Ort in Bayern
Überschrift: Ein Fall aus Bayern (Ort soll nicht genannt werden)
Aufgrund eines intensiv behandelten Zweitwohnsitzsteuer-Vorganges in Bayern 2012 (bzgl. einer vom Eigentümer selbst genutzten Zweitwohnung) stellte es sich heraus, dass folgende Punkte gerichtlich/obergerichtlich noch zu klären sind:
A)Die Satzung selber ist möglicherweise fehlerhaft aufgrund folgender Feststellungen:
1.)In Bayern erhalten Gemeinden auch aufgrund von gemeldeten Zweitwohnsitzen Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches (...siehe Verordnung zum Finanzausgleichsgesetz). Wenn diese Gemeinden dann auch noch aufgrund der Zweitwohnsitzsteuer Einnahmen erzielen, so stellt dieses eine unangemessene Bereicherung dar, besonders wenn diese Steuer recht hoch ist. Diese Tatsache kann die ganze Zweitwohnsitzsteuer-Satzung in Frage stellen.
2.)Der Zweitwohnsitzinhaber zahlt uneingeschränkt Grundsteuer, also salopp ausgedrückt Straßenflicksteuer, nutzt und verschleißt die Straßen jedoch nur eingeschränkt, so dass sich die Gemeinde an ihm bereichert. Eine weitere Bereicherung durch die Zweitwohnsitzsteuer kann die ganze Satzung in Frage stellen.
3.)Der Zweitwohnsitzinhaber zahlt uneingeschränkt Kanal-Grundgebühren, Wasser-Grundgebühren und Müll-Grundgebühren, nutzt diese Einrichtungen jedoch nur eingeschränkt, so dass sich die Gemeinde an ihm bereichert. Eine weitere Bereicherung durch die Zweitwohnsitzsteuer kann die ganze Satzung in Frage stellen.
4.)Leute (ob Deutsche oder Ausländer), die ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben und ihren Zweitwohnsitz hier, zahlen keine Zweitwohnsitzsteuer, da sie in Deutschland keinen Hauptwohnsitz haben. Dieses Ausländerprivileg kann wg. der (grundgesetzlich und europarechtlich ausgeschlossenen>) Ungleichbehandlung die ganze Satzung in Frage stellen. Angeblich darf beim Vollzug der Zweitwohnsitzsteuersatzung nur das erfasst werden, wo das Melderecht einen melderechtlichen Neben-Wohnsitz ermöglicht. Denn Leute mit Hauptwohnsitz im Ausland können mit nur einer Wohnung in Deutschland melderechtlich in Deutschland nur einen deutschen Hauptwohnsitz haben, keinen deutschen Nebenwohnsitz.
5.)Die Satzung enthält vier Tarifzonen, Zone 1 nach unten offen, Zone zwei und Zone drei durch konkrete Jahresmietaufwandbeträge abgegrenzt, Zone 4 noch oben offen. Angeblich ist es geklärt, dass die bedeutsamen Ungerechtigkeiten, die bei Fällen in den Bereichen der wenigen Tarifzonengrenzen (Stufen) erzeugt werden, zu tolerieren sind. Der Zweitwohnsitzsteuer-Prozentanteil vom Mietaufwand in der Mitte von Zone zwei liegt klar höher als in der Mitte von Zone drei; angeblich ist diese unsoziale Begünstigung der Reicheren gerichtlich abgedeckt.
6.)In dem betreffenden Ort haben (überraschend) viele Gebäude Nebengebäude (frühere Personalwohnungen o.Ä.) auf dem gleichen Grundstück. Nach der Satzung ist jede Wohnung in einem anderen Gebäude als mit der Hauptwohnung eine steuerpflichtige Zweitwohnung.. Viele haben sowohl im Hauptgebäude als auch im Nebengebäude Wohnraum inne. Angeblich sei es geklärt, solcher Wohnraum in Nebengebäuden, die auf dem gleichen Grundstück wie das Hauptgebäude stehen, nicht zur Zweitwohnsitzsteuerpflicht führt. Dieses Einheimischenprivileg kann die ganze Satzung in Frage stellen.
7.)Überhaupt sei die örtliche Satzung bereits mehrmals gerichtlich dadurch bestätigt worden, da sie sich sehr eng an die bayerischen Mustersatzung anlehne, und in anderen bayerischen Gemeinden wiederholt uneingeschränkt bestätigt worden sei. Und diese bayerische Mustersatzung sei identisch mit der bundesweiten Mustersatzung, an der es auch keine Zweifel mehr gebe.
