Babylon
Folgender Spruch fiel mir in die Finger. Finde ihn staatstragend.
[blockquote] Seit den Entscheidungen des BVerfG von 2010 geht es nicht mehr darum, ob das Innehaben einer einzigen, nicht vorwiegend genutzten Wohnung (= Zweitwohnung) ein Zustand ist, der möglicherweise die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer zulässt. Die Frage ist vielmehr, ob mit dem Innehaben einer Nebenwohnung regelmäßig ein Zustand zum Ausdruck gebracht wird, an den die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als eine zulässige örtliche Aufwandsteuer anknüpfen darf. [/blockquote]
Quelle mir unbekannt. Kann da jemand helfen>
Babylon
Na das ist ja mal eine Aussage.
Leider weiß ich auch nicht wo die her ist. Ich höre die zum ersten Mal. Ein guter Bekannter von mir kennt sich da aber gut aus und den werde ich mal fragen. Vielleicht weiß er es ja. Ich werde ihn auf alle Fälle mal fragen.
Babylon
» Folgender Spruch fiel mir in die Finger. Finde ihn staatstragend.
Hmm... der hatte in der vorherigen Fassung eine andere Aussage, oder>
So aus dem Zusammenhang gerissen sehe ich da nichts staatstragendes. Klingt aber eher etwas unpräzise.
Richtiger wäre vielleicht:
Eine Zweitwohnungssteuer kann den Steuertatbestand nicht alleine an das Melderegister knüpfen. Eine Eintragung im Melderegister stellt für sich genommen keinen Aufwand des Eingetragenen dar (Selbstverständlichkeit). Folgerichtig knüpfen die Satzungen den Steuertatbestand an das "Innehaben einer Zweitwohnung". Um die Steuererhebung zu vereinfachen wird typisierend an das Melderegister angeknüpft. Dies ist natürlich nur zulässig, wenn in der Regel davon auszugehen ist, dass die mit Nebenwohnung erfassten Einwohner diese Wohnung zwar innehaben, sie aber tatsächlich nicht vorwiegend nutzen (sie also eine "Zweitwohnung" ist). Davon sei in der Regel auszugehen (So ungefähr das BVerfG in 2010). Mit der These, dass ihre Melderegister in Bezug auf Nebenwohnungen ganz überwiegend falsch sind, begründen viele Städte aber gerade den Nutzen ihrer Steuer. Viele Fragen stellen sich in diesen Fällen nicht mehr.
Also, den Hasen bei den Löffeln packen! :ok:
Babylon
» So ...sehe ich da nichts staatstragendes. Klingt aber eher etwas unpräzise.
Was meine Auffassung, der Spruch sei staatstragend, doch wohl eher bestätigt, oder>
» Richtiger wäre vielleicht:
Mit Blick auf Spruch, Satz 2 halte ich Deine Interpretation nicht für „richtiger“ oder präziser sondern für einschränkend. Mit Blick auf Spruch, Satz 1 hilft mir Deine Interpretation nicht viel weiter.
» Folgerichtig knüpfen die Satzungen ... wird typisierend an das Melderegister angeknüpft. Dies ist natürlich nur zulässig, wenn in der Regel davon auszugehen ist, dass die mit Nebenwohnung erfassten Einwohner diese Wohnung zwar innehaben, sie aber tatsächlich nicht vorwiegend nutzen (sie also eine "Zweitwohnung" ist). Davon sei in der Regel auszugehen (So ungefähr das BVerfG in 2010).
… so ungefähr das BVerfG … das 2010 auch nicht gerade durch Präzision glänzt – nicht nur deswegen: staatstragend eben. Aber könnte im Kern die Aussage des 2. Satzes sein, trifft m.E. den Punkt aber nicht voll. Die Frage, was eine Zweitwohnung ist, wäre mit Spruch, Satz 1 zu beantworten.
Eine Eintragung im Melderegister stellte, wie Du selbst feststellst, keinen Aufwand des Eingetragenen dar. Aber die Frage (Spruch, Satz 2) lautet nicht, ob die Registrierung einer Nebenwohnung regelmäßig ein Zustand sei …
» Mit der These, dass ihre Melderegister in Bezug auf Nebenwohnungen ganz überwiegend falsch sind, begründen viele Städte aber gerade den Nutzen ihrer Steuer. Viele Fragen stellen sich in diesen Fällen nicht mehr.
