News: Feedback des Urteils vom BverwG

Bjoern @, Sonntag, 21.12.2008 (vor 5627 Tagen) @ Alfred

Hallo Alfred,

mich beschäftigt die Glanzleistung der Leipziger Richter auch schon ne Weile.

was ich bspw. nicht verstehe:
1.) Das BVerfG (u.a. in dem Beschluss aus 1983) hat einen Rechtssatz geschaffen: „Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt.“
dieser bringt klar zum Ausdruck, dass sowohl Erst- als auch Zweitwohnung vom Steuerpflichtigen innegehabt werden müssen ("weitere ... neben ..." ); also anders gesagt: ohne innegehabte Erstwohnung kann es keine Zweitwohnung geben (so auch die bestätigten Urteile des OVG Meck-Pomm). Wieso kann sich das BVerwG über diesen Rechtssatz hinwegsetzen und jede Nebenwohnung mit einer Zweitwohnung gleichsetzen>!>

2.) Ungeklärt ist für mich auch der Punkt des Bafög-Bezuges, der anscheinend von den Wuppertaler Klägern nicht vorgetragen und deshalb vom BVerwG nicht berücksichtigt wurde.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 11.10.2005 deutlich gemacht, dass das Innehaben einer Zweitwohnung ein Zustand sei, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordere und „in der Regel“ wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Da ist also viel wenn und aber enthalten („gewöhnlich“ ... „in der Regel“).
Auf der anderen Seite habe ich einen Bafög-Bescheid, also einen Verwaltungsakt, der nach einem ordentlichen Verwaltungsverfahren mit entsprechender Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass der Student wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist.
Weshalb wiegt die Zustand, der in der Regel eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert, schwerer als die nach entsprechender Prüfung erlassene staatliche Bestätigung, dass keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vorliegt>
Außerdem bleibt noch das Dogma, dass eine direkte Steuer nicht an dem Existenzminimum ansetzen darf, welches aus staatlichen Mitteln (hier: Bafög) finanziert wird.

3.) Unter Punkt 19 führt das BVerwG aus, dass es keine Bedenken gegen den mit einer Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszweck hat. „Voraussetzung ist nur, dass dadurch keine Regelungen getroffen werden, die der Sachmaterie, auf die lenkend eingewirkt werden soll, widersprechen oder die dem Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen, entgegen stehen. Das ist bei dem genannten Lenkungszweck der Zweitwohnungssteuer nicht der Fall.“
Ich glaube, hier hat das BVerwG nicht bis zum Ende gedacht: wenn jemand den verfolgten Lenkungszweck nachkommt und sich mit melderechtlicher Hauptwohnung am Studienort anmeldet, dann kann die Kommune keine Zweitwohnungsteuer von diesem Studenten verlangen. Somit steht doch der Lenkungszweck dem Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen, entgegen .

4.) Der grundlegende Denkfehler bei der Zweitwohnungsteuer wurde m. E. durch das Urteil des BVerwG nicht beseitigt:

Ein Student, der am Studienort mit Nebenwohnung gemeldet ist und am Elternhaus mit Hauptwohnung, der tätigt einen besonderen Aufwand, welcher dazu führt, dass er als wirtschaftlich leistungsfähig angesehen wird. Der gleiche Student, der am Studienort mit Hauptwohnung und am Elternhaus mit Nebenwohnung gemeldet ist, dieser ist nicht wirtschaftlich leistungsfähig, da er keinen besonderen Aufwand betreibt. Dabei haben beide genau den selben Aufwand – nämlich die Kosten der Wohnung am Studienort. Wie kann man einem logisch denkenden Menschen diese Idiotie erklären (ich will damit jetzt allerdings nicht sagen, dass die Richter am BVerwG nicht logisch denken können!!)

Dieser Knoten kann m. E. nur dann zerschlagen werden, wenn man der Argumentation folgt, dass für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer zwingende Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige beide Wohnungen innehat.

zu deinen Punkten:
wo findet man eine Definition, was alles zum Grundbedürfnis Wohnen gehört>!> das Melderecht bestimmt doch, dass eine Wohnung jeder umschlossene Raum ist, der zum Wohnen (...) geeignet ist. wenn die Wohnung also nur dann eine Wohnung ist, wenn sie zum Wohnen geeignet ist, dann muss man doch davon ausgehen können, dass per Legaldefinition das Grundbedürfnis Wohnen erfüllt wird.

und was genau meinst du mit Punkt 3>!> das verstehe ich nicht so ganz


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