News: Feedback des Urteils vom BverwG
Hallo Bjoern,
1. Ob übehaupt und falls ja, was die Leipziger Richter sich bei dem Urteil gedacht haben und warum sie glauben, Entscheidungen des BVerfG in die Tonne treten zu dürfen, wird man sie schon selber fragen müssen – sie werden nicht antworten, weil sie unabhängig sind und zu viel zu tun haben.
2. Die Leipziger Richter sagen ja nun: „Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt.“ Das ist, wenn man Aufwand mit „Verwendung finanzieller Mittel für den persönlichen Lebensbedarf“ gleichsetzt zumindest sprachlich völliger Nonsens – man ganz abgesehen davon, dass die Hauptwohnung auch in diesem Fall innegehabt werden müsste.
3. Die Wuppertaler Klägerin bezieht kein BaföG. Abgesehen davon spielt das bei einer Aufwandsteuer genau so wenig eine Rolle, wie die Tatsche, dass es sich um eine direkte Steuer (Existenzminimum) handelt, denn es ist unerheblich, ob der Aufwand die finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigt oder nicht (so BVerfG und steuersystematisch stringent). Wer den Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung (nach BVerfG) betreibt, ist steuerpflichtig.
4. Was den Lenkungszweck angeht, hat das BVerwG – so die Meinung eines Fachmanns – überhaupt nicht gedacht, denn der Lenkungszweck der Wuppertaler Satzung ist in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig.
Aber: Steuern müssen nicht die Erzielung von Einnahmen zum Ziel haben. Daher ist der Verlust von Einahmen durch Ummeldung unschädlich, denn Steuern sind Geldleistungen, bei denen die Erzielung von Einnahmen Nebenzweck sein kann. Von der Seite her wird man nicht argumentieren können.
5. Es gibt keinen „grundlegenden Denkfehler“ bei der Zweitwohnungsteuer (gem. BVerfG), weil zwingende Voraussetzung für ihre Erhebung ist, dass der Steuerpflichtige mehr als eine Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf innehat.
Allerdings sollte man Bundesrecht beachten. Gem MRRG ist eine „Wohnung, die als Nebenwohnung dient“ eine Nebenwohnung und nichts anderes.
6. Die Legaldefinition des MRRG (als lex specialis) zur Wohnung gilt – wie es dort so schön heißt -, (nur) für dieses Gesetz.
Dagegen ist der Begriff der Wohnung (für den persönlichen Lebensbedarf als Teil der menschlichen Grundbedürfnisse) im Recht Gegenstand vieler Urteile. Dazu gehört auf jeden Fall die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht, diese gegen Dritte durchzusetzen. Das ist bei „geduldeter“ Wohnraumnutzung innerhalb einer Wohnung nicht der Fall.
Wenn das BVerwG hingegen meint, dass bereits mit einer „Mitwohnmöglichkeit“ das menschliche Grundbedürfnis Wohnen abgedeckt wird, ist das eine Revolution. Die ARGEs dürfte das freuen – das Wohngeld kann ab sofort reduziert werden.
7. „Dass eine Aufwandsteuer nicht davon abhängig sein darf, wer zu welchem Zweck den Aufwand erbringt (da geht den meisten Satzungen die Puste aus).“
Was ist daran nicht zu verstehen> Kommt es denn bei der Nebenwohnungsteuer nicht von vorneherein darauf an, wer den Aufwand erbringt>
In Wuppertal z.B. werden - gem. BVerwG angeblich zulässig - nur volljährige Alleinstehende besteuert.
8. Was mich viel mehr bewegt ist die Frage, was passiert, wenn jemand seine „Erstwohnung“ als Nebenwohnung anmeldet> Dazu schweigt das BVerwG.
9. Übrigens, die Stadt Wuppertal hat ihre Satzung schon rückwirkend geändert. Danach ist eine Zweitwohnung jetzt „jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden kann.“ Die Wuppertaler Bürger wird es freuen. Endlich eine Steuer, von der alles was haben.
10. Richtig spannend wird in meinen Augen das Rostocker Urteil - die Begründung für die Zurückweisung der Revision.
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René,
21.09.2008
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