Halle (Saale) mal wieder...

Kristin83 @, Mittwoch, 02.12.2009 (vor 5671 Tagen)

Hallo,
Halle hat ja nun seit dem 27.5.09 eine neue Satzung rückwirkend beschlossen - nachzulesen hier: (S.6)
http://www.halle.de/Publications/amtsblatt11_030609.pdf
Habe heute (2.12.) Post bekommen, dass ich aufgrund der neuen Satzung doch bitte die Steuer für 2008 nachzahlen soll. Damals hatte ich Widerspruch eingelegt, mit der Begründung, dass ich keine Hauptwohnung hatte (Kinderzimmer bei den Eltern). Hab darauf aber nur einen Abhilfebescheid bekommen, da die alte Satzung ja ungültig wurde... Könnte man nach der neuen Satzung immer noch diese Begründung geltend machen> Oder gibts da schon wieder neue Urteile dazu oder andere Ansatzpunkte>
vielen Dank schonmal,
Kristin

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Alfred @, Mittwoch, 02.12.2009 (vor 5671 Tagen) @ Kristin83

Wozu die Satzung lesen - ist eh Unsinn, was da steht.
Es ist relativ egal, was Du in dem Widerspruch schreibst. Allerdings solltest Du die Formulierung wählen
„… da ich zur Abdeckung meines Grundbedürfnisses Wohnen nur eine einzige Wohnung (Erstwohnung) innehabe und somit keinen zusätzlichen Aufwand für das Innehaben einer weiteren Wohnung betreibe,“
Da wird die Begründung des Widerspruchsbescheids richtig interessant.
Daran denken: Antrag auf Aussetzen der Vollziehung stellen.
So wie ich die Stadt einschätze, will sie zum dritten Mal mit dem Kopf durch die Wand, obwohl sie sich schon zwei Mal eine blutige Nase geholt hat. Bei einem Kleinkind würde man sagen: nicht lernfähig. Aber eine Verwaltung kann ja nicht bluten.
Du könntest allerdings die ZWSt auch widerspruchslos zahlen – z.B. aus Mitleid mit dieser beklagenswerten Stadt.

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Yvonne Winkler @, Mittwoch, 02.12.2009 (vor 5671 Tagen) @ Alfred

Stimmt im wesentlichen, was Alfred sagt.
Die Stadt erlässt jetzt die neue Runde an Bescheiden.
Ich würde es wieder durch klagen.
Das Verwaltungsgericht prüft die Satzung nach dem Amtsermittlungsgrundsatz sehr gründlich. Man kann also auf ein vernünftiges Urteil hoffen.:-)

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Quedel @, Freitag, 08.01.2010 (vor 5634 Tagen) @ Yvonne Winkler

Bin in der gleichen Situation. Student von 10/2004 bis 6/2009, Wohnung zum 31.07.2009 abgemeldet. Nun will die Stadt Beträge für 2007-2009 haben, jeweils mit der Steuerart "Erhöhung" (was auch immer das heißen mag). Interessant noch dabei, dass ich für 2008 weniger zahlen muss als anteilig für 2009.
Für die Jahre bis 2007 einschließlich habe ich die Befreiung von allen zu zahlenden ZwSt-Beträgen, für 2008 diesen "Abhilfebescheid". 2009 wurde ja gar nichts verschickt.

Nun bin ich in den Widerspruch gegangen, da ich ja die Befreiungen schriftlich habe, für 2008 die Bearbeitung meines Antrags auf Erlass gefordert und für 2009 einen Erlass-Antrag mitformuliert. Zusätzlich alle bei denen noch nicht vorliegenden BAföG-Bescheide mitgeschickt.

Nun kam bei meinen Eltern der Anruf, dass das alles egal sei. Man habe eine neue Satzung und daher wären alle alten Befreiungsbescheide ungültig. Zusätzlich würde, wenn ich jetzt neue Anträge auf Erlass stelle, mein aktuelles Einkommen berücksichtigt (nun stehe ich aber im zweiten Ausbildungsteil und verdiene schon knapp über 1.000 Euro) und nicht mein damaliges.

Und achja: aus Großzügigkeit würde man ja erst ab 2007 rückwirkend fordern.

