News: Köln versucht erneut nachzubessern

LionelHutz @, Freitag, 03.09.2010 (vor 5451 Tagen)

Die Verwaltung der Stadt Köln initiiert eine weitere Änderung der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Köln.

Am Montag, den 06. September 2010, will die Verwaltung der Stadt Köln eine entsprechende Beschlussvorlage dem Ausschuss "Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen/Vergabe/Internationales" vorlegen.

Der Rat der Stadt Köln soll am 14. September 2010 die

"Satzung zur Änderung der 2. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Stadt Köln (Zweitwohnungssteuersatzung)"

beschließen.

Die Inititative der Verwaltung zur Satzungsänderung inkl. der entsprechenden Beschlußvorlage vom heutigen Datum ist auf der Internetseite der Stadt Köln unter dem folgenden Link dokumentiert:

[link=http://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp>__kvonr=24095&voselect=4703]http://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp>__kvonr=24095&voselect=4703[/link]

Begleitet wird diese Inititaive durch eine allgemeine Mitteilung der Verwaltung gegenüber dem Rat über die Vorteile der Zweitwohnungssteuer. Diese Mitteilung ist unter folgendem Link dokumentiert:

[link=http://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp>__kvonr=24045&voselect=4703]http://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp>__kvonr=24045&voselect=4703[/link]


Die rückwirkende Änderung der 2. Änderungssatzung darf man juristisch wohl als eher unorthodox ansehen. Zumal die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Köln bereits in der Fassung der 4. Änderungssatzung vorliegt.

Die Satzungsbegründung der Verwaltung problematisiert die rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der geplanten Änderung (z.B. Rückwirkung, Bestimmtheit) in keiner Weise.

Ich erlaube mir daher die Bemerkung, dass sich juristische Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geplanten Vorgehens geradezu aufdrängen.

News: Köln versucht erneut nachzubessern

Alfred @, Freitag, 03.09.2010 (vor 5451 Tagen) @ LionelHutz

Herzlichen Dank für den Hinweis - da kommt der Einzelne ja nicht mehr nach.
"Versucht" ist hier genau richtig.
Schon der 1. Satz der Begründung der Änderung ist gelogen (allenfalls gängige Rechtssauffassung, aber dennoch falsch.
„Das Bundesverfassungsgericht hat mit zwei am 10.11.2005 veröffentlichten Beschlüssen vom 11. Oktober 2005 – 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03 – entschieden, dass die Zweitwohnungssteuersatzungen der Städte Hannover und Dortmund insoweit nichtig sind, als die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, besteuert wird.“
Nach den Entscheidungen des BVerwG und des BVerfG 2008 bis 2010 sollte auch einem Kölner Amtsleiter klar sein, dass Nebenwohnung nicht mit Zweitwohnung gleichgesetzt werden darf (was die Satzung noch nicht einmal tun tut).
Satzungen, die in irgendeiner Weise die Stuerpflicht an die Neben-/melderechtliche Hauptwohnung anknüpfen, verkennen gesetzliche Grundlagen und sind nichtig. Das Melderecht gibt das nicht her.
Z.B. die Frage, ob ein Verheirateter seine Nebenwohnung vorwiegend nutzt oder nicht, stellt sich im Meldrecht überhaupt nicht. Entscheidend ist einzig und allein, dass er durch den überwiegenden Aufenthalt der Familie in einer anderen Wohnung daran gehindert ist, nur eine einzige Wohnung – aus welchen Gründen und in welchem Umfang auch immer - zu nutzen.
Die rückwirkende Inkraftsetzung der erneuten Änderung - angeblich dient sie der Klarstellung ist da noch das geringste Problem, weil diese Pseudonorm in sich verfassungswidrig ist. Sie macht die Besteuerung/Nichtbesteuerung einer Wohnung noch deutlicher als bisher vom Familienstand und vom Grund der Nutzung abhängig.
Mal sehen, was das VG Köln daraus seinerseits sieht.

News: Köln versucht erneut nachzubessern

LionelHutz @, Sonntag, 05.09.2010 (vor 5449 Tagen) @ Alfred

» Die rückwirkende Inkraftsetzung der erneuten Änderung - angeblich dient sie der Klarstellung ist da noch das geringste Problem, weil diese Pseudonorm in sich verfassungswidrig ist.

Ich weiss zwar nicht, was Du unter einer Pseudonorm verstehst, aber die vorgeschlagene Satzungsänderung gehört zu den absurdesten Gebilden die mir im Kommunalrecht bislang untergekommen sind.

Im Jahr 2008 hat der Rat die alte Satzung außer Kraft treten lassen und eine neue Satzung zum 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt. Der Ausnahmetatbestand wurde eingeschränkt und der Kreis der Steuerpflichtigen ab 2009 erweitert. So das VG Köln.

Jetzt soll ein neuer Rat in einer neuen Legislaturperiode die damals außer Kraft gesetzte Satzung rückwirkend ändern, weil man sich überlegt hat, dass der vorherige Rat unverschämterweise (allerdings auf Vorschlag der Verwaltung) zu viele Einwohner aus der Steuerpflicht ausgenommen hat. Das Geld könnte man jetzt doch ganz gut gebrauchen. Ausserdem hat man bei der Verwaltung nach fast zwei Jahren, anscheinend auch bemerkt, dass unterschiedliche Steuersatzungen für unterschiedliche Steuerzeiträume den Verwaltungsaufwand nicht unbedingt mindern.

