidrig.“>
Abgeschrieben habe ich das, wenn auch mit leichten Änderungen, beim VG Magdeburg, dem ich deswegen auch das Copyright zuspreche.
Tipp 3 gegen Satzungen, die an das Melderecht anküpfen
Bjoern , Montag, 29.09.2008 (vor 5825 Tagen) @ Christian
Hallo Christian,
ich glaube, du machst es dir zu einfach. schau dir einfach mal die Rostocker Satzung an und vergleiche sie mit der aus Wuppertal. hinsichtlich der Wohnungsdefinition unterscheiden sich beide gewaltig: für Wuppertal ist eine Wohnung "jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder
Schlafen benutzt wird" ... während für Rostock gilt "Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört"!
jetzt schauen wir uns die Pressemitteilung des BVerwG an:
[blockquote]Der Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG fordere (...) für die Zweitwohnungssteuer nicht, dass der Steuerpflichtige über eine Erstwohnung mit einer rechtlich abgesicherten Nutzung verfüge. Das Innehaben einer - weiteren - Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung sei ein besonderer, typischerweise über das allgemeine Wohnbedürfnis hinausgehender Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Zu welchem Zweck eine solche Wohnung genutzt werde und wer sie finanziere, sei unerheblich. Im Rahmen der im Steuerrecht zulässigen Typisierung komme es nicht darauf an, ob im Einzelfall Leistungsfähigkeit gegeben sei.[/blockquote]
fällt dir was auf> das BVerwG geht sehr wohl auf den Begriff der Aufwandsteuer ein und stellt fest, dass es für eine wirksame Aufwandsteuer nicht erforderlich ist, beide Wohnungen inne zu haben!
wenn jetzt also jemand kommt und sagt "Es ist keine Aufwandsteuer" ... dann halte ich das für ziemlich aussichtslos!!
außerdem haben wir doch - nach Auffassung des BVerwG - den zu besteuernden Aufwand: jemand hat eine Haupt- und eine Nebenwohnung. zur Befriedigung des Grundbedürfnisses "Wohnen" reicht eine Wohnung aus ... wenn sich jemand also 2 Wohnungen leistet, betreibt er mehr Aufwand als einer, der nur das Grundbedürfnis abdeckt. insofern kann hier eine Aufwandsteuer anknüpfen
(das ist auch der entscheidende Unterschied zur rechtswidrigen Einwohnersteuer: dort gab es nur eine Wohnung, welche besteuert werden sollte)
ich schließe daraus: der einzige Grund, weshalb den Rostocker Revisionen nicht stattgegeben wurde, ist der, dass dort die Wohnung anders definiert wurde und in den klagerelevanten Fällen die melderechtliche Hauptwohnung keine Wohnung im Sinne der Rostocker Satzung war. nur deshalb war der Tatbestand der Satzung nicht erfüllt ... und die Satzung ist kein Bundesrecht. daher ist dieses Urteil (bzw. diese Urteile) im Einklang mit dem Bundesrecht!
weitere Schlussfolgerung: der ZWS ohne innegehabte Erstwohnung kann nur noch mittels einer Grundrechtsverletzung beigekommen werden. Ansatzpunkte sind das Sozialstaatlichkeitsprinzip bei Bafög-Empfängern (auch wenn das BVerwG es anders sieht ... da könnte Karlsruhe dazwischen funken!) oder eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Pauschalierung ist willkürlich und verstößt deshalb gegen Art. 3 GG oder willkürliche Gleichsetzung hinsichtlich der Inhaberschaft der Erstwohnung)
Tipp 3 gegen Satzungen, die an das Melderecht anküpfen
Tilly , Montag, 29.09.2008 (vor 5825 Tagen) @ Bjoern
Hallo Bjoern,
unter dem Vorbehalt des schriftlichen Urteils:
Nach der Pressemitteilung – deren Richtigkeit vorausgesetzt -, erweist sich Deine Schlussfolgerung, es käme auf die Wohnungsdefinition an, schon deswegen als falsch, weil ein „ umschlossener Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört“ mit Sicherheit auch in der elterlichen Wohnung genutzt werden kann. Es muss also um das Steuertatbestandsmerkmal „Innehaben“ gegangen sein, welches die Rostocker Satzung ja für Neben- und Hauptwohnung fordert (noch).
