Nun plant auch die Stadt Münster im Rahmen ihrer Haushaltskonsolidierung ab 2011 eine sog. Zweitwohnsitzsteuer einzuführen.
Ein erstes Einschwören des Rates auf die wundersame Einwohnervermehrung hat durch die Verwaltung bereits in der Ratssitzung am 18. Juni 2010 stattgefunden.
Die Vorlage, die den Rat vorab über die entscheidenden Aspekte der Steuer informieren soll, findet man auf der Internetseite der Stadt:
http://www.stadt-muenster.de/ratsinfo/00001/vo_2004032181.htm
Die Steuersatzung liegt wohl bisher nicht in einem öffentlichen Entwurf vor. Sie soll wohl in der Ratssitzung am 8. Dezember 2010 beschlossen werden.
Münster plant anscheinend direkt ein riesen Ausnahmenpaket dazu. Man überlegt sogar ernsthaft Studenten von der Steuer zu befreien.
Von derzeit 34.500 mit Nebenwohnung gemeldeter Einwohner sollen nach den derzeitigen Erkenntnissen der Verwaltung am Ende nur 650 Steuerschuldner übrig bleiben.
Die mittelbaren Mehreinnahmen aus Schlüsselzuweisungen und Anteil an der Einkommensteuer sollen bei ca. 4 Millionen Euro liegen.
Hinweise auf einen eventuellen Zusammenhang zwischen Mehreinnahmen der Stadt und den Ausnahmetatbeständen der Satzung habe ich in dem Dokument nicht gefunden.
Bemerkenswert erscheint mir, dass die Verwaltung davon ausgeht, den zusätzlichen Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit der Steuererhebung durch eine dauerhafte Stelle der Besoldungsgruppe A 08 (mittlerer Dienst) bewältigen zu können.
Betrachtet man die Bonner Personalplanung im Zusammenhang mit der Zweitwohnungssteuer (zunächst fünf Stellen für zwei Jahre, dann dauerhaft zwei Stellen, jeweils auch Stellen des gehobenen Dienstes) scheint Münster sehr von seiner Verwaltungseffektivität überzeugt zu sein oder eben massive Überkapazizäten an Personal bereits heute vorzuhalten.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
Alfred , Donnerstag, 12.08.2010 (vor 5417 Tagen) @ LionelHutz
Die Penetranz, mit der in der Vorlage von „Zweitwohnsitzsteuer“ gesprochen wird, lässt sich mit westfälischer Dickfelligkeit nicht allein erklären. Da fühle ich mich fasr schon persönlich betroffen.
Es ist - auch wegen anderer Inhalte der Vorlage -, zu vermuten, dass man nur rudimentär weiß, was man zu tun gedenkt. Einfach abschreiben genügt nicht immer.
Der Stadt Münster wird aber im Endeeffekt nichts anderes übrig bleiben, als die Steuer einzuführen, denn sonst wird man dort kaum an der „wundersamen Bevölkerungsvermehrung“ teilhaben können und gehört zu den Verlierern dieser Kopfgeldjagd.
» Bemerkenswert erscheint mir, dass die Verwaltung davon ausgeht, den zusätzlichen Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit der Steuererhebung durch eine dauerhafte Stelle der Besoldungsgruppe A 08 (mittlerer Dienst) bewältigen zu können.
Der Schwerpunkt dürfte hier wohl bei „dauerhaft“ liegen. Kann durchaus realistisch sein. Auch ohne auf bereits vorhandene massiver personelle Überkapazitäten zurück greifen zu müssen. Letztlich eine Frage der Organisation, der Zuarbeit und der Klarheit der Satzung (daran wird es vermutlich scheitern). Je mehr Mitarbeiter an einer Sache arbeiten, desto weniger ist der einzelne zuständig. Bestes Beispiel für Chaos durch „reibungsloses Nebeneinander“ bietet die Stadt Köln – da schiebt einer es auf den anderen und am Ende war es keiner.
