Schildbürger und Melderecht

Alfred @, Freitag, 10.08.2012 (vor 4778 Tagen)

Die Zeitschrift des Bundeswehrverbandes „Die Bundeswehr“ befasst sich ausgiebig mit dem Melderecht und fordert eine Sonderregelung für Soldaten. Hinsichtlich der Zweitwohnungsteuer verweist sie auf „zweitwohnsitzsteuer.de“. Der Artikel ist nachzulesen unter:
https://www.dbwv.de/web/dbwv/extranet_dbwv_cb.nsf/vwContentByKey/W28WPAEN947DBWNDE

Dazu gehören noch Interviews mit Kommunalpolitikern (Bürgermeistern der Garnisonstädte Munster, Bonn, Wilhelmshaven, Potsdam, Merzig), die ich im Netz leider nicht gefunden habe.

Sowohl der Artikel als auch die Interviews enthalten inhaltliche Fehler, die zu schweren Missverständnissen führen können. So ist z.B. schon die Grundaussage
„Zehntausende Soldaten in der Pendlerarmee Bundeswehr kannten die lästige Pflicht schon: Sie mussten sich als Zeit- oder Berufssoldaten in jedem Fall spätestens nach Ablauf von sechs Monaten am neuen Standort anmelden, auch wenn sie woanders leben und dort Partner oder Familie haben“ dieser Form unvollständig und deswegen falsch.
Die Interviews mit den Kommunalpolitikern hätte man sich sparen können.
Natürlich wird der übliche Unfug wiedergekaut: z.B.: „Verheiratete mit Zweitwohnsitz sind seit einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von der Steuerpflicht befreit“.
Interessant fand ich die Feststellung: „Unverheiratete bekommen die Steuern vom Dienstgeber mit dem Trennungsgeld erstattet, soweit sie Trennungsgeldempfänger sind und eine Zweitwohnung am Dienstort innehaben“. Das greift vermutlich kaum. Aber die dahinter stehende Verewaltungsgedankenwelt ist beängstigend: Da wird mit einigem bürokratischen Aufwand (auch für den Betroffenen) eine Zweitwohnungsteuer erhoben , die macht er dann in einem – vermutlich nicht weniger aufwändigen Verfahren bei seinem Dienstgeber geltend und erhält den an die Kommune entrichteten Obulus von der Bundeskasse zurück. Ob das (bei einer Bgatellsteuer) alles so richtig und notwendig ist, sei dahingestellt, aber es ist wohl Rechtens.

Schildbürger und Melderecht

Rebell @, Freitag, 10.08.2012 (vor 4778 Tagen) @ Alfred

» Hinsichtlich der Zweitwohnungsteuer verweist sie auf
» „zweitwohnsitzsteuer.de“. Der Artikel ist nachzulesen unter:
» https://www.dbwv.de/web/dbwv/extranet_dbwv_cb.nsf/vwContentByKey/W28WPAEN947DBWNDE
» Dazu gehören noch Interviews mit Kommunalpolitikern (Bürgermeistern der Garnisonstädte Munster, Bonn, Wilhelmshaven, Potsdam, Merzig),

Der Hinweis auf dieses Forum ist grundsätzlich zu begrüßen, wer jedoch die Meinung vertritt, dass Politker egal zu welcher Parteizugehörigkeit nur einen blassen Dunst und Ahnung über die Zusammenhänge hätten, das muß man einfach vergessen.

Einwohnerveredelung ist das Gebot der Stunde, den Rest kapiert keiner!
Meine längst gemachte Forderung wird ignoriert, denn das ganze Problem wäre gelöst, wenn die Diskrimminierung des Bürgers mit Zweitwohnsitzbezeichnung in die Hölle geschickt würde und es keinen Unterschied gäbe beim kommunalen Finanzausgleich zwischen Erst- und Zweitwohnsitz. Sooo einfach. aber dazu müssten eben Menschen mit Verstand zur Ausarbeitung von Gesetzen beigeladen werden.
Die hier angesprochene Meldegestzesänderung schreit zum Himmel! von allen guten Geistern verlassen>

Allmählich muss der Eindruck erweckt werden, sämtlich Parlamentarier sind überflüssig, man könnte auf alle verzichten, dabei Geld sparen und alle Entscheidungen dem Bundesverfassungsgericht übertragen und der Bundesrat - als ein kleines Kontrollgremium hat die Aufgabe zu prüfen!
Davon dürfte keiner einer Partei angehören.

Schildbürger und Melderecht

Yvonne Winkler @, Samstag, 11.08.2012 (vor 4777 Tagen) @ Alfred

Inhaltlich hast Du recht, Alfred, aber abgesehen von der von Dir zitierten kleinen Ungenauigkeit und dem Wohnsitzgeschnorchel ist der Artikel doch in Ordnung.

» Die Interviews mit den Kommunalpolitikern hätte man sich sparen können.

Hätte man vielleicht aus Sicht derjenigen, die sich mit dem Thema befassen, was bei der Zielgruppe des Artikels mutmaßlich nicht der Fall ist und indem man Kommunalpolitiker in die Diskussion einbindet erreicht man, dass sie für die Belange der Bundeswehr sensibilisiert werden. Das einfachste wäre es, für Bundeswehrangehörige in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Truppenstandortkommunen einen -freilich juristisch haltbaren - Ausnahmetatbestand einzufügen.

