Weltoffene Stadt Bonn

Alfred @, Mittwoch, 11.08.2010 (vor 5144 Tagen)

Nun hat sich auch die Stadt Bonn zur Einführung der so genannten Zweitwohnungsteuer, die früher angeblich nicht zum Image einer weltoffenen Stadt (Bonner über Bonn) passte, entschlossen. Ab 1.1.2011 werden 12% der Kaltmiete fällig. Damit keiner auf dumme Ideen kommt, lässt die Stadt schon mal vorsorglich mit dem Amtsgericht (!) drohen
(Bonner General Anzeiger vom 11.08.10
www.general-anzeiger-bonn.de/index.php>k=loka&itemid=10490&detailid=772504).
Dabei ist die Bonner Satzung genau so rechtswidrig, unklar und unsensibel wie die der meisten Kommunen. Das VG Köln kann einem Leid tun – wieder wird es einen juristischen salto mortale nach dem anderen schlagen müssen, wenn die Rechtmäßigkeit der Satzung bestätigt werden soll.
Zur Satzung selbst:
Sie ist im wesentlichen nur geeignet, bei alleinstehenden Inhabern „diskriminierungsfrei“ zuzugreifen – in fast allen anderen Fällen hakt es gewaltig. Für mich als juristischen Laien immer wieder phänomenal: Man erlässt eine Satzung, die für die meisten Fällen verfassungswidrig ist, wendet sie aber da nicht an.
Praktische Nutzanwendung:
Wer in Bonn wohnt und keine ZWSt zahlen will, sollte sich, wenn nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen, spätesten ab 31.12.2010 dort mit Haupt- oder alleiniger Wohnung registrieren lassen. In solchen Fällen wäre nach der Satzung eine Besteuerung unmöglich.

PS:
1. In der Praxis wohl ziemlich bedeutungslos, aber nicht minder kurios:
Wer die Nutzung seiner Nebenwohnung durch einen Familienangehörigen zulässt, zahlt ZWSt. Erlaubt er aber einem nicht zur Familie gehörenden Dritten die Nutzung in gleicher Weise, fällt keine ZWSt an. Ist zwar so nicht gemeint, steht aber so da und zwingt einmal mehr zu einer Auslegung gegen den Wortlaut der Norm. Aber das ist ja nichts Neues. Entscheidend soll schließlich der Wille der Verwaltung sein.
2. Für Leute, die das Ganze gerne parteipolitisch festmachen wollen:
Gegen die ZWSt haben in Bonn die FDP und Die Linke gestimmt.

Weltoffene Stadt Bonn

LionelHutz @, Mittwoch, 11.08.2010 (vor 5144 Tagen) @ Alfred
bearbeitet von LionelHutz, Mittwoch, 11.08.2010

Danke für den Hinweis.

Die Beschlussvorlage inklusive Satzungsbegründung und Satzung (Anlage) habe ich auf der Internetseite der Stadt Bonn unter folgendem Link gefunden:

[link=http://www2.bonn.de/bo_ris/ris_sql/sum_dok_info.asp>e_search_1=76545&e_search_4=Wahr]http://www2.bonn.de/bo_ris/ris_sql/sum_dok_info.asp>e_search_1=76545&e_search_4=Wahr[/link]

Die Satzungsbegründung ist drollig!

Die Verwaltung geht von rund 31.500 mit Nebenwohnung gemeldeten und damit zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichteten Personen aus.

Weiter geht die Verwaltung aber davon aus, dass von diesen Personen nur 1.474 "steuerpflichtig" (offenbar ist § 33 AO in Bonn nicht bekannt) sind, also die Steuer auch tatsächlich schulden.

Bin ich der einzige, dem bei diesem Vorgang in der 'Bundesstadt' Stichworte wie 'Rechtsstaatsprinzip', 'Verhältnismäßigkeit' und 'Rasterfahndung' durch den Kopf schwirren>> :confused:

Weltoffene Stadt Bonn

Alfred @, Mittwoch, 11.08.2010 (vor 5144 Tagen) @ LionelHutz

» Die Beschlussvorlage ....
Danke für den Hinweis.

» Die Satzungsbegründung ist drollig!
Insbesondere die Berechnung der zusätzlichen Einnahmen. So wie die Satzung selbst – Stochern im Nebel. Passiert, wenn man nicht weiß, was man tut/will/darf.
Ob sie wohl auf der Ausgabenseite die Verfahrenskosten mit eingezogen haben>

» Bin ich der einzige, dem bei diesem Vorgang in der 'Bundesstadt' Stichworte wie 'Rechtsstaatsprinzip', 'Verhältnismäßigkeit' und 'Rasterfahndung' durch den Kopf schwirren>>
Du bist nicht der einzige, aber
- es ist nicht nur die Bundesstadt
- das juckt kein Gericht.

Die Klageflut könnte sich nun auch rheinabwärts zum VG Köln ergießen. Fast könnten einem die Richter leid tun. Aber vielleicht gibt es beim VG noch ein oder zwei zusätzliche Kammern, die natürlich den Etat der Stadt Bonn nicht belasten.

Weltoffene Stadt Bonn

LionelHutz @, Mittwoch, 11.08.2010 (vor 5144 Tagen) @ Alfred

Das tragisch komische an der Geschichte ist für mich, dass der offenbar Hauptverantwortliche für die Satzung und deren Begründung, Stadtkämmerer Prof. Dr. Ludger Sander, anscheinend Honorarprofessor am Institut für Finanzwissenschaft I der Uni Münster ist.

