ZWS für 1,5 Monate (!) rückwirkend in Kempten

Nomade @, Freitag, 01.02.2008 (vor 6533 Tagen)

Hallo liebes Forum,

vielleicht kann mir jemand direkt von euch weiterhelfen; die reine Recherche in alten Forenbeiträgen führte leider noch nicht zu meiner Erleuchtung. Dazu schildere ich kurz meine Situation:

Ich war bis zum 14.02.2006 in Kempten unangemeldet wohnhaft, d.h. ich hatte weder einen Zweit-, noch einen Erstwohnsitz dort gemeldet. Bekanntlich hat Kempten seit dem 01.01.2006 eine Zweitwohnsitzsteuer eingeführt und nun trudelte vergangene Woche urplötzlich ein Schreiben bei mir ein: Ich hätte doch nach Feststellung der Stadt bis zum 14.02.2006 in Kempten gewohnt und meine Meldung sei gemäß Melderegister nicht erfolgt.

Im Weitern werde ich in dem Schreiben an die Meldepflicht erinnert sowie darauf hingewiesen, dass bei einer terminlichen An- und Abmeldung die ehemalige Wohnung als Zweiwohnsitz erfasst wird und eine Zweitwohnsitzsteuer festgesetzt wird (welche’ Automatismus… ist der überhaupt rechtlich Zulässig>). Zum Thema Zweitwohnsitzsteuer wird mir erklärt, dass diese für Wohnungen anfällt, die melderechtlich als Nebenwohnungen erfasst sind oder (!) zu erfassen wären.

Nun soll ich bitte die Steuererklärung ausfüllen und zurücksenden.

Wohl gemerkt – in dem Schreiben geht es vordergründig nicht darum, mich wegen einer nicht erfolgten Meldung anzuprangern (das mag’ ja vielleicht im nächsten Schritt kommen, sobald ich die Zweitwohnsitzsteuer abgedrückt habe…), denn im kompletten Schreiben steht nicht der Mietbeginn. Es scheint wirklich nur um die Erhebung der Zweitwohnsitzsteuer für 1,5 Monate zu gehen, was über den Daumen gepeilt maximal 30 Euro sein dürften… auf Nachfrage, wie sie denn zu der Annahme kommen, dass ich bis zu dem Tag in Kempten gewohnt haben würde, bekam ich als Antwort, dass hätte eine Nachfrage beim Vermieter ergeben...

Ich vermute der einfachste Weg wird die Ausfüllung des Formulars sein und den Minimalbetrag abzudrücken. Was mich allerdings interessieren würde – und hier bin ich auf die Erfahrung von anderen Forenmitgliedern und Experten angewiesen:

Ist es zu überlegen und überhaupt machbar, für den fraglichen Zeitraum meinen Hauptwohnsitz rückwirkend nach Kempten zu verlagern> Klar, damit würde ich einen Fehler bei der Meldegeschichte eingestehen und könnte Bußgeld kassieren, was es in Anbetracht von rund 30 Euro nicht wert ist. Aber auf der anderen Seite frage ich mich: Erkenne ich jetzt die Geschichte an und drücke ordentlich die 30 Euro ab, bekomme ich dann als nächstes ein Schreiben von der Meldebehörde und darf denen noch einmal Geld „spenden“> Was sagt ihr dazu> Ist eine rückwirkende Erhebung überhaupt rechtlich zulässig> Die Satzung der Stadt (http://www.kempten.de/zweitwohnungssteuer.html) sagt dazu nichts.

Ich bin für jeden sinnvollen Tipp und Beitrag dankbar!


Grüße

Nomade (was die Wohnsitz- und Länderwechselrate der letzten sechs Jahre gut widerspiegelt)

ZWS für 1,5 Monate (!) rückwirkend in Kempten

Christian @, Freitag, 01.02.2008 (vor 6533 Tagen) @ Nomade

Hallo Nomade,

1. Die verfassungswidrige Kemptener Satzung ist zum 1. 1.2006 in Kraft getreten. Für die Zweitwohnungsteuer interessiert der Zeitraum davor also überhaupt nicht. Für Dich ergibt sich aus der Satzung eine Steuerpflicht von 2 Monaten.
2. Ich habe an anderer Stelle die Kemptener Satzung als eine der schlechtesten in der Bundesrepublik und als Rache eines Parteifreundes am OB bezeichnet. Dazu stehe ich auch heute noch. Allerdings ist Justitia in BY in dieser Beziehung auf beiden Augen blind und es bedarf wohl einer Bundesexekution, um in BY auf dem Gebiet der ZWSt Recht und Ordnung herzustellen. Dazu: Bajuwaren - im völkerkundlichen Lexikon definiert als widerspenstiger Volksstamm am Fuß der Alpen mit ausgeprägtem Hang zur Xenophobie.
3. Die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer auf eine Nebenwohnung ist kein Automatismus und im Grundsatz rechtswidrig - so hat das BVerfG schon bei mehreren Verfassungsbeschwerden entschieden. Aber das interessiert in BY keine Sau.
4. Unter dem Gesichtspunkt der „Ruhe und des Friedens“ ist natürlich die Entrichtung der ZWSt für 2 Monate das geringste Übel - die rückwirkende Erhebung ist übrigens bis zu vier Jahren zulässig.
5. Ganz streng genommen kann melderechtlich nichts passieren, denn eigentlich ist die Verwaltung an das Steuergeheimnis gebunden. Ansonsten wäre es durchaus denkbar, dass das Einwohnermeldeamt zusätzlich eine Geldbuße verhängt. Die andere Variante wäre eine Klage beim Verwaltungsgericht und dann der Weg durch die Instanzen - für € 40,00>
Gruß
Christian

PS: Ich würde auch wegen eines geringeren Betrags klagen - allein schon wegen des dreisten kommunalen Verhaltens.

ZWS für 1,5 Monate (!) rückwirkend in Kempten

Nomade @, Montag, 04.02.2008 (vor 6530 Tagen) @ Christian

Hallo Christian,

vielen Dank für Deine Tipps! Ich denke mal ich werde brav den Betrag abdrücken weil mir eine Klage und der Aufwand wegen nicht einmal 30 Euro es nicht wert sind.

Aber noch kurz zu seinem dritten Punkt:

In dem Schreiben steht tatsächlich "... und fällt für Wohnungen an, die melderechtlich als Nebenwohnungen erfasst sind oder zu erfassen wären." Das ist schon dreist, besonders wenn es - wie Du sagst - nicht mal legal ist. Aber da kann ich als Einzelperson nichts machen, und vor allem nicht wegen weniger als 30 Euro.

Spannender wird es dagegen bei einigen vielen Freunden, die Beginn 2007 (!) auf die Steuer aufmerksam gemacht wurden, anschließend alle den Hauptwohnsitz nach Kempten verlegt haben und schätzungsweise demnächst mal Post bekommen dürften; sie alle waren 2006 nicht in Kempten gemeldet... vielleicht raffen die sich dann alle zusammen für eine Klage gegen diese "illegale" Steuer auf.


Grüße und nochmals vielen Dank

Nomade