http://www.welt.de/newsticker/news2/article108266564/Kulturfoerderabgabe-nur-auf-privat...
Das Urteil könnte auch für die ZWSt recht interessant werden. Obwohl ich nicht glaube, dass ein Bundesgericht so blind sein kann, dass es die Bettensteuer als zulässige örtliche Aufwandsteuer deklariert, wenn sie nur bei privaten Übernachtungen erhoben wird. Den Fehler haben sie schon mal gemacht.
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Werner , Mittwoch, 11.07.2012 (vor 4566 Tagen) @ Alfred
Spiegel-online, 11. Juli 2012: „Zur Begründung des Urteils: Der Vorsitzende Richter des neunten Senats, Wolfgang Bier, ordnete die Bettensteuer als eine örtliche Aufwandsteuer ein. Aufwandsteuern dürften erhoben werden, wenn Einkommen für den persönlichen Lebensbedarf ausgegeben werde. Diese Voraussetzung liege bei entgeltlichen Übernachtungen aus privaten und vor allem aus touristischen Gründen vor. Deshalb sei es rechtmäßig, darauf eine solche Steuer zu erheben.
Bei Übernachtungen, die beruflich zwingend erforderlich sind, sei diese Voraussetzung jedoch nicht gegeben, fügte der Richter hinzu. Solche Übernachtungen dienten nicht der Verwendung, sondern der Erzielung von Einkommen und unterlägen deshalb nicht der Aufwandbesteuerung.“
Damit sollte sich die Zweitwohnungsteuer für Studenten und Berufstätige erledigt haben. Das ist doch eine Steilvorlage für Yvonne!!!
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Alfred , Mittwoch, 11.07.2012 (vor 4566 Tagen) @ Werner
» Der Vorsitzende Richter des neunten Senats, Wolfgang Bier, ordnete die Bettensteuer als eine örtliche Aufwandsteuer ein.
Eigentlich muss man nur BVerwG Urteil vom 26.07.1979 – 7 C 53.77 (BVerwGE 58 230) mit BVerfG Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 (BVerfGE 65 325 ff.) vergleichen (Causa Überlingen) und den Unfug mit der Befriedigung des allgemeinen menschlichen Grundbedürfnisses (BVerwG 2008 und 2009) einbeziehen.
Das BVerwG unterstellt anderen ja gerne, dass sie das Wesen der Aufwandsteuer „verkennen“. Da fällt mir nur ein: Wer im Glashaus sitzt …
Aber so gantz ich vermag es immer noch nicht zu glauben, ehe ich nicht das Urteil im Original gelesen habe.
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Yvonne Winkler , Donnerstag, 12.07.2012 (vor 4565 Tagen) @ Alfred
Das Urteil muss ich auch erstmal lesen, bevor ich dazu frohlocke. Schade, hätte am Mittwoch auch einen Termin vor dem BVerwG gehabt, allerdings in Sachen GEZ, wenn nicht die Revision zurückgenommen worden wãre. Die halleschen Urteile habe ich heute bekommen, sie sind superausführlich und sehr lesenswert.
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Alfred , Donnerstag, 12.07.2012 (vor 4565 Tagen) @ Yvonne Winkler
» ...sie sind superausführlich und sehr lesenswert.
Ganz bestimmt - und dürften wohl auch die Kerbe "Vollzugsdefizit" aus der Kölner Aktion "Zweifamilienhaus" treffen.
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Alfred , Freitag, 13.07.2012 (vor 4564 Tagen) @ Werner
Gem. Pressemitteilung BVerwG soll der Senat entschieden haben:
"Die Kulturförderabgabe auf Übernachtungen ist eine örtliche Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts erfassen Aufwandsteuern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die darin zum Ausdruck kommt, dass die Verwendung von Einkommen für den persönlichen Lebensbedarf (Konsum) über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Diese Voraussetzung liegt zwar vor bei entgeltlichen Übernachtungen aus privaten, insbesondere touristischen Gründen. Sie fehlt aber bei entgeltlichen Übernachtungen, die beruflich zwingend erforderlich sind. Solche Übernachtungen dienen bei einer wertenden Betrachtung nicht der Verwendung, sondern der Erzielung von Einkommen und unterliegen daher nicht der Aufwandbesteuerung."