Interessant allenfalls, dass man in Rostock vom Waschen/Duschen/Baden nichts zu halten scheint – das gehört dort wohl nicht zum „allgemeinen Wohnbedürfnis“. Wer eine empfindliche Nase hat, sollte die Richtigkeit meiner Schlussfolgerung prüfen, bevor (!) er nach Rostock fährt.
Auch wenn es mich schmerzt, ich muss Christian mit seinem Tipp Recht geben. Ich kenne nicht viele Satzungen, aber da ist keine dabei, mit der sich eine zulässige örtliche Aufwandsteuer (nach Art. 105 Abs 2 a GG) erheben lässt. Begründen müsste er es allerdings schon.
Deutlicher kann ich hier nun aber wirklich nicht werden, weil ich sonst Ärger mit meinen Ordensoberen kriege – und auf deren Wohlwollen bin ich nun mal angewiesen.
Gruß aus dem gebeutelten Bayern, das bei der ZWSt bestimmt noch mit einigen Überraschungen aufwarten wird.
Tilly
Tipp 3 gegen Satzungen, die an das Melderecht anküpfen
Bjoern , Montag, 29.09.2008 (vor 5825 Tagen) @ Tilly
Hallo Tilly,
das überzeugt mich nicht.
erstens spricht das Lüneburger Urteil dagegen ... damals ging es doch auch darum, dass das elterliche Kinderzimmer die erforderliche Mindestausstattung der Wohnung laut der damals verhandelten Satzung nicht erfüllt.
und dass ein typisches Kinderzimmer keine eigene Küche / kein eigenes Bad hat, können wir doch problemlos unterstellen
zweitens hat die Rostocker Satzung hinsichtlich der Definition und des Innehabens der Zweitwohnung den gleichen Wortlaut wie die des BVerfG 1983. Wuppertal hat ebenfalls diese Definition (§ 2 (2) c der Satzung)
das OVG Meck-Pomm hat die Definition dahingehend ausgelegt, dass das Wort "neben" so zu verstehen ist, dass damit "beide nebeneinander" gemeint ist. dies hat das BVerwG (vermutlich) bestätigt.
das VG Düsseldorf hat genau so argumentiert ... und wurde vom BVerwG zurückgepfiffen
ergo: das kann nicht der Grund gewesen sein
Tipp 3 gegen Satzungen, die an das Melderecht anküpfen
Tilly , Montag, 29.09.2008 (vor 5825 Tagen) @ Bjoern
Hallo Bjoern,
» das überzeugt mich nicht.
Dann eben nicht.
» erstens spricht das Lüneburger Urteil dagegen ... damals ging es doch auch» [richtig!] darum, dass das elterliche Kinderzimmer die erforderliche Mindestausstattung der Wohnung laut der damals verhandelten Satzung nicht erfüllt. und dass ein typisches Kinderzimmer keine eigene Küche / kein eigenes Bad hat, können wir doch problemlos unterstellen
Unterstelle, was Du willst, das spielt nur beim Innehaben der Hauptwohnung eine Rolle. Lassen wir das VG Lüneburg doch selbst sprechen:
„Weil für die melderechtliche Anerkennung eines Hauptwohnsitzes nicht das für die Steuererhebung maßgebliche Vorhalten einer abgeschlossenen Wohnung erforderlich ist, kann allein durch die Betrachtung der melderechtlichen Verhältnisse nicht auf das Vorliegen des Steuertatbestandes (Innehaben von zwei Wohnungen) geschlossen werden.“
Das ist völlig unabhängig von der Wohnungsdefinition, denn auch verkürzt bleibt die Aussage richtig.
„Weil aus der melderechtlichen Anerkennung einer Hauptwohnung nicht auf das Vorliegen des Steuertatbestandes (Innehaben von zwei Wohnungen) geschlossen werden kann, kann dieser allein durch die Betrachtung der melderechtlichen Verhältnisse nicht erfüllt werden.“
» zweitens hat die Rostocker Satzung hinsichtlich der Definition und des Innehabens der Zweitwohnung den gleichen Wortlaut wie die des BVerfG 1983.
Eben deswegen wurde die Erhebungspraxis durch das verworfen. Die Satzung hat das OVG bestätigt.
» Wuppertal hat ebenfalls [>] diese Definition (§ 2 (2) c der Satzung)
Und was bitte wollen die Wuppertaler damit besteuern>
Gruß
Tilly