Gummersbach...

Krischan @, Dienstag, 02.11.2010 (vor 5333 Tagen)

Hi,
gestern habe ich zum 1. Mal von der ZWS gehört und habe dementsprechend motivierte Fragen. Im Forum habe ich schon eine Weile gewühlt, aber jeder Fall scheint sehr spezifisch zu sein, hier also meiner:
Mein Sohn absolviert in Gummersbach im Rahmen seiner Erstausbildung ein unbezahltes, halbjähriges Praktikum. Er ist in ein Zimmer in einer 6er Wg eines Studetenwohnheims gezogen, und musste sich im Rahmen der Bewilligung durch das Studenwerk auch dort melden. Mit Zweitwohnsitz, sind ja nur 6 Monate Praktikum. Weihnachten kommt er sicherlich mal nach Hause, ansonsten lebt er durchgängig am Praktikumsort (ist nett dort...).
Kindergeld und BaFöG reichen halbwegs zum leben, die Wohnung bezahlen wir (die Eltern).
Es widerspricht meiner (sicherlich laienhaften) Auffassung von (Steuer-)Recht in unsere eh schon belasteten Taschen zu greifen, um dort nach ZWS Talern zu suchen.
Was habe ich also für Argumente/Möglichkeiten den Forderungen der Stadt Gummersbach zu widerprechen>

Gummersbach...

Rebell @, Dienstag, 02.11.2010 (vor 5333 Tagen) @ Krischan

» Es widerspricht meiner (sicherlich laienhaften) Auffassung von (Steuer-)Recht in unsere eh schon belasteten Taschen zu greifen, um dort nach ZWS Talern zu suchen.
» Was habe ich also für Argumente/Möglichkeiten den Forderungen der Stadt Gummersbach zu widerprechen>

Nicht allzuviel, es sei denn die Satzung sei mit krassen Fehlern behaftet.
Es ist zwar kein guter Trost wenn man Ihnen erklärt, dass hier einfach die kommunale Selbstverwaltung grenzenlose Abzocke betreiben darf. Es müssten sich noch viel mehr Betroffene zusammenschließen und auf die Ungerechtigkeit stärkeres Aufsehen erregen. In Bayern hat sich diesbezüglich ein Verein zur Aufklärung formiert, z.B. wird in Miesbach am 5.11. eine Veranstaltung stattfinden Forum Paradoxum Zweitwohnungssteuer (fffbayern@gmx.net) - unter dieser Mailadresse können alle Interessierte nach der Veranstaltung einen Pressbericht anfordern per Mail!!

Gummersbach...

Alfred @, Dienstag, 02.11.2010 (vor 5333 Tagen) @ Krischan

Was von Bedeutung sei könnte, fehlt. Das Alter des Sohnes.

Allenfalls lässt sich behaupten, dass ein Zimmer in einer WG keine Wohnung sei (zumindest bei der Anmeldung zur ZWSt) steht da was. Ansonsten dürfte es ohne Klage nicht abgehen.

Allgemein:
Steuern werden nicht zur Erbauung des Bürgers erhoben und sollen dessen Taschen nicht füllen, sondern leeren. Wer nicht zahlen kann, kam früher in den Schuldturm.

Gummersbach...

Krischan @, Dienstag, 02.11.2010 (vor 5333 Tagen) @ Alfred

Besten Dank fuer die schnellen und zumindest trostreichen Antworten.
Ich denke, ich werde der Stadt Gummersbach einen freundlichen Brief schreiben und meinen Standpunkt darlegen, mal sehn...

» Was von Bedeutung sei könnte, fehlt. Das Alter des Sohnes.

Mein Sohn ist grade 22 geworden.

» Allenfalls lässt sich behaupten, dass ein Zimmer in einer WG keine Wohnung
» sei (zumindest bei der Anmeldung zur ZWSt) steht da was.

Das ist doch schonmal was!

» Allgemein:
» Steuern werden nicht zur Erbauung des Bürgers erhoben und sollen dessen
» Taschen nicht füllen, sondern leeren. Wer nicht zahlen kann, kam früher in
» den Schuldturm.

Muss ich dann fuer dieses Domizil ZWS zahlen>

Gummersbach...