Na, mal abwarten, ob das Urteil das bestätigt. Schön wäre es ja. Bleibt zu fragen: Wann sind Übernachtungren beruflich zwingend erforderlich.
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Himbim13 , Samstag, 14.07.2012 (vor 4563 Tagen) @ Alfred
».Bleibt zu fragen: Wann sind Übernachtungren beruflich zwingend erforderlich.
Wer und mit welchem Aufwand stellt das fest>
Ist die Verwendung von Einkommen entsprechend der politischen Forderung zusätzlich eine Altersicherung zu schaffen ein „Konsum“ zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs>(s. Forum Himbim13 v.27.06.2012 zu Rebell 18.06.2012).
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Kommunalfreund , Samstag, 14.07.2012 (vor 4563 Tagen) @ Alfred
Wann sind Übernachtungren beruflich zwingend erforderlich.
Wenn Abgeordnete oder sonstige Politiker auf Wahlversammlungen sind oder Vorträge für die Partei in den Abendstunden die Bevölkerung ( =Wahlvolk) belügen und danach nächtigen, dann sind das auch berufsbedingte Bettenbenutzungen und unterliegen demnach nicht der Bettensteuer.
Die Bettensteuer wird allerdings fällig wenn ein Herr Abgeordneter oder auch sonstige Parteikader in einem Hotel ein Zimmer anmietet und mit der Freundin dort nächtigt. Es wird wohl fraglich sein ob dann der Hotelbetrieber den Mut besitzt und eine Bettensteuer erhebt>
Vielleicht war es u.U. die Sekretärin, dann war es eine berufsbedingte Nutzung und kann nicht besteuert werden.
Wie wäre es wenn man in jedem Landratsamt einen Dienststelle einrichten würde, von dieser könnte man dann erwarten, dass eine exakte Überprüfung stattfindet.
Das müsste dann Bettensteueramt benannt werden oder man nennt so etwas "Steuerschnüffel-Abteilung"
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Norman , Mittwoch, 19.09.2012 (vor 4496 Tagen) @ Kommunalfreund
Die aufgeworfene Frage der Abgrenzung von Einkommenserzielungs- zur Einkommensverwendungssphäre ist tatsächlich sehr interessant.
Der Eine oder Andere erinnert sich vielleicht noch daran, dass der Bundesfinanzhof im letzten Sommer seine langjährige Rechtsprechung zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kosten des Erststudiums geändert hat (Urteile vom 28.07.2011, IV R 7/10). Das eigentlich bemerkenswerte daran ist nicht die Entscheidung als solche, sondern deren Begründung.
Der Bundesfinanzhof gründet seine Neuausrichtung der Rechtsprechung auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08. Es handelt sich nebenbei gesagt nicht zufällig um dieselbe Entscheidung, die ich meinen Ausführungen zur Typisierung bei der Zweitwohnungssteuer in Studentenstädten zugrunde gelegt hatte. Das Bundesverfassungsgericht hat darin nicht nur die Voraussetzungen einer grundrechtskonformen Typisierung ausführlich dargelegt. Es hat auch folgende Anmerkungen zur hier interessierenden Abgrenzung der Sphäre von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits gemacht: „Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung ... kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits.“. Darauf basierend hat der Bundesfinanzhof eine gesetzgeberische Neuordnung der einkommensteuerlichen Regelung zu den Studienkosten eingefordert und diese den Werbungskosten (also der Sphäre der Einkommenserzielung) zugeordnet.
Wenn also die Studienkosten nach Ansicht des BFH Werbungskosten sind, dann schliesst dies doch wohl folgerichtig auch für Ausgaben eines Zimmers am Studienort ein. Diese Ausgaben wären somit nach BFH-Auffassung der Sphäre der Einkommenserzielung und nicht der Einkommensverwendung zuzuweisen. Man könnte deshalb annehmen, dass sie somit einer Besteuerung durch eine Einkommensverwendungssteuer wie der Zweitwohnungssteuer unzugänglich sein sollte.