Anmerkung: Überhaupt ist die Zweitwohnsitzsteuer eine Steuer, die Schwache belastet, weil sie sich kommunalpolitisch nicht rühren können. Das wäre – extrem ausgedrückt - vergleichbar, wenn Kinder/Behinderte, die kein Wahlrecht haben, eine gesonderte Steuer zahlen müssen.
B)Die Höhe der Zweitwohnsitzsteuer betreffend
1.)Nach der Satzung ist bei einer vom Eigentümer selbst genutzten Wohnung von der ortsüblichen Miete auszugehen, die von der Gemeinde geschätzt wird. Angeblich sei es gerichtlich geklärt, dass es zulässig ist, dass die Gemeinde von einer einzigen Vergleichswohnung ausgeht; es sei nicht wie bei der baurechtlichen Bodenwertermittlung von mind. drei Vergleichsfällen auszugehen. Die Gefahr, dass es sich bei dem ausgewählten Vergleichsfall um einen Ausreißer handelt, störe nicht, denn bei der Zweitwohnungssteuer gehe es um weniger Geld als bei der Bodenwertermittlung. Die Höhe der Miete der Vergleichswohnung müsse auch nicht schriftlich durch eine Mietvertragskopie bewiesen sein. Es gilt, diese Behauptungen zu überprüfen.
2.)In der Satzung ist von der Nettokaltmiete auszugehen, wobei dieser Begriff nicht in der Satzung definiert ist. Nach der Satzung besteht der Unterschied zwischen der Bruttokaltmiete und der Nettokaltmiete in den Nebenkosten. Angeblich sei gerichtlich geklärt, dass es bei diesen Nebenkosten um die mietrechtlich auf die Mieter umlegbaren Nebenkosten handelt, und nicht um die Summe der umlegbaren und nicht umlegbaren Nebenkosten (wie einschl. Instandsetzungsrücklage und Grundsteuer). Es gilt, diese Behauptung zu überprüfen.
3.)In der Satzung ist der Begriff der Wohnung nicht definiert. Unklarheiten der Satzung gehen angeblich nicht zu Lasten der Gemeinde, wenn sich diese Unklarheiten mit anderen Gesetzen klären lassen; bei der Auswahl dieser anderer Gesetzes habe die Gemeinde angeblich große Freiheiten. Es sei gerichtlich geklärt, dass die Wohnungsdefinition des Melderechtes zu verwenden sei. Nach Melderecht sei eine Wohnung jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen geeignet sei. Nach längerer Diskussion wurde dem Steuerpflichtigen zugestanden, dass eine Garage (oder ein Tiefgaragenstellplatz) nicht zur Wohnung gehöre, denn eine Garage sei einzeln vermietbar. Es sei aber gerichtlich und aufgrund der Bundesmustersatzung geklärt, dass individuelle und kollektive Kellerräume (wie Kellerverschläge, Fahrradkeller, Waschmaschinenräume, Wäschetrockenräume) und auch Balkone zur Wohnung gehörten, selbst wenn diese nicht selber zum Wohnen geeignet seien; insofern gelte hier die Wohnungsdefinition des Melderechtes nicht. Es gilt, diese Behauptungen zu überprüfen.
Anmerkungen:
---Will ein Wohnungseigentümer in der (auch jahrzehntelangen) Phase bis zum Verkauf der Wohnung nicht mit der Zweitwohnsitzsteuer belastet werden, so muss er die Wohnung in einem Zustand der Nichtbewohnbarkeit vorhalten (z.B. mit Betonfußboden ohne Parkett)
---Beim wirklich (und nicht nur behaupteten) ordnungsgemäßen Vollzug der Satzung ist. m.E. der Verwaltungsaufwand so groß, dass jede vernünftige Gemeinde auf diese Steuerart verzichtet. Der Verwaltungsaufwand ist dann nicht so groß, wenn in der Satzung festgelegt ist, dass der Mietwert von Eigennutzern aus einem veröffentlichten Mietspiegel ergibt oder mit festen vorgegebenen Faktoren aus der Grundsteuer oder aus dem Kaufpreis errechnet wird; eine solche Festlegung sei aber von der bundeseinheitlichen Mustersatzung ausgeschlossen.
---Wegen der Schlüsselzuweisungen auch an melderechtlichen Nebenwohnsitzinhabern wurde in Bayern lange die Zweitwohnsitzsteuer vom Gesetzgeber ausgeschlossen, schließlich aber doch dem politischen Druck von Gemeinden nachgegeben.
---Viel Spaß beim Klären dieser Probleme, um diesen seit 2004 in Bayern möglichen Zweitwohnungssteuerspuk zu beenden.