Zielt wohl auf die gern und oft zitierte „Bereinigung des Melderegisters“. Die wäre mit Sicherheit eine Folge der Einführung der ZWSt, sozusagen als wünschenswerter Nebeneffekt und lässt sich ungeniert behaupten. Das Argument, die Melderegister seien in Bezug auf Nebenwohnungen, auch nach der Einführung der ZWSt immer noch, wenn auch anders, falsch, sehe ich durchaus nicht nur als These und glaube auch Deine Zielrichtung zu sehen. Aber ob das Argument weiterhilft> Beweisen lässt es sich jedenfalls mit herkömmlichen, zulässigen Methoden nicht (so wohl auch BVerfG in den einschlägigen Entscheidungen 2010, aber leider nicht durchgängig; staatstragend eben). Deswegen bestenfalls als Hilfsargument/Seitenhieb geeignet, aber nicht zielführend (so wohl OVG NRW zu „Unwägbarkeiten des Melderechts“). Trifft zudem meist nur bei Satzung à la Cologne zu, für viele Satzungen (Typ „Fremdenverkehrsgemeinden“) eher nur sehr begrenzt anwendbar.
» Also, den Hasen bei den Löffeln packen! :ok:
Gerne, aber wo ist der Hase>
Babylon
» So aus dem Zusammenhang gerissen sehe ich ...
… das gar nicht. Meiner Meinung nach bezieht es sich wohl auf eine (die) Folge(n) der Entscheidungen des BVerfG von 2010 (hier wohl die Nichtannahmebeschlüsse vom 17.2.). Innehaben einer Zweitwohnung bedeutet seitdem nicht mehr nur, das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf neben der Hauptwohnung. Die Besteuerung einer einzigen Wohnung ist höchstrichterlich, unanfechtbar nunmehr zulässig. Es geht nur noch darum, was eine Satzung als Zweitwohnung normiert. Der 1983 vom BVerfG für nichtig erkannte Ansatz von Prof. Dr. Bayer ist also, wenn auch erweitert, richtig . Mit einer einzigen Änderung („dieser“ statt „der Stadt“) ist die höchstrichterlich zulässige Definition des Steuerpflichtigen: „
„Inhaber einer Zweitwohnung ist ein Einwohner, der im Stadtgebiet eine Wohnung innehat, ohne sich in dieser überwiegend aufzuhalten.“
Und das nach 27 Jahren. Kein Wunder, dass der ZWSt-Vater mit dem BVerfG hadert(e>).
Aber gibt es einen schöneren Beweis für
[blockquote] Denn das Gesetz ist nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten will, solange dies nicht die Form sprengt, in die er gegossen ist
(vgl. BGHSt 10, 157, 159 f.)> [/blockquote]
Einfach schön. Und so präzise. Oder ist es Voodoo> Denn mir kommt im konkreten Fall unwillkürlich der Wiedergänger in den Sinn.
Nicht nur Gottes Mühlen mahlen langsam.
Babylon
» Gerne, aber wo ist der Hase>
Für die Rechtmäßigkeit einer typisierende Anknüpfung gibt es recht klar definierte Voraussetzungen. Das BVerfG nennt sie in der Studentenentscheidung aus 2010 mittelbar, indem es feststellt:
"Die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht dient zudem der Vereinfachung der Verwaltung in einem Massenverfahren und der Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands der Melde- und Steuerbehörde. Dafür spricht außerdem, dass eine Ermittlung der Wohnverhältnisse von Steuerpflichtigen wegen der Nähe zur Sphäre privater Lebensführung und wegen des Schutzes der Wohnung durch Art. 13 GG ohnehin nur eingeschränkt möglich ist (vgl. BVerfGE
101, 297, 311)."
Viele Städte gehen aber von "Trefferquoten" von weit unter 5% aus und belegen dies sogar durch eigene Berechnungen.