Was mich bezüglich der Qualität unserer kommunalen Verwaltungen immer bedenklicher stimmt, ist die hohe Zahl von „Karteileichen“ bei den Nebenwohnungen – durchgängig so um die 30%. Wie die zustande kommt, ist mir schon klar. Die Ursachen müssten eigentlich auch der Verwaltung bekannt sein. Warum kontrolliert das eigentlich keiner genauer> Oder ist dafür mal wieder keiner zuständig>
Aber da noch - wie manche Richter - behaupten zu wollen, sich auf das Melderegister verlassen zu können, ist wohl etwas blauäugig.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
Alfred , Freitag, 13.08.2010 (vor 5416 Tagen) @ LionelHutz
Wenn auch in der Sache völlig bedeutungslos und nur der historischen Genauigkeit wegen:
In der Vorlage der Stadt Münster ist eine (nicht vollzählige) Auflistung von NRW-Gemeinden und Städten mit ZWSt. Dabei ist auffällig, dass danach Bad Münstereifel, mit Einführungsjahr 1991, die älteste Satzung in NRW hätte. Das ist falsch, denn das Einführungsjahr bei Winterberg stimmt nicht. Dort muss es 1990 und nicht 1995 heißen.
Der zweitwohnungsteuerrechtliche Sündenfall NRWs fand in Winterberg statt, wenn der Urheber auch in Bochum sitzt.
Am Rande bemerkt:
Am 1.10. wäre Gedenktag: 20 Jahre ZWSt in Winterberg!
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
LionelHutz , Freitag, 13.08.2010 (vor 5416 Tagen) @ Alfred
» Am Rande bemerkt:
» Am 1.10. wäre Gedenktag: 20 Jahre ZWSt in Winterberg!
Wieso "wäre"> Soweit ich weiß gibt es die Steuer in Winterberg noch.
Im Übrigen sieht es so aus, als wisse man in Winterberg ziemlich genau was man tut. Die Steuer knüpft in keiner Weise an das Melderegister an und hat das auch in ihrer ersten Fassung nicht getan. Sie scheint eine echte Aufwandsteuer zu sein.
Allerdings frage ich mich, ob der gelichmäßige Vollzug sichergestellt werden kann. Aber in Winterberg ist das wohl möglich.
Die Steuer hat vermutlich eine ganz andere Zielrichtung (Ferienwohnungen) und es werden keine Lenkungszwecke (wundersame Einwohnervermehrung) verfolgt.
An der Winterberger Satzung ist meiner Meinung nach nicht viel Auszusetzen. Die Verwaltung dort lacht sich vermutlich über die billigen Immitationen kaputt.
Ist eine politische Entscheidung die umgesetzt wurde.
Für die Einwohnervermehrer dürfte die Satzung aber ungeeignet sein.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
Alfred , Freitag, 13.08.2010 (vor 5416 Tagen) @ LionelHutz
» Wieso "wäre"> Soweit ich weiß gibt es die Steuer in Winterberg noch.
Sicher, das „wäre“ zielt auch mehr auf „Wenn man dieses Ereignisses denn gedenken wollte.“
» Im Übrigen sieht es so aus, als wisse man in Winterberg ziemlich genau was man tut.
Heute wohl nicht mehr.
» Die Steuer knüpft in keiner Weise an das Melderegister an und hat das auch in ihrer ersten Fassung nicht getan.
In der ersten Fassung vielleicht nicht, aber in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 16.12.2005 zumindest in Ansätzen.
» Sie scheint eine echte Aufwandsteuer zu sein.
Wie ist das mit der „echten" Aufwandsteuer“ gemeint> Auch das Innehaben einer Nebenwohnung ist schließlich mit steuerbarem Aufwand verbunden, auch wenn die Steuereinnahme nur Nebenweck ist.
» Die Steuer hat vermutlich eine ganz andere Zielrichtung (Ferienwohnungen) und es werden keine Lenkungszwecke (wundersame Einwohnervermehrung) verfolgt.
Davon kann man ausgehen, zumal 1990 im Antrag auf Genehmigung nur die Steuereinnahmen eine Rolle spielten. Damals war das noch eine „Fremdenverkehrsgemeindensteuer“. Aber Mitnehmen wird man den "Vermehrungseffekt" wohl gerne.