Also:
1. Alle alten Befreiungsbescheide ungültig>
2. Zählt nur das aktuelle Einkommen>

LG der Quedel

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Yvonne Winkler @, Freitag, 08.01.2010 (vor 5634 Tagen) @ Quedel

Kann ich aufgrund der Fülle der Bescheide hier nicht beurteilen.
Ich müsste die sehen, um beurteilen zu können, was wofür und wie lange gilt.

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Alfred @, Freitag, 08.01.2010 (vor 5634 Tagen) @ Yvonne Winkler

» Kann ich aufgrund der Fülle der Bescheide hier nicht beurteilen.
Kann ich auch nicht beurteilen. Aber ich verbreite hier mal meine Vermutungen.
Es ist bewundernswert, wie die Stadt Halle es immer wieder versteht, mit einer rechtwidrigen Bagatellsteuer Zweifel an der Rechtmäßigkeit staatlichen Handeln zu wecken und als Folge Gerichte zu beschäftigen. Von Großzügigkeit kann ja wohl keine Rede sein.
Für 2008 und 2009 dürfte die von der Stadt behauptete Regelung zutreffen. Grundsätzlich ist es wohl rechtmäßig, bei einer Billigkeitsmaßnahme das aktuelle Einkommen zu Grunde zu legen. Wie das aber im konkreten Fall für 2007 aussieht, ist eine rechtinteressante Frage für Juristen. Da gab es m.E. einen rechtskräftigen Bescheid und eine rechtskräftige Befreiung. Daran dürfte auch eine rückwirkend in die Welt gesetzte Satzung nichts ändern. Wäre zu prüfen, interessiert mich aber nur am Rande.
Unabhängig davon hat, wenn man der Rechtsmeinung des BVerwG folgen will, der Erlass einer Steuer, die auf einen zusätzlichen, über den normalen Lebensbedarf hinausgehenden Aufwand, der eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit demonstrieren soll, für mich etwas Widersinniges. Sehr ausführlich dazu das BVerwG in seinem angegriffenen Urteil zur ZWA der Stadt Mainz. Aber das muss ja nichts heißen.
Es kommt darauf auch nicht an, denn der Standpunkt muss sein, dass die von der Stadt Halle (und anderen Städten) erhobene Abgabe die Vorgaben des BVerfG für eine Zweitwohnung nicht erfüllt und nach Auffassung Prof. (em) Dr. H.W. Bayer (Erfinder der Ferienwohnungsteuer) auch keine Aufwandsteuer sein kann. Sie weist in großen Teilen die vom BVerfG gerügte Verfassungswidrigkeit der ursprünglichen Überlinger Steuer auf. Die wurde übrigens seinerzeit vom BVerwG für verfassungskonform gehalten. In dem entsprechenden Urteil finden sich dann so logische Behauptungen wie:
1 Eine Zweitwohnungsteuersatzung, die nur die auswärtigen und nicht die einheimischen Inhaber von Zweitwohnungen der Steuer unterwirft, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Bei der Zweitwohnungssteuer, die hier nach … berechnet wird, spielen die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen keine Rolle, …
3. Entgegen der Meinung der Revision verbietet es der Begriff der Aufwandsteuer nicht, die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen, das Innehaben der Zweitwohnung ohne überwiegenden Aufenthalt im Bereich der steuererhebenden Gemeinde, bei der Bestimmung des Steuergegenstandes zu berücksichtigen.
4, …während die einheimischen Inhaber von Zweitwohnungen zu der Steuer nicht herangezogen werden sollen und auch nicht - jedenfalls nicht generell und undifferenziert - herangezogen werden dürfen, weil für sie der genannte typische Verwendungszweck der Zweitwohnung nicht zutrifft, ihnen gegenüber mithin die Steuer nicht den Charakter einer Aufwandsteuer hätte.
Für den Begriff der Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG kommt es zudem auf besonders hervorgehobenen Aufwand nicht an
3. Die Zweitwohnungsteuer soll, …, als örtliche Aufwandsteuer den Aufwand besteuern, den der Inhaber einer in einer Fremdenverkehrsgemeinde gelegenen Zweitwohnung für seine oder seiner Angehörigen Erholung erbringt.
Der Beschluss des BVerfG von 1983 hat dieses Urteil ganz charmant abgeräumt. Seitdem gibt es – bei entsprechender Ausgestaltung - die Zweitwohnungsteuer als zulässige örtliche Aufwandsteuer. Von der entsprechenden Ausgestaltung ist die Satzung Halle meilenweit entfernt.

