Apropos Halle (Saale)

Alfred @, Mittwoch, 26.08.2009 (vor 5494 Tagen)

Ein kluger Mann (ausnahmsweise nicht Konfusius) hat mal gesagt: „Nur wer klare Begriffe hat, sollte Gesetze erlassen dürfen.“

Da soll in Halle (Saale) eine neue ZWStS erlassen werden, weil die alte nach einer Entscheidung des OVG LSA unwirksam ist. Warum eigentlich, wenn das OVG LSA die Satzung der Landeshauptstadt Magdeburg, die den gleichen Webfehler hat, pausenlos für wirksam erklärt, weil es daraus etwas zu erkennen vermag>

Prompt schreibt jemand in einer Vorlage für den Hohen Rat der Stadt Halle:

Eine Definition der Erstwohnung ist aus Sicht der Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 17.09.2008 – 9 C 14.07) nicht zwingend erforderlich, kann aber der Klarstellung dienen. Deshalb wird § 1 Abs. 2 Buchstabe c der Satzung wie folgt angepasst:
… „die jemand neben seiner melderechtlichen Hauptwohnung zu Zwecken des eigenen persönlichen Lebensbedarfs oder des persönlichen Lebensbedarfs seiner Familie innehat. Hinsichtlich der Hauptwohnung kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit für diese über eine rechtlich abgesicherte Nutzung verfügt, zu welchem Zweck sie genutzt wird und wie diese finanziert wird“.

Was bitte, hat das mit der Erstwohnung zu tun> Dass es bei der melderechtlichen Hauptwohnung um das Wohnen(oder Schlafen) geht, sollte eigentlich auch so klar sein, denn das ist gesetzlich bereits so geregelt. Wenn also jemand (ggf. mit seiner Familie) eine melderechtliche Hauptwohnung im Einklang mit dem Gesetz zum Wohnen oder Schlafen nutzt, ist das immer dem „persönlichen Lebensbedarf“ zuzuordnen. Auch dass es bei der melderechtlichen Hauptwohnung nicht darauf ankommt, ob und inwieweit für diese über eine rechtlich abgesicherte Nutzung verfügt und wie diese finanziert wird, lässt sich bereits dem Melderecht entnehmen – die Wohnung muss nur zum Wohnen oder Schlafen genutzt werden, nicht mehr, oder auch nicht weniger. Ist das nicht der Fall, ist es melderechtlich keine Wohnung und erst Recht keine Hauptwohnung – womit sich die Frage erhebt,

Was soll uns diese Norm eigentlich sagen>

Wenn sie denn so erlassen wird. Was fraglich sein muss, denn im Hohen Rat der Stadt Halle (Saale) sitzen ganz bestimmt nur kluge Leute, die klare Begriffe haben und eine Erst- von einer melderechtlichen Hauptwohnung unterscheiden können. Ehrlich.

PS 1:
Eine kluge Frau hat allerdings mal sinngemäß gesagt, dass die Kommunen nicht mit ihren gesetzgeberischen Befugnissen umgehen könnten.
PS 2:
Lieblingsspruch einer alten Lehrerin: "Herr, lass Gras wachsen, die Schafe vermehren sich."

Apropos Halle (Saale)

Bjoern @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Alfred

Hallo Alfred

wenn ich auf der Homepage der Stadt Halle richtig geschaut habe, ist die geänderte Satzung am 27.05.2009 beschlossen wurden. es ist davon auszugehen, dass diese in der Zwischenzeit im Amtsblatt veröffentlicht wurde. folglich ist sie in Kraft getreten.

