Fachdiskussion [was: Interview / Artikel Meier/Juhre]

Christian @, Dienstag, 06.06.2006 (vor 6527 Tagen) @ Thomas Weihermüller

Hallo Thomas,

wir kommen doch gut voran. Also weiter!

» -- wenn da z.B. OVG Magdeburg, 10.08.2002, Az. 2 L 325/02, gemeint ist (es
» reicht eine Trinkwasserversorgung "in vertretbarer Nähe", 1,5 km Entfernung
» wäre zu weit weg), immer noch Konsens --
Mit dem Wohnungsbegriff habe ich bisher eigentlich nur am Rande befasst, da ich ihn nicht für besonders wichtig halte (manche Definitionen halte ich allerdings für schäbig, aber das ist nicht einklagbar). Das Urteil OVG Magdeburg kenne ich nicht, aber wahrscheinlich sind wir da nicht weit auseinander - wenn jetzt nicht jemand auf die Idee kommt, daraus den Schluss zu ziehen 1.499,4 m wären nah genug. Da die Aufwandsteuer an den persönlichen Lebensbedarf anknüpft, darf man schon ein bisschen mehr erwarten. Gehen wir mal auch da von Konsens aus.

» » Und er muss auf jeden Fall für beide Wohnungen gelten (ergibt sich
» schon
» » aus dem Wortlaut der meisten Satzungen).
» -- insoweit Arbeit fürs VG --

Na ja, wenn es denn sein muss. Aber eigentlich sollte bereits die praktische Vernunft sagen, dass man in einer Satzung den Begriff „Wohnung“ nicht einerseits definieren und dann beliebig verwenden darf - als Nebenwohnung so, als Zweitwohnung anders und als Erstwohnung überhaupt nicht. Gleicher Begriff, gleicher Inhalt! Wie soll der Normadressat sonst durchblicken>

Rückäußerung oder Dissens>


» -- Ich würde eher sagen: Systemwidrig, aber trotzdem geeignet - aber ehe
» ich mir dazu abschließend eine Meinung bilde, würde ich das gern nachlesen
» - Quelle zufällig in Reichweite > - Danke ! --

Quelle habe ich nur gedruckt (richtig auf echtem Papier), hat mir der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayer. Landtag zukommen lassen. Urteil habe ich bisher nur überflogen. Ob das Urteil schon im Netz ist, habe ich nicht geprüft. Deswegen Aktenzeichen und Auszug aus dem Urteil anbei. Falls noch nicht im Netz, kann ich den Text ggf. komplett einscannen und als Datei mailen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil des 4. Senats vom 4. April 2006 - 4 N 05.2249.
Auszug:
„Die Tragfähigkeit des Rückgriffs auf das Melderecht wird systematisch durch die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 ZwStS belegt, wonach die An- oder Abmeldung von Personen nach dem Bayerischen Meldegesetz als Anzeige im Sinne dieser Vorschrift gilt. Auch teleologisch löst die Anlehnung an den melderechtlichen Begriff der Hauptwohnung keine Reibungen mit dem Ziel der Zweitwohnungsteuer aus, das Innehaben einer weiteren Wohnung zur persönlichen Lebensführung als Konsum zu treffen. Umgekehrt wäre die Gleichsetzung von Zweitwohnung und Nebenwohnung im melderechtlichen Sinne eher systemfremd, weil der Begriff der Nebenwohnung voraussetzt, dass eine Wohnung benutzt wird.“

Bei der Meinungsbildung bitte beachten, dass:
1. Das BVerfG 1983 schreibt: „Danach ist üblicherweise Inhaber einer Zweitwohnung deren Eigentümer oder Mieter, der sie für seinen privaten Lebensbedarf nutzt oder zu diesem Zweck vorhält.“
2. Es hier um eine Ferienwohnung als Zweitwohnung und eine Familienwohnung als Erstwohnung geht. Beklagte waren Fremdenverkehrsgemeinden, also Typ Überlingen.
3. Die bayerischen Gerichte noch üben (ZWSt erst seit Ende 2004). Die Schreibweise mit dem einfachen s haben sie schon gelernt, dass Aufwand kein Konsum ist, werden sie noch lernen. Ebenso ein paar andere Feinheiten des ZWStRechts, deren unsachgemäße Behandlung in o.a. Urteil noch zu beklagen ist.

» » ...für die Aufwandsteuer „ZWSt“ ist das Innehaben einer Zweitwohnung
» » untrennbar verbunden mit dem Innehaben einer Hauptwohnung,
» -- Auch hier gehe ich auf "Gegenkurs". Der steuerbare Aufwand resultiert
» m.E. allein aus dem Innehaben der Nebenwohnung -> siehe Eingangsstatement.
» Also auch wieder was fürs VG.

Na, ja, die armen Gerichte. Bitte noch mal überdenken:
1. Im Eingangsstatement war noch vom „zusätzlichen/besonderen“ Aufwand für die Zweitwohnung die Rede.
2. Die Festlegung des BVerfG von 1983
„Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt.“
bindet die Zweitwohnung aber unlösbar an die Hauptwohnung, um den Zustand „Aufwand“ zu erzeugen. Das Innehaben gehört zu dieser Bindung.
Begründung: Wenn ich dem BVerfG die Hauptwohnung streiche (was nicht erlaubt ist), hängt die „weitere Wohnung“ im luftleeren Raum.

Auch hier: Rückäußerung oder Dissens>

Gerade wegen der verbleibenden „Streit“punkte -
herzliche Grüsse


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