Alfred @, Dienstag, 02.11.2010 (vor 5333 Tagen) @ Krischan

» Mein Sohn ist gerade 22 geworden.
"Schade" - minderjährig wäre in diesem Fall ganz einfach.

» Ich denke, ich werde der Stadt Gummersbach einen freundlichen Brief schreiben und meinen Standpunkt darlegen, mal sehn...
Qui vivra verra. Ob die Stadt Gummersbach sich von einem "freundlichen Brief" überzuege lässt, sei dahingestellt. Wenn es noch nicht um einen Steuerbescheid sondern erst um die Anmeldung zur ZWSt geht, sollte der Brief vieleicht folgende Gedanken enthalten:
"Bei der im Studentenwohnheim angemieteten Nebenwohnung handelt es sich nicht um eine Wohnung, wie sie Vordruck „Anmeldung zur Zweitwohnungsteuer“ gefordert wird („Wohnung ist die Summe der Räume. welche die Führung eines Haushalts ermöglichen, darunter stets eine Küche oder ein Raum mit Kochgelegenheit. Zu einer Wohnung gehören außerdem Wasserversorgung, Ausguss und Toilette.“).
XXX ist auch nicht Inhaber einer Zweitwohnung, Als Inhaber einer Wohnung gilt die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer; Mieter oder als sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht (vgl. BVerwG Urteil vom 13.05. 2009 - 9 C 8.08). Das Merkmal des Innehabens bezieht sich nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2 ZwWSt eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("... neben seiner Hauptwohnung ... innehat" ); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen. Die ZWStS knüpft die Steuerpflicht nach ihrem Wortlaut und nach Sinn und Zweck ihrer Regelungen folglich daran, dass sowohl die Zweit- als auch die als Hauptwohnung registrierte Erstwohnung innegehabt wird (vgl. BVerwG Urteil vom 17.09.2008 - 9 C 13, 14 und 15.07). Da XXX die melderechtliche Hauptwohnung nicht innehat, sondern nur zum Wohnen oder schlafen benutzt, ist er demnach nicht zweitwohnungsteuerpflichtig.

Ob es was hilft, weiß ich nicht - aber es ist zumindest ein Ansatz. In dem Formular sollte man nur die Anschrift der Hauptwohnung eintragen und unter Bemerkungen: "Nur Nebenwohnung, keine Zweitwohnung - siehe Anschreiben."

Gummersbach...

Krischan @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5333 Tagen) @ Alfred

» Qui vivra verra.

Qui ne dit mot consent!

So wirds dann gemacht! Mit Euren Infos werde ich den Widerstand aufnehmen...
Ich poste dann, wenns entschieden ist.

Rira bien qui rira le dernier.

Gummersbach...

LionelHutz @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ Krischan

» Mein Sohn absolviert in Gummersbach im Rahmen seiner Erstausbildung ein unbezahltes, halbjähriges Praktikum. Er ist in ein Zimmer in einer 6er Wg eines Studetenwohnheims gezogen, und musste sich im Rahmen der Bewilligung durch das Studenwerk auch dort melden. Mit Zweitwohnsitz, sind ja nur 6 Monate Praktikum. Weihnachten kommt er sicherlich mal nach Hause, ansonsten lebt er durchgängig am Praktikumsort (ist nett dort...).

Steuergegenstand der Zweitwohnungssteuer ist im Wesentlichen das Innehaben einer nicht vorwiegend genutzten Wohnung.

Wenn Dein Sohn sein WG Zimmer in Gummersbach ganz überwiegend nutzt und nur an Weihnachten seine Eltern besucht, dann würde ich mich der Einfachheit halber wohl erstmal auf den Standpunkt stellen, dass das WG Zimmer in Gummersbach die Erstwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuer ist. Wer sagt, dass sechs Monate dafür zu wenig sind>

Die Begleitumstände, die die Besteuerung Deines Sohnes besonders krass erscheinen lassen (z.B. unbezahltes Praktikum) würde ich eher beiläufig, freundlich aber bestimmt, einbringen.

Ich kenne die Praxis der Stadt Gummersbach nicht. Im Prinzip geht es aber darum, der Stadt klar zu machen, dass sie sich mit dem Erlass eines Steuerbescheides unmittelbar ein Gerichtsverfahren aufhalst, dessen Ausgang zumindest offen ist. Bei den paar Kröten um die es geht, kann das die Entscheidungsfindung vereinfachen... ;-)

Eventuell muß Gummersbach dann das Melderegister korrigieren (Hauptwohnung statt Nebenwohnung).