Nun werden einige Foristen wissen, dass der Einkommensteuergesetzgeber bereits durch gesetzgeberische Maßnahmen versucht hat, der neuen BFH-Rechtsprechung entgegen zu wirken. Hierzu hatte der BFH vorausschauend bereits folgende Bemerkungen in sein Urteil aufgenommen: „Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn ... bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG … die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein.“
Der Bundesfinanzhof fordert also nicht nur einen Systemwechsel vom Gesetzgeber, sondern stellt ihm bereits vorsorglich die Verfassungswidrigkeit für den Fall in Aussicht, dass eine Neuregelung geschaffen wird, die den gerichtlich vorgenommenen Abgrenzungen zwischen den unterschiedlichen Sphären nicht hinreichend Rechnung trägt. Daran mag man erkennen, welch grundlegende Bedeutung der BFH der Entscheidung des BVerfG vom 09.12.2008 zumisst.
Norman Ziercke
Steuerberater
Bettensteuer nur zulässig als Kulturabgabe?
Alfred , Donnerstag, 04.10.2012 (vor 4481 Tagen) @ Norman
» Das Bundesverfassungsgericht ... hat auch folgende Anmerkungen zur hier interessierenden Abgrenzung der Sphäre von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits gemacht: „Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung ... kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits.“.
Das BVerwG macht da einen anderen Spagat.
Zur Bettensteuer stellt es fest:
„Der Aufwand für eine entgeltliche Übernachtung ist der Einkommenserzielung zuzuordnen und unterfällt damit nicht der Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG, wenn die Übernachtung mit der Berufs-oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist.“
Gleichzeitig trifft es aber – in begrifflicher Verwirrung - eine Abgrenzung zur beruflich bedingten Zweitwohnung:
„Gegen die Zuordnung der ausschließlich berufsbedingten Übernachtungen zur Einkom-menserzielung kann nicht eingewandt werden, eine Übernachtung sei stets der persönlichen Lebensführung zuzurechnen. Soweit in der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer auch die aus Erwerbsgründen angemietete Zweitwohnung der Sphäre des privaten Konsums zu-gerechnet wird, findet dies seine Rechtfertigung darin, dass der Steuerpflichtige einen Auf-wand für den persönlichen Lebensbedarf dadurch betreibt, dass er, statt eine Hauptwohnung am Ort der Berufstätigkeit zu nehmen, die bisherige Hauptwohnung beibehält und zusätzlich am Arbeitsort eine Zweitwohnung anmietet. In einer vergleichbaren Situation befindet sich der aus beruflichen Gründen zu einer Hotelübernachtung am Arbeitsort gezwungene Erwerbstätige nicht. Er hat nicht die Möglichkeit, durch Kündigung der Hauptwohnung und Verlegung der Hauptwohnung an den Arbeitsort den besonderen Aufwand zu vermeiden und der Steuerpflicht für eine Zweitwohnung zu entgehen.“
Alllerdings hatte es 2009 noch entschieden (BVerwG Urteil vom 13.05.2009 – 9 C 7.08):
„... das Berufungsgericht ..., sieht aber als "ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal", dass der Aufwand allein vom Konsumwillen des Steuerpflichtigen veranlasst sein müsse. Daran fehle es, wenn der Aufwand in Erfüllung einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht betrieben werde. Diese Auffassung ist mit Art. 105 Abs. 2a GG nicht zu vereinbaren. Nach den Ausführungen des Urteils müsste ein steuerbarer Aufwand für eine weitere Wohnung auf einer Entscheidung beruhen, die der Wohnungsinhaber in völlig freiem, von keinerlei Sachzwängen eingeschränktem Belieben getroffen hat. Das Recht der Aufwandsteuer kennt jedoch kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eines "allein vom Konsumwillen des Steuerpflichtigen" veranlassten Aufwands. Die Aufwandsteuer kennzeichnet das Anknüpfen an den Aufwand, der der persönlichen Lebensführung dient und über das hinausgeht, was zur gewöhnlichen Lebensführung erforderlich ist. Die Motivation hierfür bleibt außer Betracht.“
Offen bleibt, was unter die "zwingend berufsbedingten Gründe" fällt. Findige Kommunen können da leicht auf die Idee kommen, bei Berufstätigen einschlägige Nachweise zu fordern