News: Keine Übergangsfrist für rechtswidrige Satzung

René ⌂ @, Donnerstag, 12.12.2019 (vor 1621 Tagen)

Wir zitieren eine Pressemeldung des Bundesverwaltungsgerichtes:

[blockquote]Zweitwohnungssteuer: Keine Übergangsfrist für rechtswidrige Satzung
Wird eine kommunale Abgabensatzung (hier zur Zweitwohnungssteuer) im gerichtlichen Verfahren als rechtswidrig erkannt, darf sie auch nicht übergangsweise als wirksam behandelt werden. So entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts betreffen die niedersächsische Gemeinde Lindwedel (BVerwG 9 C 6.18 und 7.18) sowie die schleswig-holsteinischen Gemeinden Friedrichskoog (BVerwG 9 C 3.19) und Timmendorfer Strand (BVerwG 9 C 4.19). Diese Gemeinden erheben Zweitwohnungssteuern, jeweils bemessen anhand der mit dem Verbraucherindex hochgerechneten Jahresrohmiete nach den Wertverhältnissen im Jahr 1964. Dieser Maßstab lehnt sich an die bisherige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer an.

Das Bundesverfassungsgericht hat den betreffenden Steuermaßstab für die Grundsteuer durch Urteil vom 10. April 2018 beanstandet, weil die Anknüpfung an die Wertverhältnisse von 1964 zu erheblichen Verzerrungen führt. Ob die Gründe dieses Urteils auch auf die Zweitwohnungssteuer übertragbar sind, war aber umstritten. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig bejahte dies und hob die hier umstrittenen Steuerbescheide auf. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschied dagegen zugunsten der Gemeinde. Beide Oberverwaltungsgerichte ließen im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen die Revision zu.

Während der laufenden Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht befand das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2019, dass die Feststellung der Jahresrohmiete für Zwecke der Zweitwohnungssteuer ebenfalls verfassungswidrig ist. Allerdings gewährte es den an den verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligten (bayerischen) Gemeinden eine Übergangsfrist zur weiteren Anwendbarkeit ihrer Satzungen bis zum 31. März 2020.

Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich der Streit vor dem Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen darauf, ob die hier betroffenen Gemeinden die Fortgeltung ihrer fehlerhaften Steuersatzungen übergangsweise beanspruchen können. Dies ist nicht der Fall. Anders als das Bundesverfassungsgericht sind die Verwaltungsgerichte zu einer derartigen Fortgeltungsanordnung nicht befugt. Sie sind vielmehr verpflichtet, angefochtene Steuerbescheide aufzuheben, wenn diese keine Grundlage in einer rechtmäßigen Satzung finden und deshalb die Steuerschuldner in ihren Rechten verletzen.

Unzumutbare Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt sind dadurch regelmäßig und auch hier nicht zu befürchten. Denn für die Vergangenheit sind nur die noch konkret angefochtenen Bescheide betroffen. Es besteht keine Verpflichtung, unanfechtbare Bescheide zu überprüfen und anzupassen. Gegebenenfalls sind die Kommunen im Übrigen berechtigt, eine ungültige Satzung rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen und auf dieser Grundlage Steuern auch für einen zurückliegenden Zeitraum neu zu erheben.[/blockquote]

Als Zweitwohnsitzsteuer.de begrüßen wir dieses Urteil. Im Sinne der Steuergerechtigkeit hätte es nicht anders gefällt werden dürfen. Dass es allerdings gefällt werden musste, ist ein Armutszeugnis der entsprechenden Gemeinden Lindwedel, Friedrichskoog und Timmendorfer Strand.

Im April 2018 wurde klar gestellt, dass die bisherige Praxis über die Einheitswerte von 1964 nicht mehr zulässig ist. Es werden also Werte von vor über 50 Jahren angenommen und diese mit einem Verbraucherindex hochgerechnet. Grundstücke, die 1964 noch Filetstücke waren, sind es dank eines Autobahnbaus nicht mehr. Und umgekehrt.

Während die Grundsteuer elementar darauf aufbaut und diese Umstellung auch nicht ohne weiteres von heute auf morgen geklärt werden kann, hätte für die Zweitwohnungsteuer einfach eine neue Satzung auf Basis der Nettokaltmiete beschlossen werden können. Im Zweifel schreibt man diese von einer anderen Kommune ab.

Da die Kommunen aber nicht reagierten, wurden nun Gerichte über alle Instanzen involviert. Nur damit das oberste Gericht den Kommunen nun sagt: Erledigt eure Hausaufgaben!

Praktisch wird dieses Urteil aber keine Relevanz haben. Die Kommunen werden wohl nun neue Satzungen beschließen. Wie das Bundesverwaltungsgericht schon angedeutet hat: auch rückwirkend. Mitunter könnten die Kläger durch ihre Klage auch mehr zahlen. Es sei denn, die eigene Wohnung an der Autobahn war einst mal das Filetgrundstück des Ortes.

News: Keine Übergangsfrist für rechtswidrige Satzung

Rebell @, Samstag, 14.12.2019 (vor 1620 Tagen) @ René

hätte für die Zweitwohnungsteuer einfach eine neue Satzung auf Basis der Nettokaltmiete beschlossen werden können. Im Zweifel schreibt man diese von einer anderen Kommune ab.