Viel Erfolg!

Gummersbach...

Alfred @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ LionelHutz

» ...würde ich mich der Einfachheit halber wohl erstmal auf den Standpunkt stellen, dass das WG Zimmer in Gummersbach die Erstwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuer ist. Wer sagt, dass sechs Monate dafür zu wenig sind>
U.U. die Stadt selbst unter Berufung auf das BVerwG. Probieren kann man es natürlich, weil eine Berichtigung des Melderegisters durchaus im Sinne der Stadt wäre. Kann aber unübersehbar werden.

Gummersbach...

LionelHutz @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ Alfred

» U.U. die Stadt selbst unter Berufung auf das BVerwG. Probieren kann man es natürlich, weil eine Berichtigung des Melderegisters durchaus im Sinne der Stadt wäre. Kann aber unübersehbar werden.

Natürlich kann sich die Stadt querstellen und dann hat man den üblichen Ärger, aber davon sollte man nicht direkt ausgehen. Ich gehe davon aus, dass der Sohn besteuert werden soll und einem nackten Mann kann man schließlich schlecht in die Taschen greifen. Billigkeitsanträge auf Stundung und Erlass erzeugen bei der Verwaltung auch einen Aufwand der den ganzen Vorgang unterm Strich schnell absurd erscheinen lässt. Immerhin geht es um sechs Monate in der 6er WG im Wohnheim.

Zudem ist es hier absolut plausibel und leicht darzulegen, dass vielleicht schon keine Nebenwohnung aber zumindest keine Zweitwohnung vorliegt.

Sohnemann bewohnt für genau sechs Monate zwei Wohnungen. In dieser Zeit nutzt er aber ausschließich die Wohnung in Gummersbach. Es soll also von zwei Wohnungen ausgerechnet die ganz überwiegend genutzte besteuert werden. Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse. Das sagt das BVerwG.

Zur Not kann der Sohn ja auch für sechs Monate bei seinen Eltern ausziehen. Er kommt eh nur an Weihnachten zu Besuch und es gibt keine Pflicht noch eine zusätzliche Wohnung bei den Eltern zu unterhalten.

Gummersbach...

Alfred @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ LionelHutz

» Billigkeitsanträge auf Stundung und Erlass erzeugen bei der Verwaltung auch einen Aufwand der den ganzen Vorgang unterm Strich schnell absurd erscheinen lässt.
Wenn es nur um das Absurde ginge ... Aber ist schon richtig, ein Antrag auf Erlass ist drin durchaus empfehlenswert.

» Zudem ist es hier absolut plausibel und leicht darzulegen, dass vielleicht schon keine Nebenwohnung aber zumindest keine Zweitwohnung vorliegt.
» Sohnemann bewohnt für genau sechs Monate zwei Wohnungen. In dieser Zeit nutzt er aber ausschließich die Wohnung in Gummersbach. Es soll also von zwei Wohnungen ausgerechnet die ganz überwiegend genutzte besteuert werden.
So darf und kann man wohl nicht rechnen. Da könnte jeder - Einwohner wie Meldebehörde - sich einen beliebigen Zeitraum zurechtlegen, in dem man sich vorwiegend, nicht vorwiegend oder überhaupt nicht in einer Wohnung aufhält. Aber das ist genau so eine "weiche Masse" wie die Frage, ob der Sohn bei seine Eltern tatsächlich ausgezogen und die Wohnung für ihn melderechtlich nicht mehr relevant ist. Der Nachweis "der tatsächlichen Verhältnisse" dürfte für beide Seiten haarig sein. Hier beginnen "Feinheiten" oder Grenzen des Melderechts, die noch lange nicht ausgelotet sind.

» Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse. Das sagt das BVerwG.
Hoffentlich hält es daran fest und kriegt nicht wieder die Kurve mit "... das ist ein völlig anderer Sachverhalt als die melderechtliche Registrierung mit einer Hauptwohnung ..." Ist hier aber nicht hilfreich und nur eine Randbemerkung.

Gummersbach...