Wenn eine Stadt 30.000 Einwohner für steuerpflichtig erklärt, selbst aber nur von ein paar hundert Steuerschuldnern ausgeht, dann ist es fast unausweichlich, dass die Stadt am Ende mit ein paar tausend Klagen an der Backe aufwacht. Das ist nicht die Art der Vereinfachung die das BVerfG meint.
Babylon
» "Die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht dient zudem der Vereinfachung der Verwaltung in einem Massenverfahren und der Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands der Melde- und Steuerbehörde. Dafür spricht außerdem, dass eine Ermittlung der Wohnverhältnisse von Steuerpflichtigen wegen der Nähe zur Sphäre privater Lebensführung ... nur eingeschränkt möglich ist ..."
Ich liebe staatstragende Rechtssätze, sie sind so herrlich nichtssagend. Hier nur:
1. „Massengeschäft“: Ab wann ist ein Geschäft ein Massengeschäft> Beispiel: Die Gemeinde Rott im Pfaffenwinkel hat etwa 7 bis 8 Steuerfälle bei 14 mit Nebenwohnung gemeldeten Einwohnern. Ein Massengeschäft>
2. Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands: Was ermittelt die Meldebehörde, was hat die Steuerbehörden zu ermitteln> Was ist doppelt> Was ist davon vermeidbar>
3. Ermittlung der Wohnverhältnisse nur eingeschränkt möglich> Sagt das wirklich das gleiche BVerfG, das am gleichen Tag erkennt, dass
die Steuersatzung (hier München) neben der reinen Deklarationspflicht des Steuerpflichtigen weitere Möglichkeiten vorsieht, auch gegen dessen Willen an die erforderlichen Informationen über die Steuerpflicht zu gelangen> Und ist, die formelle Anknüpfung der Zweitwohnungsteuerpflicht an die Meldung einer Nebenwohnung durch die Möglichkeit der Erlangung von Daten der Meldebehörde wirklich abgesichert> Lässt sich die Mitwirkungspflicht Dritter im Besteuerungsverfahren wirklich nutzbar machen>
» Wenn eine Stadt 30.000 Einwohner für steuerpflichtig erklärt, selbst aber nur von ein paar hundert Steuerschuldnern ausgeht, dann ist es fast unausweichlich, dass die Stadt am Ende mit ein paar tausend Klagen an der Backe aufwacht.
Zu den Kölner Zahlen kann ich nicht viel sagen. Ich habe mich etwas näher nur mit denen der Mainzer und teilweise auch der Augsburger beschäftigt. Die sehen anders aus. Nach Dr. Rhein, neben Meier, dieser Rechtsdirektor zu Essen, dem Experten für ZWSt schlechthin, zufolge, ist eine Typisierung bei 50 % +1 zulässig. Mainz liegt knapp drüber oder dran, Augsburg vermutlich ebenfalls. Hast Du aussagekräftige Zahlen zu Köln> Sollte man aber ggf. in einem neuen Beitrag vertiefen.
» Das ist nicht die Art der Vereinfachung die das BVerfG meint.
"Ja, das BVerfG ... " (Oberst aus Mainz).
Welche Art der Vereinfachung meint das BVerfG denn, wenn es die eigentlche Frage ignoriert>
Aachen:
Die durch den Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob die Bestimmung der Zweitwohnung an das Melderecht angebunden werden darf, wirkt sich, selbst wenn sie zu bejahen wären, nicht auf den Typus der verfahrensgegenständlichen Zweitwohnungsteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer aus.
Und dann sieht:
Auch die Anknüpfung an das Melderecht führt damit auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung zurück. Dies ist weder sachwidrig noch willkürlich zur Bestimmung der Steuerpflicht. Denn die Nutzung der Wohnung ist das äußerlich erkennbare Merkmal des damit betriebenen finanziellen Aufwands (Klare Aussage, die den Städten hoffentlich noch viel Kummer machen wird, aber staatstragend verpackt).
Und zum Schluss noch eine weitere Bosheit – sozusagen zum staatstragenden Abschluss.
