Was ist eine Zweitwohnung? 2. Ansatz

Alfred @, Sonntag, 24.01.2010 (vor 5680 Tagen) @ Bjoern

Hallo Björn,

Machen wir die Frage, „Was ist eine Zweitwohnung>“ mal lieber an einem konkreten Beispiel fest. Vielleicht kommt man so besser weiter.

Da legt eine Stadt Ende 2009 für ihre neue Satzung u.a. fest:
1. Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet.
2. Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder für mindestens zwei Monate im Jahr innehat.
3. Eine Zweitwohnung muss nach ihrer Beschaffenheit wenigstens vorübergehend die Führung des Haushaltes ermöglichen. Das Vorhalten der hierfür notwendigen Ausstattung lediglich als Gemeinschaftseinrichtung (z. B. hinsichtlich der Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) steht einer Steuerpflicht nicht entgegen.
4. Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte, auch außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland liegende Wohnung des Einwohners.
5. Für die Hauptwohnung muss keine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis bestehen.
6. Steuerpflichtig ist der Inhaber einer Zweitwohnung.

Diese Satzung bewerte ich grob wie folgt:
1. Makellos, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
2. Makellos, im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wäre die Norm, wenn da stünde: „Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand für seinen persönlichen Lebensbedarf neben seiner Hauptwohnung innehat.“
a) den Einschub „ oder für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder“ halte ich für falsch.
b) der Satzbau „…neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf im innehat“ weicht zwar von der Vorgabe des BVerfG ab, lässt sich aber verfassungskonform auslegen. Deutlich bleibt für mich als wesentliches Ergebnis: beide Wohnungen müssen für den persönlichen Lebensbedarf innegehabt werden.
c) der Einschub „für mindestens zwei Monate im Jahr“ an dieser Stelle ist für mich bedenklich, zumindest unglücklich, ein Indiz für die „Rechts“auffassung des Sachtzungsgebers. Den Einschub kann man so verstehen und muss ihn, um verfassungskonform zu bleiben, so auslegen, dass die Stadt das Innehaben einer Zweitwohnung für weniger als 2 Monate im Jahr „wegen Geringfügigkeit nicht besteuern will. Es lässt sich ggf. – und so ist es wohl auch gemeint: Wer seine Zweitwohnung weniger als zwei Monate im Jahr nutzt, bleibt steuerfrei. Andere Auslegungsmöglichkeiten verbieten sich nach m.E.
3. Die Definition der Qualität, die eine Zweitwohnung aufweisen muss, ist ersichtlich an das EStG (hier: doppelte Haushaltsführung) angelehnt. Deswegen vermutlich auch bei einer Aufwandsteuer hinzunehmen, nichtsdestotrotz schäbig. „Der Begriff „Vorhalten“ wäre zu hinterfragen. Gut finde ich hingegen, dass diese Definition wenigstens die Fehler der melderechtlichen Wohnungsdefinition vermeidet und, in Verbindung mit 4. sowie mit den Urteilen des BVerwG, für die Hauptwohnung eine höhere Qualität nach sich zieht.
4. Das Anknüpfen an die „melderechtlichen Hauptwohnung“ (eine von mehreren Wohnungen im Inland) wird hier geschickt vermieden. Mit dem Kriterium der vorwiegenden Benutzung/ des überwiegenden Aufenthalts gerät diese Norm wohl klar in Widerspruch zur Grundsatzentscheidung des BVerfG zur ZWSt.
5. Das kann ich drehen und wenden wie ich will: Entweder stimmt Norm 2, mit Rückwirkung auf Norm 1, nicht, oder ich muss „Innehaben“ innerhalb eines Satzes so verstehen, dass es für die Zweitwohnung das „Innehaben mit rechtlich gesicherter Verfügungsbefugnis“ und für die Hauptwohnung als „Innehaben ohne rechtlich gesicherter Verfügungsbefugnis“ zu verstehen wäre. Dazu bin ich erst Mal nicht bereit.
6. Wäre - ohne den Salto rückwärts - bei 5. in meinen Augen makellos, kurz, bündig und unmissverständlich.

Gesamtbewertung: Verfassungswidrig. Nicht empfehlenswert.


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