kann man die Beschlussvorlage, aus der du zitiert hast, irgendwo im Netz nachlesen>!> die Magdeburger sind ja immer so freundlich und stellen diese in Netz

zu deiner Frage: was uns diese Norm sagen will, weiss ich auch nicht. anscheinend will man sich doppelt absichern, dass die Hauptwohnung nicht innegehabt werden muss (auch wenn der 1. Satz im Prinzip genau das Gegenteil sagt ... zumindest nach unserer Rechtsauffassung)
das die steuererhebenden Kommunen gerne per Definition die Haupt- mit der Erstwohnung gleichsetzen wollen, ist ja auch bekannt
ob dies zulässig ist, werden wir hoffentlich bald erfahren (*nach Karlsruhe schiel*)

was ich übrigens noch viel witziger finde:
§ 2 (1) Satz 2 der Hallenser Satzung: "Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, (...) der Inhaber einer Wohnung nach § 1 Abs. 2 c ist."

wie war das mit den klugen Leuten im "Hohen Rat der Stadt Halle (Saale)" >!> :-D

Apropos Halle (Saale)

Bjoern @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Bjoern

da kommt mir doch gleich noch eine Idee:

es gilt doch bei kommunalen Steuersatzungen der Bestimmtheitsgrundsatz, d.h. es mussklar bestimmt sein, welcher Zustand bzw. welche Handlung eine Steuerpflicht auslöst.

Steuergegenstand ist das "Innehaben einer Zweitwohnung". was eine Zweitwohnung sein soll, ist unter § 1 (2) geregelt. soweit klar ...

aber was ist unter "Innehaben" zu verstehen. die Hallenser erklären in § 2 (1):

"Steuerpflichtiger ist der Inhaber einer Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken oder der Inhaber einer Wohnung nach § 1 Abs. 2 c ist."

ok - erklärt zwar nicht den Begriff des Innehabens, sondern den des Inhabers ... aber egal.

Inhaber einer Zweitwohnung ist also derjenige, dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. hat schon mal jemand ins Meldegesetz geschaut und dort den Begriff der Zweitwohnung gefunden>!> ich nicht. was ist also damit gemeint>>
als normaler Bürger schaut man hier ziemlich dumm aus der Wäsche, weil man sich nicht erklären kann, welcher Zustand / welches Verhalten die Steuerpflicht auslöst. wie ist das mit dem Bestimmtheitsgrundsatz zu vereinen>>

aber die schlauen Leute aus Halle haben ja noch eine zweite Definition des Innehabens in ihrer Satzung versteckt:
Inhaber einer Zweitwohnung ist auch derjenige, der Inhaber einer Wohnung nach § 1 Abs. 2 c ist.
aha - Inhaber ist also der Inhaber. gut erklärt - nur welcher normale Bürger versteht, was die Stadt damit meint>!>

sind wir jetzt schlauer>> ich meine NEIN ... und komme zu dem Ergebnis, dass ich nicht weiss, wann ich Inhaber einer Zweitwohnung bin (bzw. wann ich eine Zweitwohnung innehabe)

könnte man also nicht diese Satzungsnorm wegen der Verletzung des verfassungsmäßig gebotenen Bestimmtheitsgrundsatzes (oder auch Klarheitsgrundsatzes) angreifen>
sollte sie deswegen aufgehoben werden, fehlt es an einem vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebenen Mindestinhalt einer kommunalen Abgabensatzung (vgl. § 2 KAG LSA), so dass diese aufzuheben wäre.

Yvonne - ist das ein Ansatz, um auch die 3. Satzung der Stadt Halle zu kippen>!> ;-)

Apropos Halle (Saale)

Yvonne Winkler @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Bjoern

Nach meiner Kenntnis ist nur die alte Satzung veröffentlicht

http://www.halle.de/Publications/sr216.pdf

Von einer Veröffentlichung der Neuen habe ich noch nichts gelesen. Also mache ich mir darüber noch keine Gedanken.;-)

Apropos Halle (Saale)