» Für die Einwohnervermehrer dürfte die Satzung aber ungeeignet sein.
Schon allein mangels Masse.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
LionelHutz , Freitag, 13.08.2010 (vor 5416 Tagen) @ Alfred
» In der ersten Fassung vielleicht nicht, aber in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 16.12.2005 zumindest in Ansätzen.
Nein, ich denke, das stimmt so nicht.
Auch in der aktuellen Satzung von Winterberg steht nirgendwo "Zweitwohnung ist jede Wohnung die als Nebenwohnung gemeldet ist." Es kommt alleine auf die materielle Rechtslage nach dem MG NRW zum Stand von x an. Das ist ein entscheidender Unterschied.
Es kommt nach dieser Satzung auf die tatsächlichen Verhältnisse an und eben nicht auf das Register auch wenn das natürlich als Anhalt dienen wird.
Das es anders gar nicht geht hat das BVerwG ja festgestellt.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
Alfred , Samstag, 14.08.2010 (vor 5415 Tagen) @ LionelHutz
» Auch in der aktuellen Satzung von Winterberg steht nirgendwo "Zweitwohnung
» ist jede Wohnung die als Nebenwohnung gemeldet ist." Es kommt alleine auf die materielle Rechtslage nach dem MG NRW zum Stand von x an.
Welche Satzungen hast Du denn da im Hinterkopf> Mir sind nur wenige bekannt, die so platt formulieren – meist sind es bayerische. Üblicherweise muss eine Zweitwohnung im Sinne des MG als Nebenwohnung dienen, und damit kommt es eben auf die melderechtlichen Verhältnisse und nicht auf die Meldung als solche an (BFH sieht/sah das anders).
Bezüglich des Anknüpfens an das Melderegister sehe ich da erst Mal keinen entscheidenden Unterschied zu einer Formulierung wie „Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung (§ 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes … für seinen persönlichen Lebensbedarf … innehat.
» Das es anders gar nicht geht hat das BVerwG ja festgestellt.
BVerwG kann jederzeit befinden - andere Gerichte natürlich ebenfalls -, dass es auch anders geht. Auf solche enmtscheidungen würde ich deswegen nicht so fest bauen.
Richtig ist allenfalls, dass das BVerwG – mit dem Segen des BVerfG - entschieden hat, dass zur Bestimmung der Zweitwohnung das Anknüpfen an die melderechtlichen Verhältnisse zulässig ist. Das Innehaben einer nicht vorwiegend genutzten Wohnung kann damit Gegenstand einer rechtmäßigen (echten) Aufwandsteuer sein.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
LionelHutz , Samstag, 14.08.2010 (vor 5415 Tagen) @ Alfred
» Welche Satzungen hast Du denn da im Hinterkopf> Mir sind nur wenige bekannt, die so platt formulieren – meist sind es bayerische. Üblicherweise muss eine Zweitwohnung im Sinne des MG als Nebenwohnung dienen, und damit kommt es eben auf die melderechtlichen Verhältnisse und nicht auf die Meldung als solche an (BFH sieht/sah das anders). Bezüglich des Anknüpfens an das Melderegister sehe ich da erst Mal keinen entscheidenden Unterschied zu einer Formulierung wie „Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung (§ 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes … für seinen persönlichen Lebensbedarf … innehat.
Auf Anhieb fallen mir Köln, Bonn, Essen und Mainz ein.
Da gibt es dann noch einen weiteren unverschämten Satz:
"Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes,
wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs inne gehalten wird."
Die Regelung ist unter mehreren Aspekten verfassungswidirg.
Wenn ich mich recht erinnere, hat das BVerwG mit einiger Mühe und mit Hilfe einer während des Verfahrens beschlossenen Satzungsänderung die entsprechende Norm in Mainz wegdiskutiert. Der Fall lag aber wohl auch denkbar ungeeignet um die Satzung zu kippen.
Aus Köln weiß ich, dass die Stadt auf Grund der genannten Regelung die tatsächlichen Verhältnisse nicht gelten lässt.
