Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Alfred @, Montag, 19.01.2009 (vor 6037 Tagen)

Die Kommunen und einige Gerichte werden sich mit Begeisterung auf die Urteile des BVerwG vom 17.9.2008 stürzen – bestätigen sie doch alles, was ihnen am Herzen liegt.
Für meinen Geschmack sind da aber zu viele „Wenn … dann“ drin. Das BVerwG macht da einen Zirkelschluss, und die ganze Angelegenheit wird weniger eine Frage für Juristen denn für Germanisten. Wenn es juristisch wirklich korrekt sein sollte, so ist es sprahlich doch akrobatisch.

Aber egal wie man es sieht: Das BVerwG macht einen Unterschied zwischen Erst- und melderechtlicher Hauptwohnung. Deswegen würde ich als Betroffener immer argumentieren:

"Grundsätzlich sind typisierende und generalisierende Regelungen bei der Erhebung von Zweitwohnungsteuern zulässig. Das Anliegen der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt es aber nicht, durch eine "allgemeine Lebenserfahrung" oder Vermutung dem Wohnungsinhaber den Nachweis, dass er die Wohnung zur Deckung seines Grundbedürfnisses Wohnen nutzt, schon dann abzuschneiden, wenn er nachweisen kann, dass es die einzige Wohnung ist, die er innehat.
Die einzige Wohnung, die ich zur Abdeckung meines menschlichen Grundbedürfnisses Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs in XXX innehabe, ist als Nebenwohnung erfasst, weil ich mich dort (aus welchen Gründen auch immer) nicht vorwiegend aufhalte. Es handelt sich dabei um meine „Erstwohnung“, für die ich keinen besonderen Aufwand erbringe, denn es ist nicht davon auszugehen, dass ich die einzige innegehabte Wohnung nicht als solche ansehe, nur weil ein von mir genutzter Raum in der Wohnung eines Dritten, auf dessen Duldung und Rücksichtnahme ich angewiesen bin. aus sachlichen Zwängen des Melderechts als Hauptwohnung erfasst ist. Es kann auch nicht behauptet werden, dass der Aufwand für das Innehaben einer einzigen Wohnung einen zusätzlichen Aufwand für das Innehaben einer weiteren Wohnung darstelle, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizieren könnte.“
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P.S.:
Die Gründe für den überwiegenden Aufenthalt kann man natürlich auch konkret benennen. Besonders gut macht sich : „aus familiären Gründen und wegen meiner fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,

Damit diese „plausible Absurdität“ zu voller Blüte gelangt, kann man sicherlich sprachlich daran noch feilen, um bundesrichterliche Brillanz zu erreichen. Die Städte/Gerichte müssen jedenfalls irgendwie darauf reagieren.
Hinsichtlich des „menschlichen Grundbedürfnisses“ sollte man abwarten, was die Kommune als menschliches Bedürfnis einbringt. Dann kann man die anprangern und muss nicht gleich auf das BVerwG losgehen.

Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Bjoern @, Freitag, 23.01.2009 (vor 6033 Tagen) @ Alfred

Hallo Alfred,

ich kann dir schon sagen, wie die Kommunen darauf reagieren werden:

"die Meldung mit Hauptwohnung belegt, dass diese Wohnung überwiegend genutzt wird. die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass man im Regelfall sein Grundbedürfnis Wohnen vorrangig in der Wohnung abdeckt, in welcher man sich überwiegend aufhält.
sollte in Ihrem Fall ausnahmsweise die gemeldete Nebenwohnung die steuerrechtliche Erstwohnung sein, so ist dies aus Gründen der im Steuerrecht erlaubten Typisierungen unerheblich. die Nebenwohnung ist daher steuerpflichtig"

(Text ist frei erfunden ... aber in diese Richtung werden die Abzocker-Kommunen sicherlich argumentieren. und dann haben wir wieder ein Problem :-( )

Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Lucius30 @, Freitag, 23.01.2009 (vor 6033 Tagen) @ Bjoern

Hallo Alfred und Björn,

vielen Dank für Eure Beiträge.

Um so mehr ich hier die letzten Monate (seit diesem vermaledeiten Urteil) lese, umso weniger verstehe ich.