Der "böse" Postbeamte aus dem VG Urteil vom 16. Juni 2010 soll als "gerechte Strafe" seinen Steuerscheid doch noch bekommen. :-D

Man darf echt gespannt sein... Großes Kino und sogar recht unterhaltsam! :-P

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Alfred @, Sonntag, 05.09.2010 (vor 5449 Tagen) @ LionelHutz

» Ich weiss zwar nicht, was Du unter einer Pseudonorm verstehst,
Ganz bestimmt gehört „Pseudonorm“ nicht zum juristischen Sprachgebrauch. Aber unter Inanspruchnahme des Dudens könnte sich die Bedeutung dennoch erschließen. Vielleicht hilft Dir das weiter: Als Pseudonorm bezeichne ich einen Satz, der im Gewand einer Norm daherkommt, in Wirklichkeit aber keine ist. Also nur so tut als ob und in Wirklichkeit falsch, unecht, täuschend, lügenhaft ist.

Was die Stadt Köln da als neuen Pseudobefreiungstatbestand (s.o.) einführen will, ist inhaltlich blanker Unsinn, wobei die Gefahr besteht, dass das VB Köln das auch noch abnimmt.

» aber die vorgeschlagene Satzungsänderung gehört zu den absurdesten Gebilden die mir im Kommunalrecht bislang untergekommen sind.
Die Frage der Zulässigkeit der Rückwirkung ist allenfalls Verwaltungs- oder juristische Onanie, die am Kern des Problems glatt vorbeiführt. Recht unterhaltsam allemal, aber kein großes Kino sondern Schmierentheater. Allerdings gibt VG Köln Urteil vom 07.05.2010 - 27 K 1049/09 der Hoffnung Raum, dass es nicht so kommen muss.

Eine andere Frage:
Köln plant also eine „Satzung zur Änderung der 2. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer in der Stadt Köln“. Damit dürfte die Änderung der Satzung in der Fassung der 2. Satzung zur Änderung der Satzung vom 19.12.2008 gemeint sein.
Das lässt darauf schließen:
1. Die Satzung in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 16.12.2005 ist ja wohl definitiv außer Kraft.
2. Die Satzung in der Fassung der 4. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18.12.2009, auf die VG Köln Urteil vom 16.06.2010 – 21 K 5193/08 gerät damit in einen fraglichen Status (hat es sie je gegegeben, gibt es sie noch, besteht sie neben anderen Fassungen weiter:-P >).
3. Die Satzung in der Fassung der 3. Satzung zur Änderung der Satzung vom 31 03.2009 auf die VG Köln mit Urteil vom 07.05.2010 – 27 K 1049/09 hinweist, gerät damit ebenfalls in einen fraglichen Status (hat es sie je gegegeben, gibt es sie noch, besteht sie neben anderen Fassungen weiter:-P >)..
Bleibt zu hoffen, dass irgendwer den Überblick hat/bekommt und sagen kann: Welche Satzung gilt HEUTE>

» Der "böse" Postbeamte aus dem VG Urteil vom 16. Juni 2010 soll als "gerechte Strafe" seinen Steuerscheid doch noch bekommen. :-D
Böse ist jeder, der in Köln mit Nebenwohnung registriert ist. Und Strafe muss eben sein. Auch eine juristisch einwandfreie Konsequenz.

News: Köln versucht erneut nachzubessern

LionelHutz @, Donnerstag, 30.09.2010 (vor 5424 Tagen) @ LionelHutz

Mit Verzögerung hat der entsprechende Ausschuss dem Rat nunmehr einstimmig empfohlen, die vorgeschlagene Änderung der vorvorletzten Änderung der Zweitwohnungssteuersatzung zu verabschieden.

Man kann daher wohl davon ausgehen, dass der Rat in seiner Sitzung am 7. Oktober 2010 dieses durchaus ungewöhnliche Konstrukt "durchwinken" wird.

Wer sich als Steuerpflichtiger gegen die Heranziehung zur Kölner Zweitwohnungssteuer für Zeiträume bis zum 1. Januar 2009 wehrt, sollte sorgfälltig Prüfen, ob diese Änderung für ihn eine verbotene Rückwirkung mit sich bringt.

Zudem sollte beachtet werden, dass die auf der Internetseite der Stadt Köln veröffentlichte Zweitwohnungssteuersatzung das aktuell geltende Stadtrecht unrichtig wiedergibt und diese Fassung daher für die Beurteilung einer eventuellen Steuerpflicht unbrauchbar ist.

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Alfred @, Donnerstag, 30.09.2010 (vor 5424 Tagen) @ LionelHutz

Hauptsache die zuständigen Kammern des VG Köln wissen, welche Satzung gerade wann gilt.
Jetzt können sich alle in der Kunst der Auslegung üben:
- der Betroffene, der sich ob der Bestimmtheit der Satzung nicht mehr zurechtfindet,
- die Verwaltung, die noch nie gewusst hat, was sie eigentlich soll (insofern könnte die Satzung beliebig geändert werden),
- die Gerichte, die hoffentlich irgendwann mal erkennen, dass Satzungen dieses Types von Grund auf verfassungswidrig sind – das wäre allerdings auch ohne besonders kunstvolle Auslegung möglich.
Das BVerwG wird’s dann schon richten.
Erfreulich allenfalls die Feststellung, wie brav die Legislative die Blähungen der Exekutive durchwinkt. Das nenne ich (deswegen wohl im Einbürgerungstest am Durchfallen dran sein) Gewaltenteilung.
Wetten, dass kein Kölner Ratsherr sich zu diesem Unfug bekennen wird.