Anders macht die Steuer zur Einwohnervermehrung auch keinen Sinn, da die Steuer keine Drohkulisse aufbaut, wenn es eh immer auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Die Einwohner sollen sich ja idealerweise von sich aus ummelden, bevor die Stadt mit der Eintreibung überhaupt beginnt.
Zweitwohnungssteuer in Münster ab 2011 !?!
Alfred , Samstag, 14.08.2010 (vor 5415 Tagen) @ LionelHutz
» Auf Anhieb fallen mir Köln, Bonn, Essen und Mainz ein.
Und in keiner dieser Satzungen steht „Zweitwohnung ist jede Wohnung die als Nebenwohnung gemeldet ist." U.a. deswegen konnte das BVerwG ja die Verfassungswidrigkeit verneinen – nach Auffassung Einiger: verleugnen.
» "Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs inne gehalten wird."
» Die Regelung ist unter mehreren Aspekten verfassungswidirg
Nichtig ist die ganze Satzung. Die Regelung des Abs. 4verstößt sicherlich gegen das Melderecht, ist insgesamt aber mehr unsinnig als verfassungswidrig. Auch hier macht der Einschub „im Sinne des NRW MG“ deutlich (zumindest in der geltungserhaltenden Auslegung der Gerichte), dass es nicht allein um die formale Meldung geht. Dass die Satzungen längst nicht mehr dem Grundsatz der Bestimmtheit genügen (nie genügt haben>), sehen die Gerichte zu ihrem eigenen Nachteil anders.
Was "inne halten" bedeuten soll, wird das VG Köln schon klären. Der bayer. VGH hat sich jedenfalls nicht daran gestört.
» Wenn ich mich recht erinnere, hat das BVerwG mit einiger Mühe und mit Hilfe einer während des Verfahrens beschlossenen Satzungsänderung die entsprechende Norm in Mainz wegdiskutiert. Der Fall lag aber wohl auch denkbar ungeeignet um die Satzung zu kippen.
„Mit einiger Mühe“ ist eine sehr zurückhaltende Formulierung. Mir ist bekannt, dass einige das BVerwG-Konstrukt als „Vollendung des Absurden“ ansehen ud das auch begründen können.
Die beiden Mainzer Fälle repräsentieren die typischen Zielgruppe der städtischen ZWSt. Was mich da bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dass auf Grund einer nichtigen Satzung die diskriminierungsfreie Besteuerung dieser Zielgruppe möglich sein soll.
» Aus Köln weiß ich, dass die Stadt auf Grund der genannten Regelung die tatsächlichen Verhältnisse nicht gelten lässt.
Das ist Auffassung der Verwaltung. Aber damit kommt sie nur durch, wenn man sie gewähren lässt. Da sind mir auch andere Fälle bekannt. Allerdings pflegt Köln den Unsinn der rückwirkenden Ab-/Ummeldung als Voraussetzung für die Aufhebung der Steuerpflicht. Und da kann man jetzt die Entscheidungen des BVerwG zu Mainz usw. fruchtbar machen.
» Anders macht die Steuer zur Einwohnervermehrung auch keinen Sinn, da die Steuer keine Drohkulisse aufbaut, wenn es eh immer auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Die Einwohner sollen sich ja idealerweise von sich aus ummelden, bevor die Stadt mit der Eintreibung überhaupt beginnt.
Die Drohkulisse/Nötigung m.E. besteht darin, dass derjenige, der sich in Köln nicht vorwiegend aufhält/aufhalten will, durch die ZWSt zur – ggfl. melderechtswidrigen - Ummeldung "veranlasst" werden soll. Das wäre gefahrlos möglich, weil die Anmeldung einer Hauptwohnung nicht verifiziert wird (sehen die Gerichte auch anders).
Volljährige Alleinstehende hingegen, die sich vorwiegend in Köln aufhalten und dort dann mit Nebenwohnung registriert ist, sind melderechtlich falsch erfasst und gesetzlich verpflichtet, ihren Meldestatus zu berücksichtigen. Diesen Satzungszweck wird man kaum beanstanden können.