Diesmal Beschluss zu Polizist, München:
„Diese in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärten Grundsätze zum verfassungsrechtlichen Aufwandsbegriff machen deutlich, dass Belastungsgrund für den steuerbaren Aufwand allein der im Konsum bestimmter Güter zum Ausdruck kommende äußere Eindruck einer besonderen Leistungsfähigkeit ist, ...“
Abgesehen davon, dass mir – rein sprachlich - da was zum Verständnis fehlt, dieses aber glaube, durch eine rechtlich zulässige Auslegung gewinnen zu können:
1. Ist das Innehaben einer Wohnung ein bestimmtes Gut>
2. Wenn ja, wie wird es konsumiert>
3. Was bleibt von einer Wohnung, wenn der Konsument sie konsumiert hat (=auszieht)> Hilft hier das Melderecht> Das Gut ist keine Wohnung mehr.
Ich denke schon, dass wir in etwa den gleichen Hasen meinen könnten, aber die Löffel, an denen Du ihn packen willst, sehe ich immer noch nicht.Zurück zu einem der Ausgangspunkte:
Die Frage ist vielmehr, ob mit dem Innehaben einer Nebenwohnung regelmäßig ein Zustand zum Ausdruck gebracht wird, an den die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als eine zulässige örtliche Aufwandsteuer anknüpfen darf.
Die Antwort auf diese Frage ist für mich noch offen.
Babylon
» ... Hast Du aussagekräftige Zahlen zu Köln> Sollte man aber ggf. in einem neuen Beitrag vertiefen.
Ich hatte an die Berechnungen der Städte Münster und Bonn gedacht. Entsprechende Dokumente habe ich hier an anderer Stelle verlinkt. Köln und die anderen Einwohnervermehrungsstädte liefern ähnliches Zahlenmaterial.
Babylon
» » ... Hast Du aussagekräftige Zahlen zu Köln> Sollte man aber ggf. in einem
» neuen Beitrag vertiefen.
Also keine aussagekräftigen Zahlen und kein neuer Beitrag. Und nicht Köln. Na ja, ich hatte das so verstanden, dass Du mit der „Stadt am Ende mit ein paar tausend Klagen an der Backe aufwacht“ Köln beschreibst.
Nehmen wir also Bonn (Angaben nach der Beschlussvorlage, ob der rechnerische Ansatz stimmt, sei mal dahingestellt):
Derzeit hat Bonn ca. 31.500 Nebeneinwohner. Das sind nur potentielle Steuerpflichtige.
Diese Zahl soll sich mit Einführung der ZWSt schlagartig um ca. 29.200 vermindern (Karteileichen, Abmeldungen, Statusänderungen sehr zum Wohle der Stadt).
Für die Zweitwohnungsteuer bleiben damit ca. 2.300 Nebeneinwohner übrig, die wohl als Steuerpflichtige (nicht mehr als potentielle) anzusehen sind. Das wäre m.E. dann die Basis für die Berechnung der Trefferquote.
Von denen hofft man ca. 1.200 (also knapp mehr als 50%) zum Steuerschuldner machen zu können (Verwaltungsvereinfachhung zulässig>).
Ob und wie viel Ärger Bonn kriegt, hängt also wesentlich davon ab, wie geschickt sie mit den ca. 2.200 Verheirateten und Unbelehrbaren umgeht. Aber „ein paar tausend Klagen“ werden es bestimmt nicht, selbst wenn sie sich bei solchen Sachen ungeschickt anstellen.
In Bonn rechnet man in der Prognose sehr vorsichtig. Zum Vergleich Mainz:
31.12.2004: 18.061 Nebeneinwohner
Einführung der ZWSt zum 1.6.2005
31.12.2005: 3.698 Nebeneinwohner
31.12.2006: 2.761 Nebeneinwohner
Anzahl der Steuerfälle 2008: ca. 1.400
13.05.2009: erfolgreiche Revision beim BVerwG
Ach so: Klagen gab es in Mainz etwa 150. Die Mainzelmännchen haben sich m.E. da geschickter und wohl auch verantwortungsbewusster aus der Affäre gezogen als die Heinzelmännchen.
Übrigens, so rechnet man vorher, danach hält man sich mit der Zahl der Steuerfälle sehr zurück.