Aha auch diese Empfehlung kann in nächster Zeit wieder ein Fallstrick werden, das haben Richter und Anwälte mehr als deutlich erkannt und diskutiert- denn überall dort wo es keinen amtlichen Mietspiegel als Grundlage "Jahreskaltmiete" gibt ist die Bemessungsgrundlage das größte Problem zur Rechtsicherheit von Zwst-Steuerbescheiden. Ganz besonders in Tourismusgebieten wo eigentlich sehr wenige Mietverhältnisse vorzufinden sind.

Da die Kommunen aber nicht reagierten, wurden nun Gerichte über alle Instanzen involviert. Nur damit das oberste Gericht den Kommunen nun sagt: Erledigt eure Hausaufgaben!

Es ist wohl damit zu begründen, denn die Verunsicherungen sind seit dem Urteil -von 2017 wo es um die Staffelungen gegangen ist- diese haben die Gemeinden gerne benutzt um den Verwaltungsaufwand so niedrig wie möglich zu halten.

Praktisch wird dieses Urteil aber keine Relevanz haben. Die Kommunen werden wohl nun neue Satzungen beschließen. Wie das Bundesverwaltungsgericht schon angedeutet hat: auch rückwirkend. Mitunter könnten die Kläger durch ihre Klage auch mehr zahlen. Es sei denn, die eigene Wohnung an der Autobahn war einst mal das Filetgrundstück des Ortes.

ABER hier nun schon wieder, also innerhalb von 2 Jahren, die dritte Satzung auszuarbeiten bereitet den Juristen enorme Probleme- denn dort wo kein Mietspiegel zu Grunde gelegt werden kann bleibt nur noch die Schätzung dieser Mieten übrig! Es bahnt sich schon wieder eine neue Klage an- denn eine reelle Bemessungsgrundlage zur Zwst. kann nicht über Schätzungen auf breiter Ebene Bestand haben.
Folglich müssten solche Kommunen jede einzelne zu besteuernde Wohnung über einen gerichtlich anerkannten ortskundigen - neutralen Fachgutachter der Mietwert festgelegt werden. Der Aufwand ist wohl den Kommunen bekannt und das fürchten diese und versuchen wie bisher solche riskanten rechtswidrigen Satzungen sich weiter durchzumogeln!

Bei diesem Urteil ist auch klipp und klar erkennbar - nur wer in der Vergangenheit klagte hat Anspruch auf Rückzahlung - bei Fällen ohne Widerspruch - besteht eben keine Verpflichtung die eigentlich zu Unrecht erhobenen Steuern zurückzuzahlen!

Also dürfen wir davon ausgehen, dass in etwa 2 bis 3 Jahren auch die nun Neuen Satzungen mit dem Passus "geschätzt" entweder vor dem Bundesverwaltungsgericht oder BVerfG. wieder eine Grundsatzentscheidung fällig wird!!

Dabei gäbe es wohl eine Möglichkeit für jeden Bescheid Widerspruch einzulegen - ruhendes Verfahren beantragen - bis diese Konstellation endgültig durch ein Urteil entschieden ist.

Genau das befürchten eben zahlreiche Kommunen und haben bereits nach der Verhandlung in Leipzig als Gefahr für Existenz der Zwst überhaupt erwogen.

Bedauerlich- Keine Übergangsfrist für rechtswidrige Satzung

Kommunalfreund @, Samstag, 14.12.2019 (vor 1619 Tagen) @ Rebell

Also dürfen wir davon ausgehen, dass in etwa 2 bis 3 Jahren auch die nun Neuen Satzungen mit dem Passus "geschätzt" entweder vor dem Bundesverwaltungsgericht oder BVerfG. wieder eine Grundsatzentscheidung fällig wird!!

Ob dieses Szenario einmal zutreffen wird ist heute noch fraglich, aber wer hätte es denn je gedacht, dass solche Grundsatzentscheidungen doch noch möglich werden ?

Dabei gäbe es wohl eine Möglichkeit für jeden Bescheid Widerspruch einzulegen - ruhendes Verfahren beantragen - bis diese Konstellation endgültig durch ein Urteil entschieden ist.

Exakt solche Fälle kennen inzwischen einige Gemeinden- da wurden in den Jahren 2005 -2006 und bis 2010 jedes Jahr Widersprüche erhoben - und wegen diverser ungeklärten Sachlagen ruhendes Verfahren zwischen den Klägern und der Kommune vereinbart.
Ab den Jahren 2010 zahlten diese Betroffenen mit entsprechendem Vorbehalt. Ab dem Jahr 2018 haben dise betroffenen Kommunen nun neue Satzungen wegen der Staffelungen beschlossen und dabei den Fehler gemacht die bisherigen nicht ergänzt sondern abgeschafft.
Folglich nun keine rückwirkenden Satzungen weiter zurück als 2018 möglich.
All diesen Widerprüchführern stehen nun sehr hohe Rückzahlungen zu, denn ruhende Verahren können bis zu 30 Jahre rückwirkend geltend gemacht werden.

Genau das befürchten eben zahlreiche Kommunen und haben bereits nach der Verhandlung in Leipzig als Gefahr für Existenz der Zwst überhaupt erwogen.

Bei der Verhandlung in Leipzig wurde unmissverständlich klar, dass man Rückzahlungen in Millionenhöhe - wegen der schlafmützigkeit der Verwaltung u. eventuell falscher juristischer Beratung - zu bewältigen sei.
Ob es wohl besser sei auf die Zweitwohnungsstuer zu verzichten, das müssen die Verantwortlichen noch entscheiden!
Solche Bürgermeister und Ratsmitglieder sind eigentlich zu bedauern !