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Beschäftige mich schon einige Jahre (seitdem mein Sohn in Dresden studiert) mit dem Thema. 2007 haben wir abgebügelt. 2008 Widerspruch und Aussetzung erreicht. Nun kam der Bescheid für 2009, dem ich (mein Sohn) gern widersprechen möchte.[image]

Nur, was soll ich (außer Widerspruch und Aussetzung) nun schreiben>>>>

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Danke für Eure Hilfe!

Lucius30

Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Alfred @, Freitag, 23.01.2009 (vor 6033 Tagen) @ Lucius30

Hallo Lucius30,
Widerspruch einlegen und Aussetzung beantragen, wie gehabt. Von der Argumentation auf jeden Fall, wenn noch nicht so gemacht, auf jeden Fall bestreiten, dass es sich bei der Satzung der Stadt Dresden um eine rechtmäßige Grundlage für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als einer zulässigen örtlichen Aufwandsteuer nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts handelt.
Die verfassungswidrige Satzung muss angegriffen werden!
Da Dresden die Wohnungsdefinition in der Satzung nicht geändert hat, muss diese (da hat das BVerwG nichts anderes entschieden) für die Erstwohnung allemal gelten. Und das trifft bei einem Wohnraum in der elterlichen Wohnung nun mal nicht zu. Ohne erneute Satzungsänderung kann Dresden immer noch nicht die „Kinderzimmer“ als Erstwohnungen betrachten. Die Behauptung, die Definition der Wohnung gelte nur für die Zweitwohnung, weil an diese höhere Anforderung gestellt werden dürfte (so einige Gerichte und Beiträge in der Fachliteratur), kann nach dem 17.9. nun überhaupt nicht mehr gezogen werden. Da kann man unmittelbar mit dem Urteil des BVerwG kontern (meine Anregung, leicht umformuliert, passt da durchaus bzw. macht aus meiner Vermutung eine Tatsache).
Ob die Stadt das einsieht> Ich bezweifle es. Aber eine Klage müsste allemal Erfolg haben.
Dabei außerdem immer im Hinterkopf behalten: Das BVerwG hat in seinem Urteil NICHT entschieden, dass die Wuppertaler Satzung rechtmäßig sei. Es hat dem VG Düsseldorf nur bescheinigt, was es für sich selbst in Anspruch nimmt: Das Wesen der Aufwandsteuer nicht zu verstehen.
Die Neuauflage der Verhandlung in Düsseldorf findet übrigens am 2.2.2009 statt.

Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Lucius30 @, Samstag, 24.01.2009 (vor 6032 Tagen) @ Alfred

Hallo Alfred,

danke für Deine große Mühe! Ich werde jetzt mal was "basteln" und berichten was daraus wird.

Viele Grüße

Lucius30

Urteile BVerwG zu Wuppertal und Rostock

Alfred @, Freitag, 23.01.2009 (vor 6033 Tagen) @ Bjoern

Hallo Bjoern,
klar, das skurrile Urteil des BVerwG macht ja nun jedweden Aufwand zu einem zusätzlichen und damit besonderen, der mit einer Zweitwohnungsteuer belegt werden kann. Es ist ja absurd (und vom BVerfG untersagt, dass der "überwiegende Aufenthalt" zum Kriterium einer Zweitwohnungsteuer gemacht wird. Das Anknüpfen an das Melderecht ist und bleibt verfassungswidrig.
Es geht mir in erster Linie darum, immer wieder die höchstrichterliche Definition der Zweitwohnung als jeder weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf, die eine Person neben der Hauptwohnung innehat, am Leben zu erhalten.
Aber Danke für den Tipp. Um den Brotkorb höher zu hängen, werde ich meinen Vorschlag ergänzen:
"Grundsätzlich sind typisierende und generalisierende Regelungen bei der Erhebung von Zweitwohnungsteuern zulässig. Das Anliegen der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt es aber nicht, durch eine "allgemeine Lebenserfahrung " oder Verwmutung dem Wohnungsinhaber den Nachweis, dass er die Wohnung zur Deckung seines Grundbedürfnisses Wohnen nutzt, schon dann abzuschneiden, wenn er nachweisen kann, dass es die einzige Wohnung ist, die er innehat."
Für weitere Anregungen bin ich immer zu haben.