LionelHutz @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ Alfred

» So darf und kann man wohl nicht rechnen. Da könnte jeder - Einwohner wie Meldebehörde - sich einen beliebigen Zeitraum zurechtlegen, in dem man sich vorwiegend, nicht vorwiegend oder überhaupt nicht in einer Wohnung aufhält.

Nein. Es geht hier gerade nicht um einen beliebig definierten Zeitraum.

Der Sohn hat für sechs Monate eine Wohnung in Gummersbach. Während dieser Zeit nutzt er die Wohnung in Gummersbach ganz vorwiegend, schon weil er in der Stadt ein Praktikum absolviert. Vorher und nachher gibt es nur eine Wohnung, nämlich bei den Eltern. Insofern liegt der Fall schon recht speziell. Wenn der Sohn in den sechs Monaten eine Zweitwohnung hat, dann doch wohl eher bei seinen Eltern.

Zweitwohnungssteuer ist eine Steuer auf das Innehaben einer nicht vorwiegend genutzten Wohnung und keine Strafe dafür, dass eine Erstwohnung nur für einen zuvor absehbaren Zeitraum bewohnt werden soll.

Gummersbach...

Alfred @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ LionelHutz

» Nein. Es geht hier gerade nicht um einen beliebig definierten Zeitraum.
» Der Sohn hat für sechs Monate eine Wohnung in Gummersbach. Während dieser Zeit nutzt er die Wohnung in Gummersbach ganz vorwiegend, ...
Das ist ein „beliebig definierter Zeitraum“ - die Prognose berücksichtigt nur die Zeit des Praktikums bzw. klammert sie völlig aus. Mag ja durchaus zulässig sein, aber da lässt sich verwaltungsseitig mit dem Argument: „Prognosezeitraum ist das Kalenderjahr“ erst Mal gut gegenhalten. Und dann sieht es mit der vorwiegenden Nutzug schon wieder anderes aus – und am Ende erkennt ein Spruchkörper was Recht ist. Eindeutig ist es jedenfalls nicht. Zwingender bzw. evtl. unstrittig für eine Statusänderung wäre das Ganze nur, wenn das Praktikum mit seinen sechs Monaten komplett in einem Kalenderjahr stattfände – tut es aber wohl nicht.

» Zweitwohnungssteuer ist eine Steuer auf das Innehaben einer nicht vorwiegend genutzten Wohnung und keine Strafe dafür, dass eine Erstwohnung nur für einen zuvor absehbaren Zeitraum bewohnt werden soll.
Hm, Zweitwohnungsteuer ist in erster Line das, was eine Kommune daraus macht und Gerichte zulassen. Und Strafe> Alles eine Frage der Sprachregelung - mir fiele als erstes Nötigung ein. Aber hören wir mal unverbindlich in einen Spruch rein:
„… der (Orts-)Gesetzgeber verpflichtet damit den Steuerpflichtigen nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten, sondern gibt ihm durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzielles Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden.“
Könnte fast auch von mir sein, ist es aber nicht. Klingt auf jedne Fall staatserhaltend.

Gummersbach...

Krischan @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ Alfred

Hey, hey...
das wollte ich nun wirklich nicht ausloesen, dass Ihr Euch hier streitet, aber anscheinend steht Ihr da voll drauf. Ich bin kein Jurist, nur der Geologe, den es ehrlich ueberrascht, auf wie vielfaeltige Weise DAS GESETZ gelesen werden kann.
In jedem Fall fuehl ich mich ausreichend gewappnet, informiert und moralisch gestuetzt, um den Buetteln die Stirn zu bieten.
Danke!

Gummersbach...

Alfred @, Mittwoch, 03.11.2010 (vor 5332 Tagen) @ Krischan

» Hey, hey...
» das wollte ich nun wirklich nicht ausloesen, dass Ihr Euch hier streitet,
Keine Bange, wenn wir uns streiten, klingt das anders. Das ist noch nicht mal 'ne Meinungsverschiedenheit.

» ...den es ehrlich ueberrascht, auf wie vielfaeltige Weise DAS GESETZ gelesen werden kann.
Wie sagte Kung-Fu-Tse mal so schön:
"Ein Volk, das solche Richter hat, braucht keinen Gesetze."
Oder war es Augustinus>

» In jedem Fall fuehl ich mich ausreichend gewappnet, informiert und moralisch gestuetzt, um den Buetteln die Stirn zu bieten.
Na bitte, das ist doch was.