» Natürlich wird der übliche Unfug wiedergekaut: z.B.: „Verheiratete mit
» Zweitwohnsitz sind seit einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von
» der Steuerpflicht befreit“.
ist so gelesen falsch, da unvollständig. Der Autor ging offenbar davon aus, dass die Bundeswehrangehörigen sämtlich berufsbedingt die Nebenwohnung melden müssen.

Das Problem rechte Tasche, linke Tasche haben wir in vielen Bereichen. Ich erinnere nur an die Bundesknete nach dem BAFöG, die über die ZWS wieder in die Tasche der Kommune fließt.

Warum deine Überschrift allerdings Schildbürger und Melderecht heißt, erschließt sich mir nicht so recht.

Schildbürger und Melderecht

Alfred @, Samstag, 11.08.2012 (vor 4777 Tagen) @ Yvonne Winkler

» ... kleinen Ungenauigkeit und dem Wohnsitzgeschnorchel ist der Artikel doch in Ordnung.
Na ja, ein bisschen schlimmer ist es schon.

Bleiben wir bei der von mir zitierten Stelle:
„Zehntausende Soldaten in der Pendlerarmee Bundeswehr kannten die lästige Pflicht schon: Sie mussten sich als Zeit- oder Berufssoldaten in jedem Fall spätestens nach Ablauf von sechs Monaten am neuen Standort anmelden, auch wenn sie woanders leben und dort Partner oder Familie haben.“
und verbinden wir das mit dem Wohnsitzgeschnorchel. Schon sind wir bei einem grundlegenden Fehler. Denn § 9 BGB (Wohnsitz eines Soldaten) besagt:
(1) Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische Standort.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.

Das hat mit dem Melderecht, das anderen Kriterien folgt, aber nichts (mehr) zu tun (selbst wenn es bei Erlass dieses § so gemeint war). Beispiel: Ich kenne Berufssoldaten, die in 30 Jahren ihrer Dienstzeit an ihrem Standort nie melderechtlich registriert waren, weder mit alleiniger noch mit Haupt- oder Nebenwohnung. Und das völlig melderechtskonform, wenn auch oft gegen den Widerstand der Verwaltung.
Es geht im Melderecht nicht um den Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsort sondern ausschließlich um das Wohnen und Schlafen in einer Wohnung ((Benutzen einer Wohnung). Die Anmeldung ist nach dem geplanten Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens für alle Einwohner, die mit einer Wohnung im Inland registriert sind, erst bei einem Aufenthalt von mehr als 6 Monaten erforderlich. Die in diesem Gesetz derzeit vorgesehene Ausnahme, die dienstliche Unterkunft am Standort länger als sechs Monate bezogen wird, ist unter diesem Gesichtspunkt blühender Unsinn. Dazu bedarf es keiner Sonderregelung.

» ... indem man Kommunalpolitiker in die Diskussion einbindet erreicht man, dass sie für die Belange der Bundeswehr sensibilisiert werden.
Was vorausstzen würde, dass eine Sensibilisierung möglih wäre.:-D

» ... für Bundeswehrangehörige in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Truppenstandortkommunen einen - freilich juristisch haltbaren - Ausnahmetatbestand einzufügen.
Truppenstandortkommunen reicht nicht aus, denn bei melderechtskonformen Verhalten ist dort die Hauptwohnung. Die Formulierung eines juristisch haltbaren Ausnahmetatbestands hingegen dürfte nach den Urteilen des BVerfG von 2009 (Causa Mainz) eigentlich kein Problem mehr sein.

» Der Autor ging offenbar davon aus,» dass die Bundeswehrangehörigen sämtlich berufsbedingt die Nebenwohnung melden müssen.
Die “Verheirateten“ sind ein eigenes Kapitel. Da geht es mir allerdings nicht um die zweifelsfrei vorliegende berufliche Veranlassung, sondern um das Dauerthema „Befreiung/Verheiratetenprivileg“. Das BVerfG hat eben nicht entschieden, dass dieser Personenkreis (incl. Lebenspartnerschaften) nicht der Zweitwohnungsteuer unterworfen werden darf.

» Das Problem rechte Tasche, linke Tasche haben wir in vielen Bereichen.
Ist ja wirklich nichts grundsätzlich Neues, aber doch eine weitere interessante Sumpfblüte, die auf dem Boden einer Bagatellsteuer sprießt.


» Warum deine Überschrift allerdings Schildbürger und Melderecht heißt, erschließt sich mir nicht so recht.
Mit Schildbürgern sind die befragten Bürgermeister gemeint.

Schildbürger und Melderecht

Yvonne Winkler @, Samstag, 11.08.2012 (vor 4777 Tagen) @ Alfred

Vielen Dank für Deine Ausführungen zum Thema.
Von der Bundeswehr bin ich so weit weg, dass ich mir um ihre Probleme noch nie Gedanken gemacht habe. Aber interessant, was für Feinheiten sich zum Thema einstellen.

Schildbürger und Melderecht

Alfred @, Samstag, 11.08.2012 (vor 4777 Tagen) @ Yvonne Winkler

Ich gehe mal davon aus, dass ein Bundeswehrangehöriger - ob Zivilist oder Soldat - zu dieser Thematik noch mehr zu sagen wüsste.

Schildbürger und Melderecht

Yvonne Winkler @, Samstag, 11.08.2012 (vor 4777 Tagen) @ Alfred

Warten wir es ab, vielleicht findet sich noch einer :-)