Alfred @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Bjoern

Richtig, die Satzung wurde am 4. Juni 2009 im Amtsblatt veröffentlicht (S. 6) und soll rückwirkend zum 1. Januar 2004 in Kraft treten.
Damit ist der erste Ärger vorprogrammiert, denn durch die substantielle Änderung der Wohnungsdefinition wird man wohl versuchen, nun auch einzelne Zimmer (die vorher keine „Wohnungen“ waren) zu besteuern. Ob das wohl gut geht> Hoffentlich nicht.
Was den von mir zitierten § 2 Absatz 2 c) angeht: Das war eigentlich mehr als Satire gedacht, denn der Absatz ist völlig bedeutungslos. Damit kann niemand besteuert werden. Insofern ist der „Inhaber, der Inhaber einer Wohnung ist“, allenfalls dazu geeignet, die Spachjongleure derStadt lächerlich zu machen.
Die Einschränkung
„Hinsichtlich der Hauptwohnung kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit für diese über eine rechtlich abgesicherte Nutzung verfügt, zu welchem Zweck sie genutzt wird und wie diese finanziert wird“
dürfte nach Recht und Ordnung allerdings nur für diesen Buchstaben – und nicht für a) oder b) oder sonst was gelten.
Die sprachliche Artistik trifft auch für § 2 Ans. 5 c) zu, nach dem „eine … Wohnung“ keine „Zweitwohnungen sind“ und es nun neuerdings auch eine „eingetragene lebenspartnerschaftliche Wohnung“ gibt. Na ja, wer gutwillig ist, kann vermuten, was gemeint ist, und Böswillige finden überall was zu meckern. Fragt sich nur, ob man das wirklich nicht hätte besser machen können.
Das gilt wohl auch für § 1 Abs. 3, wonach man eine Zweitwohnung erst dann innehat, wenn er sie mindestens drei Monate pro Jahr nutzt. Das gibt verwaltungstechnische Schwierigkeiten, denn das MG LSA sieht eine Meldung u.U. erst nach 6 Monaten vor. Außerdem läuft das dem Charakter der Zweitwohnung (nach BVerfG und BVerwG) zuwider. Der Satz:
„Eine Wohnung verliert die Eigenschaft als Zweitwohnung nicht dadurch, dass ihr Inhaber sie zeitweilig zu einem anderen Zweck nutzt.“
bleibt deswegen nebulös.
Nun, Eigentore sind die schmerzlichsten. Das VG Halle wird sich freuen.

Deine weiteren Ideen: Was der Begriff „Innehaben“ bedeutet, hat liebenswürdiger Weise das BVerwG klar gestellt, und dabei auch gleich mit der Vorstellung aufgeräumt, das Nutzen einer Wohnung sei im allgemeinen für eine Aufwandsteuer maßgeblich zu verwenden. Das können sich die Hallenser also von der Backe schminken. Wer eine melderechtliche Nebenwohnung nur nutzt, ist nicht Inhaber einer Zweitwohnung. Auf dem Ansatz trommeln einige Leute schon lange rum - nur manche Gerichte wollen es nicht glauben. sie sehen etwas anderes. Was jetzt wohl nicht mehr möglich sein dürfte.

Wer zahlt, ist selber schuld.

Apropos Halle (Saale)

Yvonne Winkler @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Alfred

Ups, Alfred...mea culpa

Die Amtsblätter habe ich nicht nachgelesen, sondern ging davon aus, dass die Stadt, wenn sie denn schon eine neue Satzung in die Welt setzt, diese auch auf der Stadtseite aktualisiert.

Das hat man offenbar vergessen.

Apropos Halle (Saale)

Alfred @, Donnerstag, 27.08.2009 (vor 5493 Tagen) @ Yvonne Winkler

» Ups, Alfred...mea culpa
da fehlt nur noch: mea maxima culpa
Vielleicht schämt man sich für diese Satzung und stellt sie deswegen nicht ins Netz. Obwohl ich das auch nicht so richtig zu glauben vermach. Andererseits, die alte Satzung war besser, die ist mit dem Segen des OVG LSA unwirksam.