Ob man dort davon ausgeht, dass Geldverbrennung durch Zweitwohnungssteuer die Lösung aller kommunalen Probleme ist> Löst die flächendeckende Einführung der Steuer eventuell gar das demographische Problem, weil am Ende des Tages alle Kommunen tausende neuer Einwohner verzeichnen> Wäre Müller-Armack ein Anhänger der Zweitwohnungssteuer> War er gar ihr geistiger Vater>

Fragen über Fragen... :confused:

Weltoffene Stadt Bonn

Rebell @, Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5143 Tagen) @ LionelHutz

» Ob man dort davon ausgeht, dass Geldverbrennung durch Zweitwohnungssteuer
» die Lösung aller kommunalen Probleme ist> Löst die flächendeckende
» Einführung der Steuer eventuell gar das demographische Problem, weil am
» Ende des Tages alle Kommunen tausende neuer Einwohner verzeichnen>

Diesbezüglich sei mal die Frage erlaubt: Versucht man denn in ganz Deutschland allmählich eine bestimmte wehrlose Gruppe von Bürgern an den Pranger als "Die Reichen" zu stellen >
Ist es nur die Wiederholung der Geschichte in anderer Form und mit anderem Hintergrund> Es ist hat nämlich nichts mit rassischem Gedanken zu tun es ist die Gier nach Geld mit dem zusätzlichen "Lenkungseffekt">
Man braucht eigentlich in der Politik nur einen Einfall der ohne größeren organisierten Widerstand zu befürchten ist und schon kann man Kasse machen!

Weltoffene Stadt Bonn

Alfred @, Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5143 Tagen) @ LionelHutz

» anscheinend Honorarprofessor am Institut für Finanzwissenschaft I der Uni Münster ist.
was nur beweist, das akademische Weihen keine Garantie für Vernunft sind.

» Löst die flächendeckende Einführung der Steuer eventuell gar das demographische Problem, weil am Ende des Tages alle Kommunen tausende neuer Einwohner verzeichnen>
Dann müssen wir Schengen verlassen und an den Grenzen Schilder aufstellen - wegen Überfüllung geschlossen!


» ... Müller-Armack ...War er gar ihr geistiger Vater>
Bestimmt nicht, so was schafft ein Nationalökonom nicht, das bringt nur ein Jurist (Voll-) fertig.:-(

Weltoffene Stadt Bonn

Yvonne Winkler @, Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5143 Tagen) @ Alfred

Stadtkämmerer sind selten vernünftig denkende Hausfrauen.:-D

Weltoffene Stadt Bonn

Rebell @, Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5143 Tagen) @ Yvonne Winkler

» Stadtkämmerer sind selten vernünftig denkende Hausfrauen.:-D

Un wie sind denn die männlichen Kämmerer zu beurteilen> Könnte man eventuell behaupten total unvernünftige Raubritter>:-P

Weltoffene Stadt Bonn

Alfred @, Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5143 Tagen) @ Yvonne Winkler

» Stadtkämmerer sind selten vernünftig denkende Hausfrauen.:-D
Schade eigentlich:-(

Weltoffene Stadt Bonn

LionelHutz @, Freitag, 13.08.2010 (vor 5142 Tagen) @ Yvonne Winkler
bearbeitet von LionelHutz, Freitag, 13.08.2010

» Stadtkämmerer sind selten vernünftig denkende Hausfrauen.:-D

Ich stelle einfach mal folgende provokante These auf:

Wer in einer Prüfungsarbeit für den gehobenen Dienst sinngemäß schreibt, "Die Satzung beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage, die nur Anwendung findet, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt", der muss mit Sicherheit zumindest Nachsitzen.

Zugegeben, der Unsinn in § 13 der Bonner Satzung ist natürlich abgeschrieben. Aber darauf kann man sich ja nichtmal in der Grundschule mit Erfolg berufen.

Ich wäre dafür, dass jedem Kämmerer bei seiner Ernennung eine Ausgabe des KAG und der entsprechenden Verwaltungsverordnungen ausgehändigt wird. Quasi so, wie man zum Abitur ein Grundgesetz geschenkt bekommt.

edit: Mir ist gerade aufgefallen, dass mein Post vielleicht etwas aus dem Kontext gerissen erscheint. ;-)

Die Verwaltungsverordnung zu § 12 KAG NRW stellt für den Beamten ohne juristische Staatsexamina klar, dass die Vorschrift zwingendes Recht ist. § 13 der Bonner Satzung regelt aber "Soweit diese Satzung im Einzelnen nichts anderes bestimmt..."

Weltoffene Stadt Bonn

Alfred @, Freitag, 13.08.2010 (vor 5142 Tagen) @ LionelHutz

» Ich stelle einfach mal folgende provokante These auf:
So provokant ist die These gar nicht. Jeder mittelmäßige öffentliche Angestellte kann das sachgerecht auslegen: Der Wille der Verwaltung entscheidet.
„Argumentum ad absurdum“ – das habe ich früher nie so richtig verstanden. Bis ich mich mit der ZWSt sowie der dazugehörigen Verwaltungs- und Spruchpraxis befasst habe. Bei der Gelegenheit: Gibt es eigentlich eine Untersuchung über "Vom rechten Gebrauch der Vernunft im Recht">


» Ich wäre dafür, dass jedem Kämmerer bei seiner Ernennung eine Ausgabe des KAG und der entsprechenden Verwaltungsverordnungen ausgehändigt wird. Quasi so, wie man zum Abitur ein Grundgesetz geschenkt bekommt.
Das hilft auch nichts, wenn sie nicht gelesen - und verstanden - wird.
Da gab es mal einen Innenminister, der das GG auch nicht immer unter dem Arm tragen konnte (als ob es da hin gehörte).