Das alles kann man auch kürzer sagen: Widerspruch gegen die Besteuerung als solche und dann auf dem Rechtsweg bleiben.

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Kristin83 @, Donnerstag, 28.01.2010 (vor 5614 Tagen) @ Yvonne Winkler

So hab eine Antwort auf meinen Widerspruch - natürlich abgelehnt... Die Begründung ist grob zusammengefasst, dass das Innehaben einer Zweitwohnung besteuert wird und ich ja mit Nebenwohnsitz gemeldet war und somit den Tatbestand der Satzung erfülle... Weiter hinten steht aber, dass "der Umstand, dass die zweite Wohnung vorgehalten wird,[...] der alleinige Anknüpfungspunkt für die Zweitwohnungssteuer" ist - ich habe doch aber nie eine zweite Wohnung innegehabt... Widersprechen die sich nicht selbst> Sind mehrere Seiten - werd sie nachher mal abfotografieren und hier rein stellen, falls es noch genauer interessiert.

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Alfred @, Donnerstag, 28.01.2010 (vor 5614 Tagen) @ Kristin83

Sie widersprechen sich nicht selbst, sie wissen nicht, was sie sagen (sie wussten es übrigens noch nie)..
Selbst das BVerwG hat in seiner unendlichen Güte entschieden, dass die Erstwohnung als Hauptwohnung anzumelden ist, um den Rückschluss zu erlauben, die Nebenwohnung sei eine Zweitwohnung.
Meine Empfehlung: Berautungsschein - Rechtsanwalt - Klage. Das VG Halle wartet wohl schon darauf und freut sich vermutlich über jeden Antrag der beklagenswerten Stadt.

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Yvonne Winkler @, Freitag, 29.01.2010 (vor 5613 Tagen) @ Alfred

Ne, bitte keinen Beratungsschein.
Prozesskostenhilfeantrag ausfüllen unter www.justiz.de gibt es den und dann zum Anwalt.

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Alfred @, Freitag, 29.01.2010 (vor 5613 Tagen) @ Yvonne Winkler

» Ne, bitte keinen Beratungsschein.
Dann eben nicht. Hauptsache man kommt zu seinem Recht.

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Kristin83 @, Sonntag, 31.01.2010 (vor 5611 Tagen) @ Alfred

Sind die Chancen den einigermaßen realistisch> Klingt bei euch jedenfalls so ;-)
Hab mich mal zur Prozesskostenbeihilfe informiert - wenn ich alle meine Verpflichtungen und Versicherungen abziehe komme ich auf ca 25 Euro einsetzbares Einkommen - müsste also klappen, wenn die Ausgaben wirklich alle abziehbar sind.

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Yvonne Winkler @, Sonntag, 31.01.2010 (vor 5611 Tagen) @ Kristin83

» Sind die Chancen den einigermaßen realistisch> Klingt bei euch jedenfalls
» so ;-)

Sagen wir es mal so, bisher war meine Erfolgsquote 100 %, aber ich kann natürlich keine Gewähr geben, dass das so bleibt. :-P

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Kristin83 @, Sonntag, 31.01.2010 (vor 5611 Tagen) @ Yvonne Winkler

Seh ich das richtig - für den Antrag auf Prozesskostenhilfe brauch ich auch schon nen Anwalt, der das Anliegen formuliert - bzw es wäre zumindest sinnvoll. Und die Kosten dafür wären in der Hilfe enthalten, wenn sie bewilligt wird>

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Yvonne Winkler @, Sonntag, 31.01.2010 (vor 5611 Tagen) @ Kristin83

Vor dem Verwaltungsgericht braucht man keinen Anwalt. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss mit der Klage eingereicht werden, wenn man keine Gerichtskosten zahlen will.
Das sind zwei Anträge. PKH- Antrag und Formular und Klage.
Wenn PKH bewilligt wird, zahlt die Staatskasse die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts, nicht aber die des gegnerischen.