News: BVerwG - kleine Reportage

Yvonne Winkler @, Mittwoch, 17.09.2008 (vor 5964 Tagen)

Ich habe mir die heutige Sitzung des Bundesverwaltungsgerichts zu Gemüte geführt und will kurz beschreiben, worum es ging.

Nach Verarbeitung sämtlicher Formalien und Bericht durch die Berichterstatterin führte der Vorsitzende in die Rechtsfrage ein.

Es geht um die bundesrechtlichen Vorgaben für eine Aufwandsteuer und ob die dem Verfahren zugrunde liegenden Satzungen (Städte Rostock und Wuppertal) dieser genügen.
Das VG Düsseldorf sah sich gebunden durch das Bundesrecht und einen Verstoß der Satzung der Stadt Wuppertal gegen Art. 3 und Art. 105 II a GG. Das OVG Mecklenburg-Vorpommern kam zu seinem Urteil durch Auslegung unter Berücksichtigung des Bundesrechts.

Bedarf es für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die durch das Nutzen zweier Wohnungen zum Ausdruck kommt und die über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgeht, der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbefugnis über beide Wohnungen>

Die Vertreter der Städte argumentierten in der Sitzung (welche schriftlichen Argumente vorgetragen wurden, ist mir unbekannt) im wesentlichen mit dem Argument der Typisierung und Pauschalierung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung. Es stelle einen besonderen Aufwand dar, eine zweite Wohnung am Studienort innezuhaben, gleichgültig, ob der Steuerpflichtige die bezahlt, seine Eltern oder der Staat.

Die Vertreter der Studenten trugen vor, dass es für die Städte ein leichtes sei, der Ungerechtigkeit zu begegnen, indem sie ihre Erfassungsbögen so umgestalteten, dass sie nicht nur die Erhebung über die Zweitwohnung, sondern auch die über die Erstwohnung dort unterbringen könnten. Damit müsse die Typisierung und Pauschalierung nicht solche Ungerechtigkeiten nach sich ziehen.
Im Wege der Amtshilfe könnten Zweifel komplikationslos behoben werden.

Die Frage des Vorsitzenden, ob die melderechtliche Hauptwohnung den Grundbedarf abdecke, mussten auch die Studentenvertreter mit ja beantworten.

Für die Frage, ob Bafög eine Steuererhebung hindere, die nicht zur Entscheidung stand, wurde auf die Möglichkeit des Erlasses hingewiesen.

Conclusio: Keine schöne Entscheidung, soweit man der Pressemeldung folgen kann, weil sie sich durch das Problem durchlaviert und wieder keine klare Lösung bundesweit vorgibt. Eine richtige Beurteilung wird man erst geben können, wenn man das Urteil schriftlich vorliegen hat.

News: BVerwG - kleine Reportage

Dennis @, Mittwoch, 17.09.2008 (vor 5964 Tagen) @ Yvonne Winkler

Danke für Deinen Bericht!!!

Nach dem ersten Lesen hört sich das nicht gerade nach einem Grundsatzurteil an. Den Knackpunkt sehe ich nach dem ersten Lesen in der Frage nach dem Grundbedarf. Wäre schön darüber mehr zu erfahren...

News: BVerwG - kleine Reportage

Yvonne Winkler @, Mittwoch, 17.09.2008 (vor 5964 Tagen) @ Dennis

Meinst Du sozialrechtlich den Grundbedarf>

Spielte in der Verhandlung keine Rolle. Mein Eindruck war eher der, dass die Dame und Herren Richter keine Ahnung über die Gepflogenheiten der Städte bezüglich Erlass haben. Vermutlich kommt kein Erlassantrag bis in diese Instanz oder wenn, dann haben die Studenten, die ihn gestellt haben, ihr Studium hinter sich und sind in Lohn und Brot und damit wieder leistungsfähig.

Das Problem habe ich zumindest in vielen der von mir bearbeiteten Fälle.

News: BVerwG - kleine Reportage

Bjoern @, Donnerstag, 18.09.2008 (vor 5963 Tagen) @ Yvonne Winkler

Hallo Yvonne,

kann man es so zusammenfassen:

Städte, die so dumm sind und eigenständige Wohnungsdefinition in ihre Satzung aufgenommen haben, welche über die Anforderungen des Melderechts hinausgehen, können von Studenten keine ZWS verlangen. schließlich dürfte das elterliche Kinderzimmer der Wohnungsdefinition nicht genügen.

Städte, die hinsichtlich der Wohnung nur auf das Melderecht verweisen, können von Studenten mit Hauptwohnung elterliches Kinderzimmer die ZWs fordern>

hat einer der Beteiligten aus Wuppertal angekündigt, die Sache nach Karlsruhe zu bringen>

News: BVerwG - kleine Reportage

René ⌂ @, Donnerstag, 18.09.2008 (vor 5963 Tagen) @ Bjoern

» Städte, die so dumm sind und eigenständige Wohnungsdefinition in ihre Satzung aufgenommen haben, welche über die Anforderungen des Melderechts hinausgehen, können von Studenten keine ZWS verlangen

... und werden vermutlich demnächst alle ihre Satzungen umstellen.

News: BVerwG - kleine Reportage

Yvonne Winkler @, Donnerstag, 18.09.2008 (vor 5963 Tagen) @ Bjoern

Hallo Björn,

» Städte, die so dumm sind und eigenständige Wohnungsdefinition in ihre
» Satzung aufgenommen haben, welche über die Anforderungen des Melderechts
» hinausgehen, können von Studenten keine ZWS verlangen. schließlich dürfte
» das elterliche Kinderzimmer der Wohnungsdefinition nicht genügen.

Ich denke, dass das Urteil des OVG M.-P. nicht zu beanstanden war, da es die Satzung nicht falsch ausgelegt hat, ergo bleibt das Urteil bestehen.
Zu weiteren Spekulationen kann man erst kommen, wenn man die Urteilsbegründung kennt.

» Städte, die hinsichtlich der Wohnung nur auf das Melderecht verweisen,
» können von Studenten mit Hauptwohnung elterliches Kinderzimmer die ZWs
» fordern>

Zu dem Schluss kann man kommen

» hat einer der Beteiligten aus Wuppertal angekündigt, die Sache nach
» Karlsruhe zu bringen>

Wozu> das wird jetzt erstmal wieder an eine andere Kammer des VG Düsseldorf zurückverwiesen.

So schnell kommen wir leider nicht ans BVerfG, vielleicht wenn das OVG Magdeburg die Berufung nicht zulässt. ;-)